Windkraftanlage für Powwer-to-Gas bei-Prenzlau Molgreen / Wikimedia / unter Lizenz CC-BY-SA 4.0

No Future für Power-to-Gas

von | 18. August 2015

Die Medien über­schlugen sich mal wieder, als RWE gestern in Ibben­büren seine Power-​to-​Gas-​Anlage einweihte. Dabei gab es Befür­worter und Zweifler, die hier von wiwogreen zusam­men­ge­stellt wurden. 

Die Zweifler haben definitiv die besseren Argumente auf ihrer Seite. Das wich­tigste: Mangelnde Effizienz. Selbst bei wohl­mei­nenden Berech­nungen bleiben kaum mehr als 30 % der einge­setzten Energie übrig, würde man aus der Edel­energie Strom erst Wasser­stoff per Elek­trolyse herstellen, dann diesen, damit man ihn ins Erdgasnetz einspeisen kann, mit CO2 zu Methan aufad­dieren und dieses dann entweder zu verbrennen oder in Strom zurück­zu­ver­wandeln. Letzteres erscheint ob des derzei­tigen Dilemmas der Gaskraft­werke komplett absurd. Und bei den 30 % sind weitere Verluste, etwa bei der Kompression des erzeugten Methans zur Befüllung eines Speichers oder zur Einspeisung in ein Gasnetz, nicht berücksichtigt. 

Wahnsinns-​Aufwand

Ein tech­no­lo­gi­scher Aufwand, der schlicht über­flüssig ist, wie das Handels­blatt einschätzt. Und es zitiert den Ener­gie­ex­perten am Karls­ruher Institut für Tech­no­logie, Olaf Wollersheim: „Nichts ist teurer als mithilfe von Power-​to-​Gas gespei­cherte Energie aus Solar- oder Windkraft, wieder in Strom umzu­wandeln“. Die soge­nannte Rück­ver­stromung sei wirt­schaftlich völlig sinnlos, da gut 70 Prozent der ursprünglich einge­setzten Energie bei dem Vorgang verpuffe. 

Oeko Institut weiß bescheid

Bereits im März letzten Jahres kam das Oeko Institut in einer Studie zu ähnlichen Einschät­zungen. Darin heißt es unter anderem:

… einer groß­tech­ni­schen Anwendung (stehen) unter­schied­liche grund­le­gende Hinder­nisse und Wider­sprüch­lich­keiten entgegen: 

Kurz- und mittel­fristig bieten sich andere Alter­na­tiven. In der chemi­schen Industrie wird derzeit im großen Maße Wasser­stoff aus Erdgas herge­stellt. Eine gleich­zeitige Metha­ni­sierung und Wasser­stoff­her­stellung aus Erdgas ist aber nicht sinnvoll. Daher bietet der Einsatz von Elek­tro­ly­se­was­ser­stoff in der chemi­schen Industrie ein großes Potenzial, um Strom­über­schüsse nutzbar zu machen und gleich­zeitig relevante Mengen an CO2-​Emissionen einzusparen.

In der länger­fris­tigen Perspektive zeigt sich, dass unter der Annahme einer ambi­tio­nierten Klima­schutz­po­litik mit entspre­chenden dras­ti­schen Emis­si­ons­min­de­rungen kaum mehr Kohlen­dioxid aus konzen­trierten Quellen zur Verfügung steht, sodass auf die ener­ge­tisch, technisch und finan­ziell aufwändige Abscheidung von Kohlen­dioxid aus der Luft zurück­ge­griffen werden müsste.

Eine ökono­mische Analyse zeigt zudem, dass in Wirt­schaft­lich­keits­be­rech­nungen von Metha­ni­sie­rungs­an­lagen oft sehr opti­mis­tisch sind und zudem häufig wichtige Kosten­fak­toren vergessen werden.

Eine schnelle und groß­flä­chige Einführung der Power-​to-​Gas-​Technologie wird daher nicht empfohlen. Vielmehr scheint es sinnvoll einige wenige Demons­tra­ti­ons­pro­jekte über Inves­ti­ti­ons­kos­ten­zu­schüsse zu fördern. Eine Förderung des Betriebs von Metha­ni­sie­rungs­an­lagen sollte nicht erfolgen, da dies dazu führen könnte, dass die Metha­ni­sie­rungs­an­lagen auch dann betrieben werden, wenn Strom in fossilen Kraft­werken produ­ziert wird. Deshalb ist eine Befreiung der Power-​to-​Gas-​Technologie von den Netz­nut­zungs­ent­gelten oder von der EEG-​Umlage nicht sinnvoll.

