So funktioniert KWK. Grafik: B.KWK

KWK – Wie einer Spit­zen­tech­no­logie Unrecht getan wird

von | 2. Januar 2015

Die Kraft-​Wärme-​Kopplung (KWK) galt einst als Königsweg aus Ener­gie­ver­brauch und Umwelt­be­lastung. Im NAPE spielt die KWK wieder eine größere Rolle. Das war nicht immer so.

BRENNSTOFFPSPIEGEL und mine­ral­öl­rund­schau beleuchtet in einer Serie die Hinter­gründe und zeigt, warum dieser effi­zi­enten Tech­no­logie Unrecht getan wird.

Beitrag von 2011Aus aktuellem Anlass, da die KWK-​Förderung im Zuge des NAPE angehoben wird.

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Wesent­liche Elemente dieser nach­hal­tigen Biomas­se­nutzung sind: …stärkere Biomas­se­ver­wertung in Kraft-​Wärme-​Kopplungsanlagen…“ (1).

Förder­fähig sind … vorrangig Kraft­werke mit Kraft-​Wärme-​Kopplung.“ (2)

Diese beiden dürren Zitate sind alles, was vom einstigen Hoff­nungs­träger Kraft-​Wärme-​Kopplung im Ener­gie­konzept übrig geblieben ist. Das erste Zitat ist eine Notwen­digkeit, denn da, wo Biomasse anfällt (eben auf dem platten Land) macht es keinen Sinn, daraus gewon­nenes Gas in Netze einzu­speisen. Sinnvoll ist vielmehr, vor Ort damit Strom und Wärme­en­ergie, etwa für Ställe, zu erzeugen.

Das zweite Zitat sollte viele Stadt­werke beruhigen, die sich in Hoffnung auf den einst von der Regierung Schröder beschlos­senen Atom­aus­stieg auf KWK-​Technologie stürzten und hoch­ef­fi­ziente, meist mit Erdgas betriebene Block­heiz­kraft­werke bauten. Keine Rede ist im Ener­gie­konzept mehr davon, KWK auch als Alter­native für die Versorgung von Ein- und Mehr­fa­mi­li­en­häuser zu nutzen oder gar als kosten­günstige Variante in Industrie und Gewerbe. Doch warum verschwand die KWK, die schon seit 2002 mit Gesetzen und Förde­rungen gefördert wurde, von der Agenda?

Dazu ein Blick zurück. Für das KWK-​Gesetz war in der Regierung Schröder seinerzeit Werner Müller (SPD) zuständig. Der war zuvor Manager bei RWE und dem EON-​Vorläufer VEBA. Die Strom­gi­ganten hatten nie ein wirk­liches Interesse an KWK, weil durch deren flexible und dezen­trale Einsetz­barkeit ihre Mono­pol­stellung im damaligen Strom­erzeu­ger­markt bedroht gewesen wäre. Und so verschwand unter Müller die ursprünglich im Gesetz vorge­sehene Quotierung zur Strom­erzeugung aus KWK, die stufen­weise wachsen sollte. Der Minister wollte statt­dessen die Ziele der Bundes­re­gierung, ein Viertel der gesamten Strom­menge aus KWK zu erzeugen, durch Frei­wil­ligkeit und Förderung erreichen.(3) So stand es dann auch im KWK-Gesetz.

Müller schied 2002 aus dem Amt. Sein Nach­folger in der Regierung Merkel, Michael Glos (CSU), musste 2006 in einem Zwischen­be­richt an den Bundestag einge­stehen, dass das Gesetz nichts bewirkt hatte. Glos legte ein Jahr später ein neues Gesetz vor. Wieder setzte es auf Frei­wil­ligkeit und seine Chefin Angela Merkel bestä­tigte das ehrgeizige Ziel, die Strom­erzeugung aus KWK bis 2020 auf 25 Prozent zu hieven, was der Verdop­pelung des derzei­tigen Niveaus entspräche.

