Die Bundesregierung will 2050 den Gebäudebestand energieneutral haben. Bis dahin ist es ein weiter Weg. Der führt oftmals über Makler – sowohl für Käufer als auch Mieter. Hat man bei der Begutachtung der energetischen Substanz eines Hauses wohl eher einen Energieberater vor Augen, noch besser einen Bauphysiker, sollten Makler zumindest auch über den energetischen Zustand einer Immobilie Bescheid wissen. Denn dieser könnte ja zur positiven Vermarktung beitragen.
Prof. Dr. Stephan Kippes, der an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen die Professur für Immobilienmarketing und Maklerwesen innehat, wollte deswwegen genauer wissen, ob Energieeffizienz bei der Vermarktung eine Rolle spielt, und zwar zum einen bei energetischen Sanierungsmaßnahmen im Bestand, zum anderen beim Thema Energieausweis.
Nützt energetische Sanierung im Bestand bei der Vermarktung?
Kaufimmobilien:
31 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, ein hoher energetischer Sanierungsstandard habe keine positiven Auswirkungen auf die Vermarktung einer Immobilie. Fast die Hälfte der Makler – nämlich 47 Prozent – ist dagegen davon überzeugt, mit einer energetisch hochwertigen Immobilie einen besseren Verkaufspreis erzielen zu können. 28 Prozent glauben, dass die Vermarktungsdauer kürzer wird, aber nur 18 Prozent erwarten, dass die Vermarktung einer energetisch sanierten Immobilie weniger aufwändig ist als die einer veralteten Immobilie.
Mietimmobilien:
Hier sehen 41 Prozent der Makler keine nennenswerten Auswirkungen des Sanierungsstandards auf die Vermarktung. Nur 32 Prozent gehen von höheren Mietpreisen aus, 19 Prozent erwarten eine kürzere Vermarktungsdauer, während lediglich 15 Prozent weniger Aufwand erwarten.
Die Mehrheit der Makler glaubt also, dass energetisch sanierte Immobilien einen gewissen Vermarktungsvorteil mit sich bringen. Analog dazu beobachten 91 Prozent der Makler einen Nachteil bei nicht sanierten Immobilien. Allerdings glauben 61 Prozent, dass dieser Einfluss weniger wichtig ist als beispielsweise die Lage oder andere Merkmale.
Wirkt sich eine sanierte Immobilie auch auf den Verkaufspreis aus?
Obwohl die Energieeffizienz im Vergleich zu anderen Kriterien eine weniger wichtige Rolle spielt, hat diese nach Meinung vieler Makler durchaus einen Einfluss auf den Preis.8 Wie hoch dieser Einfluss konkret ist, wurde in einer gesonderten Frage ermittelt. Darin sollten Makler schätzen, wie hoch der prozentuale Abschlag auf den Verkaufspreis ist, wenn eine Immobilie bereits den Anschein eines Sanierungsrückstandes erweckt. Im Schnitt gaben die Immobilienprofis einen Preisabschlag von 18 Prozent an.
Zwar bestimmen also Lage und andere Merkmale deutlich mehr den Preis einer Immobilie. Aber immerhin erleichtert eine sanierte Immobilie die Vermarktung und es lässt sich ein signifikant höherer Preis erzielen.
Was Makler empfehlen
Interessant ist auch, was Makler zur Sanierung einer Immobilie empfehlen. Energetisch nämlich besser – nichts oder nur Einzelmaßnahmen. Zu denen gehören ganz vorn Dachdämmung (63 %) ‚Brennwertheizung und Wärmeschutzverglasung (je 48 %). Dann kommt eine Weile gar nichts.
Fast jede Einzelmaßnahme weist den niedrigsten Wert seit der ersten Befragung im Jahr 2010 auf. Gleichzeitig haben noch nie so viele Makler wie in diesem Jahr keine Sanierungsmaßnahme empfohlen: 25 Prozent bei Kaufimmobilien, beziehungsweise 17 Prozent bei Mietimmobilien würden zu keiner der aufgeführten Maßnahmen raten.
Für diese Entwicklung gibt es in erster Linie zwei Gründe:
- Zum einen wurde in vergangenen Studien deutlich, dass es bedeutende Ereignisse braucht, um die Aufmerksamkeit für Energieeffizienz sowohl bei Maklern als auch bei ihren Kunden zu steigern. In der Vergangenheit war das zum Beispiel die Atomkatastrophe von Fukushima. Solche bedeutenden Ereignisse sind aktuell nicht beobachtbar, folglich bleibt das Interesse niedrig.