Recht­fer­tigung der eigenen Netze

Eigentlich hat sich auch mit Ibben­büren daran nichts geändert. Power-​to-​Gas zeigt vielmehr, dass die leitungs­ge­bun­denen Ener­gie­er­zeuger und ‑liefe­ranten eine Recht­fer­tigung (und natürlich Auslastung) für ihre Netze auch in der Zukunft suchen. Power-​to-​Gas könnte da aus deren Sicht ein Baustein sein. 

Keine Alter­native für Allgemeinheit

Für die Allge­meinheit jedoch ist es das mit Sicherheit nicht. Allen­falls wäre es sinnvoll, den so gewon­nenen Wasser­stoff direkt in Brenn­stoff­zellen zu nutzen. Doch dafür fehlen Infra­struktur und Abnehmer. Auch ein direktes Verwandeln über­flüs­sigen Stroms in eine Endenergie, etwa bei Power-​to-​Heat, ist da noch deutlich effizienter.

Experten setzen eher auf einen Ausbau der Strom­netze und rechnen mit einem Durch­bruch bei den Batterien, die ja jetzt schon konti­nu­ierlich ihr Spei­cher­ver­mögen steigern. Das alles ist deutlich effi­zi­enter als das mehrfache Umwandeln einer Ener­gieform in die nächste, nur um am Schluss wieder bei der Ausgangs-​Energieform zu landen. Und wenn NRW-​Wirtschaftsminister Garrelt Duin behauptet, das Verfahren habe das Potenzial, eine zentrale Rolle für die Ener­gie­wende einzu­nehmen, zeugt das einmal mehr von der Ahnungs­lo­sigkeit und der Indus­trie­fi­xiertheit der Politik in Sachen Energiewende.

Also – No future für Power-to-Gas!

Vorschaubild: Wind­kraft­anlage für Powwer-​to-​Gas bei-​Prenzlau Molgreen /​Wikimedia /​unter Lizenz CC-​BY-​SA 4.0

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

6 Kommentare

  1. ich

    No future für Power-to-Gas?
    Dass wir noch jahr­zehnte die Ener­gie­wende vorr­an­bringen können und das auch ohne Power2Gas, dem würde ich zustimmen.
    Aber wie soll ohne P2G 100% EE erreicht werden?
    Power2Heat ist eine Einbahn­straße. Damit kann man wunderbar fossile Brenn­stoffe einsparen aber keine gesi­cherte Wärme oder Strom­ver­sorgung herstellen.
    Batterien werden auch in Zukunft keine Saiso­nal­speicher werden.
    Ich sehe keinen Weg ohne Power2Gas auf 100% zu kommen.

  2. Rainer

    Hallo Kilian,

    auf Dein Frage – was tun – woher realis­tisch statt­dessen nehmen was bald laut einiger Pessi­misten bald wech ist ?

    Geld ist nicht das Problem – „wir” sehen da lediglich so . Selbst wenn derzeit von etwas, was keine Nach­schub­pro­bleme hat, etwas – gern auch viel – „verschwende wird”, ist das für die solare Ener­gie­bilanz voll­kommen gleichgültig. 

    Noch ist genügend fossile Energie vorhanden um die notwen­digen Ener­gie­wandler zu produ­zieren. Deren EROI erlaubt es nach und nach sich selbst zu repro­du­zieren – fraglich werden lediglich die dazu benö­tigten Rohstoffe bzw. das Recycling der vorhan­denen Rohstoffe sein. Noch ist der „Point of no return“ wo sich die täglich „notwendige“ Energie und die „graue Energie“ für die Produktion von EE-​Maschinen nicht gegen­seitig behindern wird, erreicht.

    Was bedeutet „nur 30% Netto” – wie sieht das bei fossilen Prozessen aus – sind die soooviel besser ? Dort wir aller­dings immer Unwie­der­bring­liches verbraten. Bei im Prinzip „solaren Ketten“ wird lediglich „umgeformt“ was sowieso schon da ist und für ein „paar kommende Jährchen“ auch immer da sein wird. Nun ja falls uns nicht sowieso im September diesen Jahres der ange­kün­digte böse Asteroid allen den Gar ausmacht.

