Für das Unternehmen Dr. Thomas & Partner entwickelte die Vollack-Gruppe das neue Bürogebäude in Stutensee bei Karlsruhe im Passivhaus-Standard.
Auf 3.600 Quadratmetern werden dort ab Ende September 2016 rund 120 Mitarbeiter arbeiten, insgesamt bietet das Gebäude Platz für bis zu 150 Arbeitsplätze.
Um dem Wunsch des Bauherrn nach Energieautarkie gerecht zu werden, haben die Planer den Energiebedarf soweit wie möglich und sinnvoll reduziert, und die vorhandenen Dachflächen zur Energieerzeugung genutzt. Daraus ergab sich die Kombination aus Passivhaus und Photovoltaik. Um den Anteil der regenerativen Energie vor allem für die Kühlung zu steigern, fiel die Entscheidung letztlich auf den Eisspeicher.
Eisspeicher ist Herzstück
Der Eis-Latentwärmespeicher mit 7 Metern Tiefe und 4 Metern Druchmesser ist das Herzstück des hocheffizienten Gebäudes. Dahinter verbirgt sich ein zylindrischer Stahlbeton-Behälter von etwa vier Metern Höhe und gut sieben Metern Durchmesser. Der Eis-Latentwärmespeicher heizt das Gebäude im Winter und kühlt es im Sommer – und das energieautark.
Das Grundprinzip des Eisspeichers besteht darin, dass das kalte Wasser im Sommer direkt durch das Gebäude gepumpt wird, lediglich mit dem Strombedarf einer Umwälzpumpe. Zusätzlicher Energieeintrag aus dem umgebenden Erdreich und von den Dachabsorbern des Bürogebäudes, die ebenfalls nach dem Kühlbedarf dimensioniert sind, bringen das Eis zum Schmelzen. Im Winter dagegen entzieht die Wärmepumpe Energie und kühlt das Wasser im Speicher ab; Eis bildet sich neu.
Damit stellt der Eisspeicher einen Primärquellenpuffer dar, der im Sommer der Kühlung dient und im Winter Energie zum Heizen liefert. Je nach Wettersituation entscheidet die Steuerung der Anlage mit Hilfe eines speziellen Algorithmus, ob als Quelle die Dachabsorber oder der Eisspeicher genutzt werden sollen.
Der Eisspeicher wird seinem Namen nicht ganz gerecht. In ihm befinden sich vor allem unterkühltes Wasser und – im Kern des Speichers – zeitweise circa 30 % Eis. Der Eisspeicher ist also nicht komplett mit Eis gefüllt. Das Leitungssystem für Kühlung und Heizung ist so an den Betonzylinder angebunden, dass an seiner Außenwand – der Warmseite – die Energie eingetragen und in seinem Innern – der Kaltseite – die Energie entzogen wird.
Der Eisspeicher ist beim Neubau von Dr. Thomas & Partner neben dem Gebäude angeordnet. Je nach Voraussetzung und Bauvorhaben kann die Position des Behälters auch unter dem Gebäude sein. Bedingung dafür ist, dass der Behälter für den Eisspeicher in frostsicherer Tiefe und direkt ohne Dämmung im Erdreich liegt. Nach der Fertigstellung des Baus wird der Speicher nicht mehr zu sehen sein.
Kühle und Wärme durch Multi-Level-Bodenkonstruktion
Die eigentliche Kühlung und Beheizung der Räume erfolgt über eine Multi-Level-Bodenkonstruktion. Der Boden besitzt drei Schichten:
- Unter dem normalen Belag liegen die Rohre der herkömmlichen Fußbodenheizung.
- Die unterste Schicht nimmt wie üblich die Elektroinstallation auf.
- Und zwischen Fußbodenheizung und Installationsebene liegt eine Lüftungszwischenschicht mit zellartigem Aufbau, ähnlich der Struktur von Eierkartons.
Die durchströmende Luft wird von der ersten Ebene entsprechend erwärmt oder gekühlt. Durch diese Lüftungsschicht reagiert der Raum wesentlich rascher und damit energieeffizienter auf Erwärmung und Kühlung als eine klassisch betriebene Fußbodenheizung, die starke Verzögerungseffekte hat.
Das neue Bürogebäude unterschreitet mit einem Wärmebedarf von elf Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr sogar deutlich die Kriterien für Passivhäuser (15 kWh/m2a).
Gleichzeitig trägt die Abwärme der Menschen, die im Bürogebäude arbeiten, laut Berechnung eine Wärmeenergie von bis zu 17 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr bei. „An diesen Zahlenwerten erkennen wir, dass die Kühlung die anspruchsvollere haustechnische Aufgabe ist“, erklärt Ingo Höffle, von der Vollack Gruppe.
PV-Anlage und Solarabsorber
Zum energieeffizienten Gesamtkonzept des Gebäudes zählt eine 40-Kilowatt-Peak-Photovoltaik-Anlage, die die Dachhälfte einnimmt, die nicht von den Absorbern genutzt wird. Der von ihr erzeugte Solarstrom reicht für den Betrieb von Heizung und Kühlung aus – Heizen und Kühlen erfolgen somit energieautark.
Gleich beim Bau wurden bereits die Kontaktpunkte vorbereitet, um in einem zweiten Ausbauschritt die Dachabsorber mit einer Photovoltaik-Anlage zu überbauen. Diese Anlage wird den zusätzlich benötigten Lüftungsstrom erzeugen. Zu diesem Zeitpunkt wäre dann die gesamte Haustechnik energieautark.
Weitere Maßnahmen zum Stromsparen beinhalten LED-Beleuchtung, Arbeitsplätze mit Präsenzsteuerung sowie eine von CO2-Sensoren gesteuerte Lüftung für Besprechungsräume und Jalousien. Deren Licht-Lenklamellen im obersten Drittel des Fensters sind so eingestellt, dass der Raum beschattet ist und trotzdem Licht für eine optimale, natürliche Beleuchtung an die Decke reflektiert wird.
Berechnungen zufolge haben sich die Mehrkosten für den energieeffizienten Neubau im Vergleich zu einem Gebäude, das nur die gesetzlichen Mindeststandards der Energieeinsparverordnung EnEV erfüllt, schon innerhalb von sieben Jahren amortisiert. Und das ohne Berücksichtigung von Fördermitteln. Grundlage dieser Berechnung war die frühere EnEV 2009. Mit der neuen, noch strengeren EnEV 2016 sei die Amortisation sogar noch früher gegeben.
Von außen prägt ein Materialmix aus anthrazitfarbenem Putzkörper und weißer Vorhangfassade das Gebäude. Im Inneren setzen sichtbare Betonoberflächen mit fugenlosen Holzfenstern und grünen Akustikmodulen innenarchitektonische Akzente. Funktionskuben für Archiv,- Technik- und Serviceräume lockern die Bürostruktur auf.
Fundierte Beiträge zum Thema Energieeffizienz, zu dem ja auch das Passivhaus zählt, bietet Energieblogger-Kollege Andreas Kühl hier auf seinem Blog Energynet.
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