Komfortable Steuerung aus der Ferne ist nur eine der Vorteile des Smart Home. Foto/Grafik: BDH

Alle Daten in die Cloud? IoT-​Plattformen auf dem Vormarsch!

von | 7. November 2018

Das Mün­che­ner IGT – Insti­tut für Gebäu­de­tech­no­lo­gie gibt monat­lich Tipps heraus, mit denen Mietern, Ver­wal­tern und TGA-Verant­wort­lichen die Steue­rung der Haus­tech­nik leicht gemacht werden soll. Im Oktober nun befas­sten sich die For­scher damit, wie Smart home mittels IoT-​Plattformen gestaltet werden können.

Wann stehen Sie morgens auf? Wann sind Sie norma­ler­weise zu Hause? Sind Ihre Fenster verschlossen oder gekippt? Die Antworten dazu kennt Ihr Smart Home über Sensoren wie Bewe­gungs­melder oder Fensterkontakte.

So verrückt das im Moment klingen mag: In der Zukunft werden viele Nut-​zer diese Daten frei­willig „in die Cloud“ über­tragen und zustimmen, dass weitere Dienst­leister wie Versi­cherer, Sicher­heits­dienste oder Paketzustel-​ler darauf zugreifen.

Kunden­sicht: Smart Home „gerne“, aber möglichst günstig bzw. kostenlos!

Derzeit zeichnen sich in der Gesell­schaft folgende parallele Trends ab:

  • Zum einen nimmt die Akzeptanz des „Smart Home“ zu. Hersteller von Smarthome-​Komponenten bzw. System­in­te­gra­toren verzeichnen eine zuneh­mende Nachfrage. Dabei hat der eigent­liche Massen­markt noch gar nicht begonnen. Eine Umfrage unter den Teil­nehmern vom Smart Home Kongress vor wenigen Tagen in Nürnberg hat ergeben, dass der Durch­bruch zum Massen­markt von den meisten Teil­nehmern im Jahr 2020 erwartet wird. Eine deutlich zuneh­mende Nachfrage steht also vor der Tür!
  • Ande­rer­seits sind Nutzer nicht bereit, für Software oder Dienste zu bezahlen. Während es Nutzer verstehen, dass man für „anfassbare“ Kompo­nenten wie Controller/​Gateway, Sensoren und Aktoren (also Taster, Präsenz­melder, Dimm- und Schal­taktoren, Stell­ventile für die Heizung etc.) Geld bezahlen muss, ist man in Bezug auf Apps, Dienste und Inter­net­an­bindung dahin­gehend verwöhnt, dass so etwas kostenlos ist.

Nun ist aber die Hardware nur das Fundament und die Software der eigent­liche Kern eines Smart Home. Und insbe­sondere die Software ist pfle­ge­intensiv (Support, Weiter­ent­wick­lungen, Updates etc.) und erzeugt einen erheb­lichen Aufwand. Hierzu hieß es von einem Refe­renten auf dem erwähnten Kongress: Hardware ist der Revenue-​Bringer; Software/​Dienste sind Ressourcen-Killer.

Nun ändern sich im Inter­net­zeit­alter die Geschäfts­mo­delle. Die neue Währung heißt „Kundenda-​ten“. Wenn ein Nutzer eines Smart Home bereit ist, Daten über sich bzw. sein Umfeld preis zu ge-​ben, gibt es zunehmend Dienst­an­bieter, die ihm dafür soft­ware­seitige Funk­tionen kostenlos anbie-​ten oder zumindest subventionieren.

Wenn ein Paket­zu­steller wüsste, wann jemand zu Hause ist, würde das helfen, Fehl­fahrten zu vermeiden. Wenn Versi­cherer wüssten, ob bei Ihnen trotz Abwe­senheit ein durch­gän­giger Wasser-​verbrauch vorliegt, könnte man teure Wasserrohrbruch-​Folgeschäden vermeiden. Wenn ein Si-​cherheitsdienst aufgrund der Daten von Fens­ter­kontakt und Präsenz­melder ableiten kann, dass ein Fenster von außen geöffnet wird, kann er Ihnen einen günstigen Einbruchs-​Präventionsdienst an-bieten.

Deshalb bilden sich derzeit cloud­ba­sierte „IoT-​Plattformen“ (IoT – Internet of Things). Diese Platt-​formen bieten an, möglichst viele Daten von Ihnen zunächst aufzu­nehmen und zu speichern. Zu diesen Daten dürfen Sie indi­vi­duell entscheiden, welcher weitere Dienst­leister diese Daten erhält. Dabei werden übli­cher­weise nicht die Rohdaten (d.h. tatsächlich der Fens­ter­zu­stand), sondern nur das Ergebnis einer Verar­beitung (z.B. „Fenster muss von außen geöffnet worden sein, da vorher keine Präsenz im Raum erkannt wurde“) weitergegeben.