- Neben der Sorge um die Umwelt und das Weltklima ist die zweite Hauptmotivation, in Sanierungsmaßnahmen zu investieren, in hohem Maße finanzieller Natur. Das heißt, die Investition soll langfristig Rendite bringen, bei einem Verkauf sogar möglichst kurzfristig. Genau das scheint aber oftmals nicht der Fall zu sein. Makler gewinnen immer mehr Erfahrung mit energetischer Sanierung und wissen, welche Investitionen der Markt zurückzahlt und welche nicht. Dieser tendenziell ernüchternden Erfahrung entsprechend gehen die Sanierungsempfehlungen zurück.
Zur Überprüfung dieser These wurden die Studienteilnehmer auch gefragt, warum sie keine Sanierungsmaßnahmen empfehlen. Bei Kaufimmobilien ist der wichtigste Grund, dass Kunden in der Regel eigene Vorstellungen haben. Es lohnt sich bei-spielsweise nicht, eine Brennwertheizung einzubauen, wenn man dadurch potenzielle Käufer abschreckt, die etwas ganz anderes planen. Ein weiterer Grund ist die Frage, ob sich solche Investitionen amortisieren. Unmittelbar vor dem Verkauf lohnt sich nur eine solche Maßnahme, die preislich mehr einbringt, als sie kostet. Denn schließ-lich verzögern Renovierungsarbeiten den Verkauf.
Bei Mietimmobilien ist der wichtigste Grund, keine Maßnahme zu empfehlen, eben-falls die zweifelhafte Rentabilität. Selbst wenn durch eine fehlende Sanierung gewis-se Mieteinbußen in Kauf genommen werden müssen, fallen diese vielfach weniger stark ins Gewicht als die Kosten für eine Sanierung. Zwar können die Kosten von energetischen Sanierungsmaßnahmen laut Gesetz zu 11 Prozent pro Jahr auf die Miete aufgeschlagen werden – doch eine solche Modernisierungsmieterhöhung muss der Markt auch verkraften können.
Und was bringt der Energieausweis?
Wenn Makler ihre Arbeit aufnehmen, besitzt nur etwa die Hälfte aller Eigentümer einen Energieausweis.13 Grund für die geringe Quote: Die Verpflichtung greift erst im Vermarktungsfalle und das erst seit einem Jahr. Ein guter Teil der Immobilien befand sich im vergangenen Jahr womöglich zum ersten Mal seit Einführung der Pflicht in der Vermarktung, ein Ausweis war deswegen bislang nicht notwendig. Die Formalitäten rund um den Energieausweis überlassen viele Eigentümer offenbar gerne dem Makler. Grundsätzlich ist der Ausweis eher dann vorhanden, wenn eine höhere Vermarktungsfrequenz für das Gesamtobjekt besteht. Er ist also eher bei Mietobjekten als bei Verkaufsobjekten vorhanden und eher bei Objekten mit vielen Wohneinheiten als bei solchen mit wenigen oder gar nur einer Wohneinheit.
Betrachtet man den Zeitpunkt, zu dem Makler den Energieausweis Interessenten vorlegen, zeigt sich, dass fast 90 Prozent der Makler den Ausweis zusammen mit dem Exposé oder aber spätestens bei der Besichtigung vorlegen. 7 Prozent machen dies erst bei Vertragsunterzeichnung, 6 Prozent gar nicht. Damit verhalten sich immerhin 13 Prozent aller Makler eindeutig regelwidrig.
Entscheidende Frage: Sind Makler fit?
Makler müssen in erster Linie den Wert einer Immobilie abschätzen und diese im Auftrag ihres Kunden gewinnbringend vermarkten. Energetische Sanierung kann dabei sinnvoll sein. Ob Makler auch in der Lage sind, bereits getätigte energetische Sanierungsmaßnahmen richtig einzuschätzen und zu bewerten, ist zu bezweifeln. Dämmung ist nicht gleich Dämmung und Wärmepumpe nicht gleich Wärmepumpe. Für Kunden, die sich mit dem Gedanken an einen Immobilienkauf tragen, ist daher immer noch ein Energieberater (Vorsicht, auch hier sind jede Menge schwarze Schafe unterwegs) zu empfehlen, noch besser ein Bauphysiker, auch wenn diese rar gesät sind.
Kursiv: Studienzitate
Ein Bericht zum Marktmonitor Immobilien findet sich hier.
Die Studie kann hier heruntergeladen werden.
Vorschaubild: Fassaden- und Dämmcheck. Foto: ZVSHK
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