Auch der Austausch von Ölkesseln wird weiterhin gefördert. Foto: intelligent-heizen.info Heizöl, Handwerk, Ölheizung, Heizungsbauer

Zwang zum Kessel­tausch: „Nett, aber wirkungslos“

von | 7. Juli 2014

Die in der neuen Ener­gie­ein­spar­ver­ordnung vorge­sehene Austausch­pflicht für Kessel, die älter als 30 Jahre sind, hätte die Heizgeräte-​Industrie vor Freude aufjaulen lassen müssen. Doch weit gefehlt.

Wir machen uns keine Illu­sionen, wenn das Austauschalter auf das Herstel­lungsjahr 1985 anstatt wie bisher auf 1978 gelegt wird. Das hat schon vorher nicht funk­tio­niert, warum sollte das jetzt funk­tio­nieren“, ist Andreas Lücke, Haupt­ge­schäfts­führer des Bundes­in­dus­trie­ver­bandes Deutschland Haus‑, Energie- und Umwelt­technik (BDH) mehr als skeptisch. Allein aufgrund des Bestands­schutzes für Bewohner, die seit 2002 in ihren Häusern oder Wohnungen mit eventuell veral­teten Geräten wohnten, seien 12 bis 13 Millionen Menschen davon ausge­nommen. „Das Ganze ist zwar nett, aber wirkungslos“, so Lücke. Statt einer Verschärfung fordert er Markt­an­reize. Sonst käme der Moder­ni­sie­rungs­prozess nicht in Gang.

In die gleiche Kerbe haut auch Andreas Müller, stell­ver­tre­tender Haupt­ge­schäfts­führer des Zentral­ver­bandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK): „Nach unserer Auffassung müssen Sanie­rungs­maß­nahmen flexibel einsetzbar sein, um den Eigen­tümern Entschei­dungs­spiel­räume unter Abwägung der wirt­schaft­lichen, finan­zi­ellen, demo­gra­fi­schen und lebens­wirk­lichen Bedin­gungen zu ermög­lichen. Ob ein Zwang zur Heiz­kes­sel­sa­nierung die Verun­si­cherung bei den Inves­toren auflösen wird, ist noch zu beweisen.“ Auch Müller sieht die Gefahr in den vielen Ausnah­me­re­ge­lungen. Vor allem für selbst­ge­nutzte Wohn­im­mo­bilien fehlten verläss­liche Rahmen­be­din­gungen, die für Investitions- und Planungs­si­cherheit sorgten. „Das Scheitern der steu­er­lichen Förderung, die unstete Ausstattung der CO2-​Gebäudesanierungsprogramme und die zuneh­mende Komple­xität und Büro­kra­ti­sierung der KfW-​Förderprogramme haben für die wachsende Verun­si­cherung der Immo­bi­li­en­be­sitzer und in der Folge für die Stagnation der Sanie­rungs­quote gesorgt“, so Müller. Gespannt dürfe man auch darauf sein, wie die Länder­ver­treter den Vollzug in ihren Bundes­ländern orga­ni­sieren wollen. Eine einheit­liche Linie sei derzeit nicht erkennbar. Dennoch kann er dem Beschluss etwas, wenn auch wenig, Gutes abge­winnen: „Der Bundes­rats­be­schluss zu den Austausch­fristen alter Heiz­kessel ist eine folge­richtige Fort­schreibung der bishe­rigen Regelung. Die EnEV sieht die Erneuerung eines Heiz­systems nach 30-​jähriger Nutzungs­dauer als generell wirt­schaftlich an. Diese Tatsache dürfte wohl unstreitig sein.“

Das sieht auch Jens Wich­termann, Leiter Unter­neh­mens­kom­mu­ni­kation bei der Vaillant Group, so: „Generell sind Maßnahmen zu begrüßen, die zur Stei­gerung der Ener­gie­ef­fi­zienz und zur Absenkung von CO2-​Emissionen in Gebäuden beitragen. Die Novel­lierung der EnEV im Punkt der Austausch­fristen alter Öl- und Gaskessel wird unserer Einschätzung nach aber zu keiner nach­hal­tigen Erhöhung der Moder­ni­sie­rungsrate bei alten Heiz­an­lagen führen.“ Auch er bemängelt die Ausnahmen und unter­stützt eine steu­er­liche Absetz­barkeit von ener­ge­ti­schen Sanie­rungen: „Dies würde zu einer deutlich spürbaren Dynamik im Markt führen.“

Kritik gibt’s auch vom Institut für Wärme und Öltechnik (IWO). „Wir sehen einige der Ände­rungen durchaus kritisch. Dazu zählt beispiels­weise die Austausch­ver­pflichtung von Konstant­tem­pe­ra­tur­kesseln, die älter als 30 Jahre sind. Obwohl ein solcher Kessel­tausch in vielen Fällen technisch und wirt­schaftlich sinnvoll ist, wider­spricht diese Vorgabe eindeutig dem Gedanken der Tech­no­lo­gie­of­fenheit. Wir setzen hier mehr auf eine gute Beratung und auf die freie Entscheidung des Haus­be­sitzers als auf das Ordnungs­recht“, erklärt Moritz Bellingen, Leiter Grund­satz­fragen beim IWO. Auch die Einführung von Effi­zi­enz­klassen auf der Basis der Endenergie neben der bisher üblichen Darstellung des Bandtachos, welcher auf der Basis der Primär­energie erstellt wird, sehe sein Institut kritisch: „Diese parallele Darstellung trägt sicher mehr zur Verwirrung als zur Infor­mation der Haus­be­sitzer bei. In jedem Fall hätte man hier für mehr Klarheit sorgen können, wenn man in beiden Darstel­lungen den Primär­ener­gie­bezug gewählt hätte.“

Wich­tigste Änderung der EnEV für Mine­ral­öl­händler und SHK-Gewerbe

Öl- und Gashei­zungen, die vor 1985 eingebaut wurden, müssen bis 2015 ausge­tauscht werden. Bisher galt diese Pflicht nur für Heizungen, die vor dem Jahr 1978 eingebaut worden sind. Dies gilt auch für die Folgejahre.

Ausnahmen: Besitzer, die das Haus oder die Wohnung bereits zum 1. Februar 2002 selbst bewohnt haben, müssen ihre Heiz­kessel nicht nach­rüsten. Grund­sätzlich ausge­nommen sind Brenn­wert­kessel und Niedertemperatur-​Heizkessel, die einen höheren Wirkungsgrad haben.

Titelild: intel​ligent​-heizen​.info

Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel.

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Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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