Gasspeicher der EWE in Nüttermoor. Foto: EWE

Scheitert Erdgas­um­stellung an zu wenig Monteuren?

von | 2. Oktober 2015

Die im Norden und Westen im August gestartete Umstellung von so genanntem L‑Gas auf höher kalo­ri­sches H‑Gas könnte vor ernsten Schwie­rig­keiten stehen. Bisher gebe es nur rund 40 quali­fi­zierte Monteure, um jährlich wie geplant 450.000 von insgesamt rund 4 Millionen Geräte umzu­stellen. Gebraucht würden aber über 600

So lautet das Fazit bei einem Treffen von rund 100 Markt­ak­teuren in Bielefeld zu diesem Thema. „Der Status quo reicht noch nicht aus, um die Anfor­de­rungen an Dienst­leis­tungs­ka­pa­zi­täten in den Jahren spätestens ab 2019 zu erfüllen”, so Randulph Noack, Geschäfts­führer der Stadt­werke Porta West­falica und Sprecher der Arbeits­ge­mein­schaft Erdgas­um­stellung (ARGE EGU).

Wir brauchen verbind­liche Zeit­punkte für alle Umstel­lungen, Perso­nal­aufbau und Kosten­si­cherheit. Auch der Gesetz­geber und die Bundes­netz­agentur sind noch gefragt”, so Michael Hübert, Geschäfts­führer der SWB Netz GmbH und ebenfalls Sprecher der ARGE EGU.

Bei der Erdgas­um­stellung liegt die besondere Heraus­for­derung darin, in einem Zeit­rahmen von wenigen Wochen sämtliche Gasver­brauchs­geräte im Netz­gebiet „H‑Gas-​fit” zu machen.

Weniger deutsches Gas als Ursache

Grund für die Umrüstung ist der drama­tische Rückgang der deutschen Förderung an Erdgas. Seit 2004 schrumpfte der Anteil von heimi­schen, insbe­sondere in Nieder­sachsen geför­derten Erdgas an der Gesamt­ver­sorgung von 20 auf unter 10 %. Da deutsches und nieder­län­di­sches Erdgas aus dem Feld Groningen, das ebenfalls vor einer dras­ti­schen Förder­re­du­zierung steht, eine andere Qualität (so genannten L‑Gas mit etwas nied­ri­gerem Ener­gie­gehalt) hat als Importgas aus Norwegen oder Russland (so genanntes H‑Gas), kommt auf die Gaswirt­schaft eine Umrüs­tungs­welle zu. Die betrifft zum einen die Netz­in­fra­struktur, zum anderen aber auch die Gaskessel von Kunden.

Kosten landen indirekt beim Kunden

Strittig ist auch die Frage der Kosten. Zwar beteuern die Netz­be­treiber die Umstellung kosteneutral zu halten. Dennoch werden wohl die Kosten von knapp 1,7 Milli­arden Euro von den Netz­be­treibern auf alle Netz­kunden verteilt. Bereits seit Anfang 2015 werde von den Markt­ge­biets­be­treibern Gaspool und NCG eine Markt­raum­um­stel­lungs­umlage erhoben, die von den Verteil­netz­be­treibern in das Netz­entgelt einge­rechnet werde. Das berichtet die Initiative Mittel­stand nach Infor­ma­tionen des Ener­gie­dienst­leisters Ispex AG. Daher werde diese von den Endkunden getragen, tauche jedoch nicht separat auf deren Gasrech­nungen auf. 

Geschrieben in mehreren Beiträgen für den Bund der Ener­gie­ver­braucher und unter anderem hier nach­lesbar.

Vorschaubild: Gasspeicher der EWE in Nüttermoor. Im Netz­gebiet dieses Versorgers erfolgen demnächst die ersten Umstel­lungen von L- auf H‑Gas. Foto: EWE

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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