Kaum Chancen gegen Atom-Billigstrom

Wieder geschah, abgesehen von einer Exper­ten­an­hörung im Bundestag 2008, die für die Regierung verbal vernichtend, aber faktisch folgenlos endete, nichts. Bis zum Jahr 2009. „Wir hatten uns ja schon gewundert, dass in der Koali­ti­ons­ver­ein­barung von CDU und FDP nichts zur KWK stand“, erinnert sich Adi Golbach, Geschäfts­führer des Bundes­ver­bandes KWK (B.KWK) in Berlin. „Auf Nachfrage bestä­tigten uns Politiker, dass es zur KWK keinen Dissens gebe, das sei eine Art Selbst­läufer, über den man nichts schreiben müsse.“ Während eines parla­men­ta­ri­schen Abends im März 2010 wurde dann die Katze aus dem Sack gelassen. Denn die KWK, obwohl 60 Prozent weniger CO2-​erzeugend als herkömm­liche Ener­gie­tech­no­logien, sollte auch unter den Emis­si­ons­handel fallen. „Richtig kritisch wurde es aber mit der Verlän­gerung der Lauf­zeiten für Atom­kraft­werke“, so Golbach, zu dessen Mitgliedern auch eine Reihe von Stadt­werken gehören.

Denn nun müssen die Heiz­kraft­werke der Stadt­werke, obwohl sie emis­si­ons­ärmer sind und Brenn­stoffe sparen, mit dem Billig­strom aus den meist abge­schrie­benen Atom­meilern konkur­rieren. Wenn man bedenkt, dass ein GuD-​Kraftwerk, das eine mittlere Stadt versorgen kann, gut 200 Millionen Euro kostet und diese Kosten ja auf den Strom­preis aufge­schlagen werden müssen, ist klar, dass die – wenn auch umwelt­freundlich erzeugte Energie – keine Chance hat gegen Neckar­westheim, Gund­rem­mingen und Co. Golbach erkennt aber auch noch andere Markt­po­ten­ziale für KWK.

Chancen Ein- und Mehrfamilienhaus

Denn ausge­rechnet da, wo die Bundes­re­gierung den Schwer­punkt setzt – nämlich beim Sanieren bis hin zum Passiv­h­aus­standard, bei dem konse­quen­ter­weise die in KWK erzeugte Wärme nicht mehr zu verwenden wäre – sieht Golbach die größte Chance: „Bei einer Sanie­rungs­quote von gerade mal 2 Prozent des Gebäu­de­be­standes jährlich wird die Bundes­re­gierung es auch rein rech­ne­risch nicht schaffen, bis 2050 einen ener­gie­neu­tralen Gebäu­de­be­stand zu haben. Zudem sind die Kosten dafür allein mit Wärme­dämmung einfach zu hoch.“ Heißt im Klartext: Wärme und Strom gemeinsam erzeugen macht gerade im Wohn­be­reich, der 40 Prozent der Primär­energie in Deutschland verbraucht, auch bis 2050 und voraus­sichtlich darüber hinaus durchaus Sinn. Denn so werden Wärme­dämmung und Erzeu­gungs­ef­fi­zienz kombiniert.

Wirt­schaft inno­va­tiver als Politik

Im Gegensatz zur Politik zeigten sich Handwerk und Industrie deutlich flexibler. Inzwi­schen wurden in zahl­reichen Bundes­ländern meist mit Unter­stützung der Politik Initia­tiven pro KWK zwischen Industrie, Handwerk und Mine­ral­öl­handel geschlossen. Geht es um die Reali­sierung größerer Anlagen, wie beispiels­weise in kommu­nalen Objekten, sind Brennstoff- und Mine­ral­öl­händler ebenfalls erfolg­reich mit BHKWs.

Deutsche Firmen entwi­ckeln seit Jahren seri­en­fähige KWK-​Geräte. Das bekann­teste dürfte der DACHS von Senertec sein, der in über 22.000 deutschen Häusern für Behag­lichkeit und Licht sorgt.

