AAL-Systeme sollten leicht bedienbar bleiben. Foto: Dirk Dießel , dsl-factory

Check­liste für „Smartes Pflegezentrum“

von | 13. Februar 2019

Das Mün­che­ner IGT – Insti­tut für Gebäu­de­tech­no­lo­gie gibt monat­lich Tipps heraus, mit denen Mietern, Ver­wal­tern und TGA‐Ver­ant­wort­li­chen die Steue­rung der Haus­tech­nik leicht gemacht werden soll. Im Februar nun befas­sten sich die For­scher mit einem smarten Pflegeheim.

Viel wird über AAL (Ambient Assistend Living) gesprochen – der unter­stüt­zenden Technik, um Senioren/​-​innen zu ermög­lichen, möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben.

Was aber, wenn irgendwann doch der Umzug in ein Pfle­ge­zentrum ansteht? Sollte dort nicht auch unter­stüt­zende Smarthome-​Technik zum Wohle von sowohl Bewohnern als auch Pfle­ge­per­sonal einge­setzt werden? Und wenn ja: Was und wie viel …

Die Versor­gungs­lücke in der Pflege wächst“. Unter diesem Titel steht der Pfle­ge­report 2030 der Bertelsmann Stiftung und ist damit eine der aktuellen Veröf­fent­li­chungen für die Prognose der Zukunft der Pflegebranche.

Der Hinter­grund dazu liegt in der Kombi­nation aus demo­gra­phi­schen Wandel und damit in vielen Fällen stei­gender Pfle­ge­be­dürf­tigkeit sowie dem zuneh­menden Pfle­ge­kräf­te­mangel. Somit gibt es konkrete und brennende Frage­stel­lungen, wo und wie die Technik zur Reduktion dieser Versor­gungs­lücke beitragen kann.

Deshalb schreibt auch das Bundes­mi­nis­terium für Bildung und Forschung (BMBF) der Entwicklung und dem Einsatz der Mensch-​Technik-​Interaktion eine zentrale Rolle für die zukünftige Erhaltung der Qualität in der Pflege zu. Aus diesem Grund wurde die Initiative „Pfle­ge­inno­vation 2020“ gegründet. Diese fördert mit rund 15 Millionen Euro Forschungs- und Entwick­lungs­vor­haben zum inno­va­tiven Tech­nik­einsatz in der Pflege.

Unter­stützung durch Gebäudeautomation?

Welchen Beitrag kann die Gebäu­de­au­to­mation in diesem Umfeld leisten? Hier ein paar Beispiele:

  • Wohl­be­finden des Menschen: Luft­qua­lität und Beleuchtung haben einen direkten Einfluss auf die geistige und körper­liche Verfassung des Menschen. Was liegt also näher, die Luft­qua­lität zu über­wachen und einen zu hohen CO2-​Gehalt zu melden oder direkt eine Lüftungs­anlage einzu­schalten. Parallel kann eine HCL-​Beleuchtung (HCL – Human Centric Lighting) bewusst akti­vierend oder entspannend einge­setzt werden, in dem je nach Tages­szeit Licht mit unter­schied­lichen Licht­farben („kaltes Weiß“ vs. „warmes Weiß“) erzeugt wird.
  • Komfort­funk­tionen für die Bewohner: Beim Verlassen des Betts schaltet sich boden­nahes, gedimmtes Licht auto­ma­tisch ein und später auch wieder aus.
  • Unter­stützung des Pfle­ge­per­sonals: Feuch­tigkeit in Bett oder Rollstuhl wird erkannt und gemeldet. Ebenso das Verlassen des Betts von sturz­ge­fähr­deten Personen oder das Verlassen der Station von Demenzpatienten.

Im Detail kann man die bereits heute verfüg­baren tech­ni­schen Lösungs­mög­lich­keiten in folgende Kate­gorien unterteilen:

