Grafik: Exxon

Exxon-​Energie-​Prognose: Alles auf Erdgas

von | 11. August 2015

Exxon hat gestern seine Ener­gie­pro­gnose für Deutschland vorgelegt. Richtjahr ist 2040. In allen Bereichen schwört der Multi auf Erdgas. Kein Wunder, hat seine Erdgas­för­derung inzwi­schen die Ölför­derung überholt. Zudem ist, auf Deutschland bezogen, Erdgas politisch eher gewollt als Öl und lässt sich gar als Partner der Ener­gie­wende verkaufen.

Primär­ener­gie­ver­brauch sinkt weiter

Die wesent­lichen Aussagen im Einzelnen:

  • Der Primär­ener­gie­ver­brauch wird deutlich sinken, und zwar von derzeit 14.200 PJ um fast 30 % auf 9.470 PJ. Wich­tigste Ener­gie­träger dann: Mineralöl mit 35 % und Erdgas mit 36 %.
  • Erdgas wird eine sehr wichtige Rolle in der Strom­erzeugung einnehmen und wird von aktuell rund 420 PJ fast um das Dreifache auf fast 1.100 PJ bis ansteigen. 
  • Mineralöl wird immer noch die Nr. 1 im Verkehrs­sektor bleiben. 
  • Der Verbrauch an leichtem Heizöl halbiert sich von derzeit 17 auf dann 8 Mio. Tonnen.
  • Diesel wird mit 26 Mio. Tonnen der bestim­mende Kraft­stoff sein, Erdgas holt jedoch auch hier auf. Aller­dings: Der Kraft­stoff­ver­brauch wird generell um die Hälfte sinken.
  • In den Haus­halten wird die Anzahl der Erdgas­hei­zungen weiter abnehmen, gleiches gilt für Ölhei­zungen. Zunehmen und mehr als verdoppeln wird sich hingegen das Heizen mit Erneu­er­baren Energien.
  • Gleich­zeitig wird sich der Heiz­ener­gie­bedarf durch Effi­zenz­maß­nahmen um mehr als ein Drittel verringern.

Fragen bei diesen Aussagen bleiben. 

Mehr als eine halbe Mio. Erdgasautos

Grafik: Exxon

Grafik: Exxon

So sollen 2040 etwa 535.000 Erdgas­fahr­zeuge auf Deutsch­lands Straßen unterwegs sein. Seit Jahren stagniert, trotz Initiative der Autobauer wie VW, der Absatz an Erdgas­fahr­zeugen oder steigt nur leicht. Die Anzahl der Tank­stellen hingegen liegt schon seit mehr als 15 Jahren unter 1.000. Zuwachs: Keiner.

Die Anzahl der Ölhei­zungen soll nur in geringem Maße abnehmen. Doch schon jetzt werden Ölhei­zungen in Neubauten kaum mehr eingebaut. Bis 2040 mit einem jähr­lichen Zuwachs von gut 75.000 Einfa­mi­li­en­häusern zu rechnen – bisher

Grafik: Exxon

Grafik: Exxon

Haupt­adressat für Ölhei­zungs­technik. Das wären knapp 2 Mio. Wohnungen, die für Ölhei­zungen praktisch verloren sind. Der Rückgang hier dürfte viel stärker sein, weil die Umrüster auf Erdgas oder andere Ener­gie­träger noch gar nicht mit einge­rechnet sind.

Die Strom­erzeugung mittels Erdgas ist schon jetzt hier­zu­lande ein Verlust­ge­schäft. Schuld sind die relativ hohen Erdgas­preise und die niedrigen Börsen­preise für Erneuerbaren-​Strom. Der jedoch wird weiter anwachsen.

Realis­tische Prognosen? Teils.

Wie realis­tisch sind also die Exxon-​Prognosen. Hier hilft ein Blick zwölf Jahre zurück auf die damalige Exxon-​Prognose hinsichtlich des Primär­ener­gie­ver­brauchs. Der stellte sich für die Jahre 2015 und 2020 wie folgt dar:

Ener­gie­träger, Anteile am Prinär­ener­gie­ver­brauch in % Prognose Exxon 2003 für 2015 Tatsäch­licher Verbrauch 2014 Prognose Exxon 2003 für 2020 Prognose Exxon 2015 für 2020
Kern­energie

8,0

8,0

3,2

6,0

Kohle

22,5

25,0

23,0

21,0

Mineralöl

35,2

35,0

34,2

33,0

Erneu­erbare

6,1

11,0

7,4

16,0

Erdgas

28,0

20,0

31,8

23,0

Sonstige

0,0

1,0

0,0

2,0

Die Einschätzung beim Verbrauch der Fossilen ist erstaunlich genau, mit Ausnahme von Erdgas, das den Prognosen nach eine deutlich größere Rolle spielen sollte.

Zudem: Die Entwicklung bei den Erneu­er­baren wurde 2003 drastisch falsch einge­schätzt. Die liegt derzeit fast doppelt so hoch die die seiner­zeitige Prognose. Aller­dings: Mit diesem Irrtum war der ameri­ka­nische Konzern keineswegs allein. Für 2020 hat Exxon dies bereits aktuell korrigiert. 

Da der Ausbau der Erneu­er­baren stark weiter ansteigen wird – allen aktuellen poli­ti­schen Hemm­nissen zum Trotzbleibt zu vermuten, dass es auch bis 2020 und gar bis 2040 eine weitere deutliche Verschiebung weg von den Fossilen und hin zu den Erneu­er­baren geben wird.

Vorschaubild – Grafik: Exxon

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. Kilian Rüfer

    Ist ja inter­essant, aber was hat das mit 100 % erneu­er­baren Energien in Bürgerhand zu tun?

    • Frank Urbansky

      Warum sollte es was damit zu tun haben? Ich schreibe auch allgemein über Öl- und Gasmärkte.

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