Die in der neuen Energieeinsparverordnung vorgesehene Austauschpflicht für Kessel, die älter als 30 Jahre sind, hätte die Heizgeräte-Industrie vor Freude aufjaulen lassen müssen. Doch weit gefehlt.
„Wir machen uns keine Illusionen, wenn das Austauschalter auf das Herstellungsjahr 1985 anstatt wie bisher auf 1978 gelegt wird. Das hat schon vorher nicht funktioniert, warum sollte das jetzt funktionieren“, ist Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverbandes Deutschland Haus‑, Energie- und Umwelttechnik (BDH) mehr als skeptisch. Allein aufgrund des Bestandsschutzes für Bewohner, die seit 2002 in ihren Häusern oder Wohnungen mit eventuell veralteten Geräten wohnten, seien 12 bis 13 Millionen Menschen davon ausgenommen. „Das Ganze ist zwar nett, aber wirkungslos“, so Lücke. Statt einer Verschärfung fordert er Marktanreize. Sonst käme der Modernisierungsprozess nicht in Gang.
In die gleiche Kerbe haut auch Andreas Müller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Nach unserer Auffassung müssen Sanierungsmaßnahmen flexibel einsetzbar sein, um den Eigentümern Entscheidungsspielräume unter Abwägung der wirtschaftlichen, finanziellen, demografischen und lebenswirklichen Bedingungen zu ermöglichen. Ob ein Zwang zur Heizkesselsanierung die Verunsicherung bei den Investoren auflösen wird, ist noch zu beweisen.“ Auch Müller sieht die Gefahr in den vielen Ausnahmeregelungen. Vor allem für selbstgenutzte Wohnimmobilien fehlten verlässliche Rahmenbedingungen, die für Investitions- und Planungssicherheit sorgten. „Das Scheitern der steuerlichen Förderung, die unstete Ausstattung der CO2-Gebäudesanierungsprogramme und die zunehmende Komplexität und Bürokratisierung der KfW-Förderprogramme haben für die wachsende Verunsicherung der Immobilienbesitzer und in der Folge für die Stagnation der Sanierungsquote gesorgt“, so Müller. Gespannt dürfe man auch darauf sein, wie die Ländervertreter den Vollzug in ihren Bundesländern organisieren wollen. Eine einheitliche Linie sei derzeit nicht erkennbar. Dennoch kann er dem Beschluss etwas, wenn auch wenig, Gutes abgewinnen: „Der Bundesratsbeschluss zu den Austauschfristen alter Heizkessel ist eine folgerichtige Fortschreibung der bisherigen Regelung. Die EnEV sieht die Erneuerung eines Heizsystems nach 30-jähriger Nutzungsdauer als generell wirtschaftlich an. Diese Tatsache dürfte wohl unstreitig sein.“
Das sieht auch Jens Wichtermann, Leiter Unternehmenskommunikation bei der Vaillant Group, so: „Generell sind Maßnahmen zu begrüßen, die zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Absenkung von CO2-Emissionen in Gebäuden beitragen. Die Novellierung der EnEV im Punkt der Austauschfristen alter Öl- und Gaskessel wird unserer Einschätzung nach aber zu keiner nachhaltigen Erhöhung der Modernisierungsrate bei alten Heizanlagen führen.“ Auch er bemängelt die Ausnahmen und unterstützt eine steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungen: „Dies würde zu einer deutlich spürbaren Dynamik im Markt führen.“
Kritik gibt’s auch vom Institut für Wärme und Öltechnik (IWO). „Wir sehen einige der Änderungen durchaus kritisch. Dazu zählt beispielsweise die Austauschverpflichtung von Konstanttemperaturkesseln, die älter als 30 Jahre sind. Obwohl ein solcher Kesseltausch in vielen Fällen technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, widerspricht diese Vorgabe eindeutig dem Gedanken der Technologieoffenheit. Wir setzen hier mehr auf eine gute Beratung und auf die freie Entscheidung des Hausbesitzers als auf das Ordnungsrecht“, erklärt Moritz Bellingen, Leiter Grundsatzfragen beim IWO. Auch die Einführung von Effizienzklassen auf der Basis der Endenergie neben der bisher üblichen Darstellung des Bandtachos, welcher auf der Basis der Primärenergie erstellt wird, sehe sein Institut kritisch: „Diese parallele Darstellung trägt sicher mehr zur Verwirrung als zur Information der Hausbesitzer bei. In jedem Fall hätte man hier für mehr Klarheit sorgen können, wenn man in beiden Darstellungen den Primärenergiebezug gewählt hätte.“
Wichtigste Änderung der EnEV für Mineralölhändler und SHK-Gewerbe
Öl- und Gasheizungen, die vor 1985 eingebaut wurden, müssen bis 2015 ausgetauscht werden. Bisher galt diese Pflicht nur für Heizungen, die vor dem Jahr 1978 eingebaut worden sind. Dies gilt auch für die Folgejahre.
Ausnahmen: Besitzer, die das Haus oder die Wohnung bereits zum 1. Februar 2002 selbst bewohnt haben, müssen ihre Heizkessel nicht nachrüsten. Grundsätzlich ausgenommen sind Brennwertkessel und Niedertemperatur-Heizkessel, die einen höheren Wirkungsgrad haben.
Titelild: intelligent-heizen.info
Geschrieben für Brennstoffspiegel.
Der komplette Beitrag ist nur in der Printausgabe 11/2013 zu lesen.
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