Der Strom­an­bieter Licht­blick und Volks­wagen wollen insgesamt 100.000 gasbe­triebene Mini-​BHKWs, instal­lieren, deren Herzstück ein Volkswagen-​Motor ist. Die ersten 30 davon standen bis Ende letzten Jahres in Hamburg. Vorbild für diese unge­wöhn­liche Koope­ration ist Honda. Den Japanern gelang es in ihrem Heimatland, 100.000 Anlagen aufzu­stellen – und das, obwohl KWK-​Strom im Gegensatz zu Deutschland (s. Kasten) nicht ins Netz einge­speist werden darf und somit auch nicht gesondert honoriert wird.

Die Kraft-​Wärmekopplung dürfte also ihre Position im Ener­gie­markt ausbauen und bleibt damit ein inter­es­santer Markt für den Brennstoff- und Mine­ral­öl­handel. BRENNSTOFFSPIEGEL und mine­ral­öl­rund­schau wird im nächsten Teil der KWK-​Serie die Möglich­keiten für Ein- und Mehr­fa­mi­li­en­häuser hinsichtlich Einspar­po­ten­zialen und Einsatz­mög­lich­keiten beleuchten.

Was ist KWK?

Bei der Kraft-​Wärme-​Kopplung wird mittels eine Verbren­nungs­motors oder einer Gas- oder Dampf­turbine aus einem Verbren­nungs­vorgang gleich­zeitig Wärme­en­ergie und mecha­nische Energie erzeugt. Letztere wird meist direkt in Strom umgewandelt.

Als Ener­gie­träger kommen sowohl fossile als auch erneu­erbare Brenn­stoffe in Betracht.

Die popu­lärste Variante sind die Block­heiz­kraft­werke (BHKW – der Name kommt daher, dass damit ursprünglich ganze Wohn­blocks mit beheizt werden sollten), die es sowohl wasch­ma­schi­nengroß für Einfa­mi­li­en­häuser gibt, als auch als Gas-​und Dampf-​Kombikraftwerk (GuD), mit denen ganze Stadt­viertel mit Wärme und Strom versorgt werden können.

Vorteile der KWK-​Technologie sind generell ihre hohe Flexi­bi­lität und ihr hoher Wirkungsgrad, der bei bis zu 90 Prozent der einge­setzten Energie liegen kann. Gegenüber der besten herkömm­lichen Tech­no­logien erzielt KWK eine Gesamt­ein­sparung an Primär­energie von bis zu 30 Prozent.

(1) Ener­gie­konzept für eine umwelt­scho­nende, zuver­lässige undbe­zahlbare Energieversorgung28. September 2010, Seite 10

(2) Ener­gie­konzept für eine umwelt­scho­nende, zuver­lässige undbe­zahlbare Ener­gie­ver­sorgung 28. September 2010, Seite 17

(3) Gesetz für die Erhaltung, die Moder­ni­sierung und den Ausbau der Kraft-​Wärme-​Kopplung, Fassung vom 1. Januar 2009, § 1: „Zweck des Gesetzes ist es, einen Beitrag zur Erhöhung der Strom­erzeugung aus Kraft-​Wärme-​Kopplung in der Bundes­re­publik Deutschland auf 25 Prozent durch den befris­teten Schutz, die Förderung der Moder­ni­sierung und des Neubaus von Kraft-​Wärme-​Kopplungsanlagen (KWK-​Anlagen), die Unter­stützung der Markt­ein­führung der Brenn­stoff­zelle sowie die Förderung des Neu- und Ausbaus von Wärme­netzen, in die Wärme aus KWK-​Anlagen einge­speist wird, im Interesse der Ener­gie­ein­sparung, des Umwelt­schutzes und der Errei­chung der Klima­schutz­ziele der Bundes­re­gierung zu leisten.“

Geschreiben für Brenn­stoff­spiegel und Mine­ral­öl­rund­schau. Erschienen in Ausgabe 1/​2011. Voll­stän­diger Beitrag nur dort zu lesen.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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