Pelletlieferung Am Lokdepot 6 in Berlin-Schöneberg. Foto: Urbansky

Pellets heizen hippes Berliner Mehrfamilienhaus

von | 25. November 2016

In Berlin-​Schöneberg ist bis Mai 2016 auf einer Bahn­brache ein hippes Wohn- und Gewer­be­quartier entstanden. Archi­tek­to­nisch lehnt es sich mit Rottönen an die Farb­gebung der Umgebung, insbe­sondere an die ziegel­ge­mau­erten Reichs­bahn­bauten an. 

Einige Bauherren der insgesamt 16 Mehr­fa­mi­li­en­häuser wollten ausschließlich rege­ne­rative Energien zur Beheizung einsetzen.

Unge­wöhn­liche Wahl für Großstadt

Die Wahl fiel – etwas unge­wöhnlich für Großstadt und Dimension – auf Pellets. „Akzep­tiert wird so eine Heizung in der Großstadt nur, wenn sie sehr sauber ist“, weiß Martin Bentele, Geschäfts­führer des Deutschen Energieholz- und Pellet­ver­bandes (DEPV). Deswegen sei auch die Qualität der Pellets wichtig.

Im Mehr­fa­mi­li­enhaus Am Lokdepot 6 wurde für 9 Wohnungen und 4 Gewer­be­ein­heiten in einer Remise ein 48-​kW-​Pelletkessel instal­liert. Die Tech­no­logie schlägt gleich mehrere gesetz­liche Hürden wie EnEV, EEWärmeG sowie den gefor­derten KfW-​70-​Standard locker. Den ersten Verbräuchen nach zu urteilen wird sogar der KfW-​40-​Standard erreicht. Doch um das zu beur­teilen bedarf es erst einer kompletten Jahresrechnung.

BHKW zu heikel

Da ausdrücklich keine Wohn­raum­be­lüftung mit Wärme­rück­ge­winnung gewünscht war, konnten wir mit der Pellet­heizung den klima­freund­lichen KfW-​70-​Standard erreichen. Heizen mit Holz in der Stadt ist mit Pellets einfach umsetzbar“, so Johannes Kasche, der tech­nische Planer der Anlage von Building Appli­ca­tions Inge­nieure. Ein BHKW als Alter­native wäre seiner Meinung nach zu teuer, außerdem eine Lebens­aufgabe wegen der anfal­lenden Pflege, Wartung und den Strom­ab­rech­nungen. Zudem sei es politisch vage, etwa wegen der Abgabe auf Eigenstromerzeugung.

Anla­gen­steck­brief:

  • Beheizte Fläche: 1.350 m²
  • ÖkoFEN-​Pelletkessel, 48 kW, Saugsystem
  • Heizlast: 40,6 kW
  • 2.000 Liter Puffer­speicher und Frischwasserstation
  • 3 Heiz­kreise: Fußbo­den­heizung 45 °C, Konvek­toren Remise 60 °C und Warmwasser
  • Pellet­lager im Keller mit Schräg­boden, 19 Tonnen Lager­vo­lumen, Raum­ent­nah­me­schnecke 6 m

Warum Erneu­erbare Energien, zu denen auch Pellets zählen, weltweit die wichtigst Ener­gie­quelle sind, unter­sucht Energieblogger-​Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Stromauskunft.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

4 Kommentare

  1. jogi54

    Da das wohl kein Brenn­wert­kessel ist, braucht es die hohe Abgas­tem­pe­ratur von 160°C gemäß Daten­blatt und wahr­scheinlich 68°C VL-​Temperatur, um Korrosion im Kessel zu vermeiden.
    Leis­tungs­mäßig kann der Kessel aber von 1648kW modulieren.

    Wie bei jeder Heizung kann man die VL-​Temperatur für den Heizkreis beliebig auf die nötige Tempe­ratur heruntermischen.
    Bei einer Heizlast von 30W/​m² bei einer ange­nom­menen Ausle­gungs­tem­pe­ratur von AT = ‑10°C ergibt sich bei einer AT = 0°C eine VL Tempe­ratur von ca 30°C, je nach Spreizung VL/​RL des FBH-​Kreises. Dabei dürfte der Kessel ca. auf Halblast, ~24kW, laufen. Die VL Tempe­ratur hat auf jeden Fall nix mit der Modu­lation des Kessels zu tun.

    LG jogi

    • Frank Urbansky

      Wie auch immer, das sind die Angaben der Installateure.

  2. jogi54

    Bei einer Heizlast von 30W/​m² erscheint mir die VL der Fußbo­den­heizung 45 °C als nicht realis­tisch (45°C ergäbe eine unrea­lis­tisch hohe Wärme­ab­strahlung, die überhaupt nicht zur Heizlast passt) und auch die Konvek­toren Remise sind mit 60 °C eher „ener­gie­ver­nichtend” ausgelegt.

    Passender wäre: 45°C Konvek­toren und 60°C für WW, und 35°C für die FBH.

    LG jogi

    • Frank Urbansky

      Da hast du recht, ich nehme mal an, das hängt mit der Pellet­heizung zusammen, die wird sich nicht so weit runter­mo­del­lieren lassen.

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