Die Nachricht schlug in der Gaswirtschaft gestern ein wie eine Bombe: Die EWE aus Oldenburg, bisher Hauptaktionär der Verbundnetz Gas AG aus Leipzig, wird die Anteile von Wintershall übernehmen und damit zum Mehrheitseigner aufsteigen (s. Pressemitteilung unten).
Damit kommt ein seit 2002 laufender Prozess langsam zum Ende. Die EWE übernahm damals Anteile der Ruhrgas, die diese aufgrund der Fusion mit E.ON abgeben musste. Ziel des Bundeskartellamtes bei dem Deal (der ursprünglich nur mit einer Ministererlaubnis durch den damaligen Minister Wolfgang Clement zustande kam) war es, eine vierte Kraft am Markt der Gasimporteure (neben der Ruhrgas noch Wintershall und RWE) aufzubauen. Deswegen dürfte die derzeitige Zustimmung der Kartellwächter keine Frage sein.
Zwischenzeitlich verlor die EWE die Lust auf die VNG. Ein Verkauf an die EnBW, die bisher nur ein kümmerliches Gasgeschäft betreibt, stand im Raume. Zudem zerstritten sich die Aktionäre über die Strategie der VNG, insbesondere über deren Engagement als Erdgasförderer in der norwegischen Nordsee. Das führe schließlich zum Affront, Brinker als Vertreter des Mehrheitsaktionärs vom Vorsitz des Aufsichtsrates abzuwählen. Das war 2007. Ihm folgte –kleiner Treppenwitz – Karsten Heuchert von Wintershall, der heute als Vorstandsvorsitzender eben jede VNG führt.
Die Verzögerung, ob nun gewollt oder erzwungen, spielt Brinker nun in die Hände. Die VNG hat mit dem Kauf von goldgas nun ein eigenes Endverbrauchergeschäft und entspricht damit noch besser dem Portfolio der EWE, die ähnlich aufgestellt ist. Mit der Mehrheit der Aktien und dem wohl kommenden Verkauf der Anteile von Erfurt sowie Dresden, die bisher in der VUB gemeinsam mit anderen Kommunen eine Sperrminorität der Aktionäre halten, kann die EWE, wenn auch nicht sofort, so doch absehbar, die gesamte Macht in der Braunstraße übernehmen. Inwieweit die „Nachhaltige Entwicklung“ , wie es der EWE-Chef verlauten ließ, dann noch von Leipzig ausgeht, bleibt abzuwarten.
Pressemitteilung der EWE
EWE plant Kauf der VNG-Anteile von Wintershall
Nachhaltige Entwicklung der VNG AG weiter im Fokus
Oldenburg, 14. März 2014. Die EWE AG plant, die Aktienanteile der Wintershall an der VNG Verbundnetz Gas AG zu kaufen. Eine entsprechende Vereinbarung haben die beiden Unternehmen heute getroffen. Wintershall hält derzeit 15,79 Prozent der Aktien an der VNG, EWE 47,9 Prozent. Mit der Übertragung der Anteile würde EWE Mehrheitsaktionär des Leipziger Gastransport- und ‑handelsunternehmens. Die Transaktion bedarf der Zustimmung der Kartellbehörden. Zudem steht sie unter Gremienvorbehalten in den beiden Häusern und dem Vorbehalt der Zustimmung der VNG-Hauptversammlung. Wintershall konzentriert sich seit zwei Jahren zunehmend auf das Upstream-Geschäft. In Folge dessen trennt sich das Unternehmen auch vom eigenen Erdgasspeicher- und Handelsgeschäft.
EWE-Vorstandsvorsitzender Dr. Werner Brinker verwies auf die guten Gespräche zwischen den beiden Unternehmen. Dass EWE nach der intensiven Suche nach einem Käufer für seine VNG-Anteile nun weitere Anteile dazukaufe, begründet er so: „Mit einer Übernahme der Wintershall-Anteile würden wir die Möglichkeit erhalten, gemeinsam mit den übrigen Aktionären Zukunftsoptionen der VNG zu diskutieren. Wir erweitern damit unsere Handlungsmöglichkeiten“, erklärt Brinker. Er kündigte gleichzeitig an, dass EWE nun den Dialog mit allen Beteiligten intensivieren wolle. Dazu gehörten Mitarbeiter und Anteilseigner der VNG sowie Landespolitiker. „Wir möchten uns ein Bild zu den unterschiedlichen Standpunkten machen, um die besten Optionen für eine weitere und nachhaltige Entwicklung der VNG zu finden. Zu diesem Dialog lade ich herzlich ein“, betonte Brinker.
Zum Kaufpreis und den Zeitpunkt für den Abschluss der Aktienübertragung äußerten sich die Unternehmen nicht. Sie verwiesen darauf, dass das Bundeskartellamt und die jeweiligen Unternehmensgremien der Transaktion noch zustimmen müssen. So muss beispielsweise die Hauptversammlung der VNG Verbundnetz Gas AG dem Aktienverkauf von Wintershall an EWE mehrheitlich zustimmen. Wintershall und EWE verfügen zusammen über eine solche Mehrheit.
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