Michaela Thiel, Head of Sustainability, und Bernhard Gerl, Manager Ecodesign und Circular Economy, setzen bei Körber auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Maschinenbau. Fotos: Körber AG

Wer den Heiz­öl­preis macht

von | 25. März 2014

1988 kostete Heizöl noch 37 Pfennig je Liter. Die Preise werden auch künftig kräftig steigen, weil die Nachfrage global steigt und die Reserven endlich sind. Welche Einfluss­fak­toren kurz­fristig den Heiz­öl­preis bestimmen, das erklärt Ener­gie­ex­perte Frank Urbansky.


Will man wissen, wie der Heiz­öl­preis in Deutschland entsteht, sollte man nicht in den Himmel, sondern nord­westlich Richtung Nordsee schauen. Denn dort findet man die größte Raffi­ne­rie­dichte auf dem euro­päi­schen Kontinent. Im Raum Antwerpen-​Rotterdam-​Amsterdam, kurz ARA genannt, werden auch die Preise für das deutsche Heizöl gemacht.
In den großen Seehäfen, allen voran Rotterdam, werden riesige Mengen Rohöl ange­landet. Das Öl kommt von verschie­denen Feldern in der Nordsee, aus Nord­afrika und anderen über­see­ischen Förder­ge­bieten. Zum einen wird dieses Rohöl an Raffi­nerien außerhalb des ARA-​Raumes weiter­ge­leitet. Zum anderen wird es dort – auch für den deutschen Markt – direkt zu Benzin, Diesel oder Heizöl verar­beitet. Diese Produkte kommen dann per Pipeline oder Schiff über den Rhein nach Deutschland.
Preis­be­stimmend sind die Ölpreise an den Rohstoff­börsen, die sich aus Angebot und Nachfrage bestimmen. Dort werden die Preise für kurz­fristige Liefe­rungen (Spots) und lang­fristig in der Zukunft zu liefernde Menge (Termin) ausge­handelt. Deren Preise wiederum richten sich nach Erwar­tungen, die Käufer und Verkäufer für die künftige Preis­ent­wicklung von Heizöl haben (siehe Fakten, die den Heiz­öl­preis prägen).
Auch die Lager­haltung beein­flußt den Preis. 30 Millionen Kubik­meter Tankraum sowohl für Rohöl als auch für Produkte wie Heizöl hat der ARA-​Raum. Das würde reichen, um Deutschland vier Monate mit Rohöl zu versorgen. Diese Lager gehören über­wiegend Rohstoff-​Handelshäusern oder sogar Banken. Sie speichern zu günstigen Preisen ein, verknappen dadurch das Angebot und treiben damit den Preis nach oben. Sind die Tanks randvoll, dann wird zu den hohen Preisen verkauft und Kasse gemacht. Das Über­an­gebot lässt die Preise fallen und das Spiel kann von vorn beginnen. Nur Monopoly ist schöner.
Der Markt­macht der niederländisch-​belgischen Raffi­ne­rie­land­schaft und der dortigen Lager­be­treiber haben die deutschen Rohöl-​Raffinerien wenig entge­gen­zu­setzen. Zum Vergleich: Allein am Standort Antwerpen können von den dortigen vier Raffi­nerien gut 42 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr verar­beitet werden. Das ist die Hälfte dessen, was alle elf deutschen Raffi­nerien zusammen leisten können. Hinzu kommt noch der Preis­druck, den Raffi­nerien in Russland oder Indien ausüben, die deutlich günstiger produ­zieren.
Was der ARA-​Raum an Produkt­preisen vorgibt, kann von deutschen Markt­teil­nehmern kaum über‑, geschweige denn unter­boten werden. Deswegen klagen die Raffi­ne­rie­be­treiber hier­zu­lande schon seit Jahren über schwin­dende Margen. Grund sind der starke Konkur­renz­kampf der von den Ölmultis betrie­benen Raffi­nerien unter­ein­ander und die im Laufe der Zeit deswegen aufge­bauten Über­ka­pa­zi­täten. Einige Raffi­nerien schlossen bereits (Wilhelms­haven und Bayernoil Ingol­stadt) oder wurden nach Insolvenz von potenten auslän­di­schen Inves­toren aufge­kauft (so die RuhrOel GmbH Gelsen­kirchen zur Hälfte an Rosneft und Petronord-​Raffinerie Ingol­stadt von dem russisch geprägten Ölhändler Gunvor).
Geschrieben für ener­gie­de­pesche 1/​2014, heraus­ge­geben vom Bund der Ener­gie­ver­braucher. Der voll­ständige Beitrag ist hier zu lesen.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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