Man braucht nicht viel Fantasie, um zu erkennen, dass diese Daten ausge­sprochen inter­essant für den krimi­nellen Miss­brauch sind. Für Einbruchs­banden wäre es extrem hilfreich zu wissen, wann und wie lange Personen abwesend sind und ob zeitglich sogar ein Fenster offen oder zumindest gekippt ist. Diese Miss­brauchs­gefahr wirkt sicher bremsend, aber wird den erwähnten Trend nicht komplett verhindern. Dass Nutzer bereit sind, Daten über sich preis­zu­geben – obwohl man regel-​mäßig von Datenklau und –miss­brauch liest – sieht man an den zuneh­menden Nutzer­zahlen von Facebook, Google, Amazon Echo („Alexa“) & Co.. Man kann nur hoffen und appel­lieren, dass die Betreiber der cloud­ba­sierten IoT-​Plattformen vertrau­ens­würdig sind und ausrei­chende IT-​Schutzmaßnahmen ergreifen.

Dass der beschriebene Trend keine Utopie ist, zeigen folgende, nicht voll­ständige, Beispiele:

  • Beispiel für die Weitergabe von Daten an einen Versicherer/​Sicherheitsdienstleister: Der Versi­cherer ERGO bietet in Koope­ration mit der Deutschen Telekom einen Schutz­brief ge-​gen Einbruch-​/​Wasserschäden
  • Beispiel für eine Online-​Plattform, die von Firmen nutzbar ist: Microsoft Azure
  • Beispiel für Software, mit der eine eigene Online-​Plattform betrieben werden kann: Soft-​ware „Niagara“ der Firma Tridium
  • Beispiel für eine lokales Gateway: Amazon Echo („Alexa“)

System­ar­chi­tektur

Abbildung 1 zeigt die dazu nötige System­ar­chi­tektur. Im Gebäude wird ein Controller oder womög-​lich auch nur ein Gateway benötigt. Über dieses Gerät können alle Sensoren und Aktoren im Ge-​bäude (also Fens­ter­kon­takte, Präsenz­melder etc. aber auch Aktoren) mit der im Internet positio-​nierten IoT-​Plattform kommu­ni­zieren. Die Anbindung der Sensoren/​Aktoren an Controller/​Gateway erfolgt zunehmend über funk­ba­sierte Systeme – alter­nativ ist auch eine kabel­ba­sierte Anbindung denkbar.

Abbildung 1: Systemarchitektur IoT-Plattform

Abbildung 1: System­ar­chi­tektur IoT-Plattform

Der Unter­schied zwischen Controller und Gateway ist folgender: Ein Controller kann auch eigene Regeln/​Funktionen ausführen (d.h. „Licht an“ bei Tasten­druck) und ist die übliche Variante. Ein Gateway hingegen vermittelt nur die Kommu­ni­kation zwischen Sensoren/​Aktoren und IoT-Plattform.

In Abbildung 1 ist im unteren Bereich bewusst ein Block für „Haus­halts­geräte“ aufge­nommen wor-​den. Nehmen wir als Beispiel den Herd: Wenn ein Online-​Shop wüsste, wie oft bei Ihnen gekocht wird (bzw. auch was), könnte er viel gezielter Werbung für Rezept­bücher oder passende Lebens-​mittel/​Gewürze etc. machen. Wer hier der Phantasie freien Lauf lässt, wird noch auf viele weitere „Geschäfts­mo­delle“ kommen. Dabei ist das nicht auf das private Gebäude beschränkt.

Auch die Nutzungs­daten von Kaffee­ma­schinen in der Cafeteria oder dem Drucker/​Scanner/​Kopierer im Büro können wertvolle Daten liefern …

Konse­quenzen

Als konkreter Tipp gilt zunächst, sich dieser Entwicklung bewusst zu sein und entspre­chende Mark-​tentwicklungen und Produkt­an­gebote wahrzunehmen.

Womöglich macht es auch Sinn, bei zukünf­tigen Instal­la­tionen zu berück­sich­tigen, dass eine späte-​re Anbindung an eine IoT-​Plattform möglich sein muss (falls diese später benötigt wird). Entschei-​dend für eine Einbindung in eine IoT-​Plattform wird sein, dass der Controller das entspre­chende Protokoll spricht – sinnvoll wäre hier eine Unter­stützung von MQTT und/​oder RESTful services (http, JSON etc.).

Der Tipp des Monats des IGT kann hier abon­niert werden.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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