    Mir ist ange­sichts der tatsäch­lichen Kräf­te­ver­teilung zwar nicht ganz gleich­gültig, wer „das Geschäft“ macht. Aber wenn es dadurch erst mal den notwen­digen „Aufschub“ gibt, würde ich das durchaus akzeptieren.

    Sobald ich etwas mehr Zeit habe, werde ich die Zahlen wer, was für welche Zwecke derzeit „verbrät“, so zusam­men­fassen, das auch der größte Opti­misten (das sind alle denen wichtige Infor­ma­tionen zu fehlen scheinen) begreifen, wir sind JETZT für diese Zukunft verant­wortlich. Wer daran letzt­endlich verdient, ist mir solange gleich­gültig, wie es tatsächlich „funk­tionell richtig“ ist.

    Nun nochmal die Frage WAS bitte soll die erfor­der­lichen Ener­gie­mengen in „brauch­barem Format“ der post­fos­silen Welt liefern ? Die dennoch und sowieso erfor­der­lichen Ener­gie­spar­maß­nahmen kannst Du gleich weglassen….

  3. Rainer

    Nun ja – PV ist für D unge­eignet – über 3% wird diese Tech­no­logie nicht hinaus­kommen… So oder so ähnlich wurde zu Beginn der Einführung von PV von einem gewissen Herrn geunkt, der noch was von Ananas­züchtung auf der Antarktis zur „Verstärkung“ seiner Argumente brabbelte.

    Schön, das wir nun hören dürfen, zur Fort­setzung des fossilen Zeit­alters gibt es keine Alter­native. Wäre D heute bereits zu 100% mit EE „strom­ver­sorgt“, bleibt immer noch die kleine Lücke von ~ 79% des derzeit erfor­der­lichen Primär­ener­gie­be­darfs. Dafür gibt es noch nicht mal im Ansatz eine Lösung. 

    Sicher, „wir“ können da fleißig einsparen. Das werden spätestens unsere Nach­kommen auch müssen ! EE hinter­lassen nach dem derzei­tigen Stand (an dem sich ja nur sehr, sehr zögerlich überhaupt etwas ändert) eine „Lücke“ von ca. 70%, wenn man den horrenden Bedarf von fossiler Energie zugrun­delegt, die derzeit als „unver­zichtbar“ für das Funk­tio­nieren des Planeten angesehen wird.

    Dank meiner (diesmal) „frühen Geburt“, werde ich vermutlich allen­falls den Anfang der „post­fos­silen Zeitwende“ erleiden dürfen. Für all unsere Nach­kommen – und das sind auf absehbare Zeit bei dem Netto­zu­wachs von 1,1% zur Basis 7,3 Milli­arden, jährlich „global“ ~ 80 Millionen MEHR – jedes Jahr ! Leicht nach­re­chenbar in gerade mal ~64 Jahren werden sich dann ~ 14,6 Milli­arden Menschen die noch vorhan­denen Energie teilen müssen. Das können unsere „gerade geborenen Enkel“ ganz „sicher“ noch erleben – falls sie die massiven Probleme dieses „Prozesses“ überleben.

    Statt „Power to Gas“ (und andere parallel geführte Methoden) wird wohl nur ein großzügig ange­legtes Eutha­na­sie­pro­gramm hilfreich sein. Jeden­falls, wenn „schlicht über­flüs­siger Wahnsinns-​Aufwand“ und die Idee, bereits vorhandene Röhren­systeme nicht mit dem teuren „Power to Gas“ zu füllen dann noch eine Rolle spielen.

    Was unsere ausschließlich geld­ori­en­tierte Welt noch schmerzhaft lernen muss – Geld lässt sich beliebig vermehren (sicher die „Wert­hal­tigkeit“ eher nicht) – Energie ist entweder bereits vorhanden und muss „nur“ noch in die gerade benötigte Form gewandelt werden, oder sie ist nicht da und kann auch nicht teuer einge­kauft werden. Energie geht auch nicht „verloren“ (wenn sie denn „da“ ist). Für das Überleben – das wird manchem aus dem aus heutiger Sicht maßlos über­trieben vorkommen – ist eigentlich nichts zu teuer. Klein­liche Über­le­gungen, das jemand „nur das vorhandene Geröhr“ teuer befüllen möchte, finde ich geradezu absurd. 