  • Klas­sische Raum­au­to­mation: Hierunter fallen viele auch aus dem Privat- oder Büro­be­reich bekannten Aspekte wie Beleuchtungsreglung/​HCL, Verschat­tungs­steuerung (inkl. Tages­licht­lenkung) oder Luft­qua­li­täts­re­gelung. Dabei gewinnen diese Aspekte im Pfle­ge­zentrum eine besondere Bedeutung, da viele Bewohner sich selber nicht ausrei­chend um Licht, Luft­qua­lität etc. kümmern können und Pfle­ge­per­sonal oft die entspre­chende Betreu­ungszeit fehlt. Hilfreich also, wenn die Auto­mation ein gesundes und komfor­tables Raumklima gewährleistet!
  • Zentral­funktion über Taster oder Bewe­gungs­sen­soren zur Span­nungs­frei­schaltung. Dies reduziert zum einen die Brand­gefahr, da schad­hafte elek­trische Geräte nach wie vor die häufigste Brand­ur­sache sind. Zusätzlich können Räume bzw. der Bett­be­reich feldfrei geschaltet werden („E‑Smog“) – ein in Bezug auf Metallgestell-​Betten mit inte­grierter elek­tri­scher Motorik unter­schätztes und daher ernst zu nehmendes Thema.
  • Zutritts­kon­troll­systeme für die Zimmer der Bewohner (inkl. Frei­schaltung für den jewei­ligen Bewohner und das Pflegepersonal)
  • Loka­li­sierung von Personen (zur Analyse der körper­lichen Bewegung, aber insbe­sondere auch Alarm­mel­dungen beim Verlassen der Station von Demenzpatienten)
  • Sturz­ver­meidung und –erkennung (d.h. bewe­gungs­ak­ti­vierte bodennahe Beleuchtung sowie Sensorik zur Sturz­er­kennung am Körper oder im Bodenbereich)
  • Sensorik in der Matratze zur Erkennung von erfor­der­lichen Posi­ti­ons­wechsel (zur Vermeidung von Wund­bildung) oder Feuch­tig­keits­er­kennung (Inkon­tinenz)
  • Vital­da­ten­er­fassung
  • Unter­stüt­zende Hebe­ak­torik (Lifter­systeme)
  • Doku­men­ta­ti­ons­an­for­de­rungen – insbe­sondere für das Pflegepersonal

Check­liste als Startpunkt

Was von den aufge­führten Anfor­de­rungen in einem konkreten Fall Sinn macht, ist indi­vi­duell zu entscheiden. Genau dazu wurde die erwähnte Check­liste erstellt. Diese zeigt die wesent­lichen Möglich­keiten, um sich indi­vi­duell dafür oder dagegen entscheiden zu können. Dabei wurde im Vorfeld die Umsetz­barkeit berück­sichtigt – d.h. die Check­liste führt nur auf, was auch technisch umsetzbar ist.

Die Check­liste kann hier herun­ter­ge­laden werden.

Der Tipp des Monats des IGT kann hier abon­niert werden.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
Quartiere: Der Schlüssel zur Wärmewende

Quartiere: Der Schlüssel zur Wärmewende

Die Energiewende im Gebäudesektor stellt Energieversorger, Städte, Wohnungsunternehmen und kommunale Akteure gleichermaßen vor eine zentrale Herausforderung: Wie kann die Transformation zu einem klimaneutralen Gebäudebestand bis spätestens 2045 gelingen – sozial...

Kommu­naler Wärmeplan: Finan­zierung bleibt kompliziert

Kommu­naler Wärmeplan: Finan­zierung bleibt kompliziert

Die kommunale Wärmeplanung ist ein entscheidender Baustein der Wärmewende. Sie erfordert umfangreiche Investitionen. Während große Städte vor allem die Fernwärme ausbauen, müssen kleinere Kommunen Alternativen zu Erdgas und Heizöl finden. Doch diese Vorhaben sind...

Nord-​Stream-​Leck größte jemals gemessene Methanfreisetzung

Nord-​Stream-​Leck größte jemals gemessene Methanfreisetzung

Die Explosion der Pipeline Nord Stream im Jahr 2022 war die bisher größte jemals gemessene Methanfreisetzung eines Einzelereignisses. Das wiesen Wissenschaftler mit Flügen über der Ostsee nach. Ende September 2022 traten durch die Beschädigung der Nord-Stream-Pipeline...

Serielles Bauen: Recht­liche Hürden bremsen großes Potenzial

Serielles Bauen: Recht­liche Hürden bremsen großes Potenzial

Auch die neue Regierung wird das serielle und modulare Bauen in der einen oder anderen Form forcieren, also Entwicklung und Anwendung fördern. Die Potenziale sind in der Tat groß. Es gibt aber auch deutliche Grenzen in der Anwendung dieser neuen, eigentlich jedoch...