    Nicht absurd, wenn den Erdgas, Erdöl und Kohle in unend­lichen Mengen vorhanden wären. Was in einer endlichen Welt eher unmöglich scheint. Nun ja, als vor ~ 200 Jahren das fossile Zeitalter so richtig begann, konnte keiner ahnen, was mensch­liche Gier damit anstellen würde.

    Nein, „wir“ – jeden­falls alle die noch mit einer gewissen Portion Vernunft ausge­stattet sich – sollten JETZT bereits alles daran­setzen, um die kommenden 70% Lücke wenigstens zu verkleinern. Wer glaubt, dies könne mittels „Batterien“ allein funk­tio­nieren (womöglich will ja die Batte­rie­in­dustrie „nur ihre Röhren füllen“ ?), der muss sich ange­sichts des Ener­gie­ge­halts (Wh pro kg des „Trägers) fragen ob er /​sie dieses Problem überhaupt auch nur annähernd erkannt hat : Li-​Ionen Akku ~200 Wh/​kg – Wasser­stoff flüssig ~3.600 Wh/​kg – Diesel 11.800 Wh/​kg.

    Noch ein Vergleich – ein „untrai­nierter Mensch“ leistet bei 170 Herz­schlägen ca. 3 W/​kg. Ein 90kg Mensch schafft also ~270 Watt (0,27kW) bei („zumut­barer“ Dauer­leitung) von 100W/​h schafft so einer in 180 h Arbeit 18 kWh im „Mindestlohn“ von 10€/h kostet das dann 1.800 €uro. Jeder darf nun nach­rechnen, was es kostet, wenn ein Barrel Öl „arbeitet“. Der „Ener­gie­gehalt“ von 159 Liter Öl entspricht ~ 12 JAHREN mensch­licher Arbeit. Kein Wunder also, das wir alle wie jeder Junkie gierig und total abhängig am Tropf hängen. Viel Spaß kommende Gene­ration beim den Arbeiten, die bislang noch von „Ener­gie­sklaven“ verrichtet werden !

    Alle fahren „just in Time“ die komplette Versorgung mit E‑Fahrzeugen zu den „Verbrau­chern“ – geradezu lächerlich der Gedanke. Ohne das mühsam und teuer zusam­men­ge­kratzte „Power to Gas“, wird alsbald nix mehr so sein wie es einmal war. 

    Gut, nicht Heute oder gleich Morgen, aber in „abseh­barer Zeit“ …

    • Frank Urbansky

      Hallo Rainer, mir geht es nicht um eine Fort­setzung des Fossilen Zeit­alters, sondern um den sinn­vollen Einsatz der Ressourcen. Das gilt auch für Erneu­erbare Energien. Power-​to-​Gas ist nunmal hinsichtlich seiner ener­ge­ti­schen Bilanz eine Kata­strophe, die zudem eine sehr große tech­no­lo­gische Basis benötigt. Allen­falls könnte dies in Europa mit seinem engen Pipe­linenetz eine Rolle beim Speichern spielen. In anderen Teilen der Welt nicht. Doch die Rolle sehe ich absolut nicht. Außerdem: Nicht umsonst wird Power-​to-​Gas generell von Konzernen gepusht, die ihr Geld vorrangig mit Fossilen Energien verdienen.

  4. Kilian Rüfer

    Hi Frank,

    viele hoffen auf Power-​to-​Gas. So wie Du schreibst wird es erst einmal beim hoffen bleiben. Mich würde im Vergleich der Verlust vom Einspei­se­punkt bis zur Steckdose inter­es­sieren. Gibt es einen ökono­mi­schen Vergleich der Voll­kosten? Der Netz­ausbau kostet auch und erhält die Abtrans­portwege des Stroms aus den alten fossilen Kraft­werken. WIe auch immer. Inter­es­santer Artikel!

    Ciao Kilian

    • Frank Urbansky

      Hallo Kilian, einen Vergleich der Voll­kosten kenne ich auch nicht. Immerhin macht das Oeko-​Institut in dem erwähnten Gutachten einen Wirkungs­grad­check bis hin zur Rück­ver­stromung (Seite 10). Hinsichtlich der Kosten werden nur Elek­trolyse und Metha­ni­sierung beleuchtet (Seite 33 und 34).

      Dein Frank

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