Waghalsige Konstruktion, aber funktioniert - in Griechenland muss sich niemand mit Verbrennungsverboten rumschlagen. Foto: Urbansky

Wie man Verbren­nungs­verbote verbieten kann

von | 10. Dezember 2015

Die Bundes­re­gierung und die Länder machen es möglich: Kommunen können weit­gehend Anschluss­zwänge in ihrem Rechts­be­reich durch­setzen. Keine guten Nach­richten für die freie Wahl des Brenn­stoffs und der Heiz­technik. Doch gänzlich chan­cenlos muss man sich nicht geschlagen geben. 

Pauschale, bundes­weite Verbote von Ener­gie­trägern zur Wärme­ver­sorgung sind in Deutschland kaum zu erwarten. Doch Gefahren für mobile Ener­gie­träger wie Heizöl, Kohle oder Holz lauern dennoch. Denn die Bundes­re­gierung hat die Kompetenz für Anschluss­zwänge und Verbren­nungs­verbote ab 2012 an die Länder bzw. Kommunen delegiert. Ganz nach dem föderalen Prinzip hier­zu­lande. Eine Vorge­hens­weise, die es nicht immer leichter oder gar über­sicht­licher macht.

Die Kommunen wiederum setzen vor allem auf Anschluss- und Benut­zungs­zwänge, aber auch auf direkte Verbren­nungs­verbote, unter anderem auch in Bebau­ungs­plänen oder Kauf­ver­trägen. Hier sollen vor allem lokale Anbieter von Fernwärme und in einigen Fällen auch von Erdgas, meist in Besitz der Kommunen, gepuscht werden. Beim Kartellamt ist dies hinsichtlich der Fernwärme schon sauer aufge­stoßen. Bei den Fern­wär­me­sat­zungen selbst ist, im Gegensatz zu Bebauungs- oder Luft­rein­hal­te­plänen, eine Betei­ligung der Öffent­lichkeit nicht zwingend vorgeschrieben. 

Fernwärme ist aus zwei wichtigen Gründen außer in dicht besie­delten Gebieten keine lang­fristig sinnvolle Option. Zum einen sinkt der Wärme­bedarf der Gebäude, wodurch die Ener­gie­ver­luste des Netzes in Relation zur genutzten Energie konti­nu­ierlich steigen. Die Effizienz der Fern­wär­me­ver­sorgung wird also immer geringer. Zum anderen ist eine Voraus­setzung für einen ökolo­gisch und ökono­misch sinn­vollen Betrieb der Netze, dass die einge­speiste Wärme aus KWK-​Anlagen stammt. Wegen des enormen Ausbaus der erneu­er­baren Strom­erzeugung aus Sonne und Wind gibt es aber immer geringere sinnvolle Einsatz­zeiten für KWK-Anlagen. 

Öffent­lichkeit bleibt draußen

Ein gene­reller Ausschluss der Öffent­lichkeit gilt für die Brenn­stoff­ver­ord­nungen. In einigen Ländern können Kommunen diese erlassen und bestimmte Brenn­stoffe ausschließen – ohne jegliche Betei­ligung der Bürger. Bei dieser Art von Verordnung ist eine Teilnahme der Einwohner wie bei den Bebau­ungs­plänen nicht vorge­sehen. Hier bleibt nur die Möglichkeit der unmit­tel­baren Einfluss­nahme auf einen Kommu­nal­po­li­tiker oder der Klageweg als direkt Betroffener. 

Ähnlich geheim­nisvoll ist die Lage bei direkten Grund­stücks­kauf­ver­trägen der Kommunen an neue Eigen­tümer. Hier gibt es ebenso keine Öffent­lichkeit. Die Kommune kann nach Gutdünken Verbren­nungs­verbote oder Anschluss­zwänge in diesen Verkäufen verankern. Vor Unter­schrifts­leistung sollten Inter­es­senten genau den Vertragstext auf etwa enthaltene Bestim­mungen mit Bezug auf die Wärme­ver­sorgung studieren. Denn ist der Vertrag erst einmal unter­schrieben und würde das eventuell enthaltene Verbren­nungs­verbot durch eine Grund­dienst­barkeit gesichert, gäbe es kaum eine Chance, aus dieser Verpflichtung herauszukommen.

Ökotrick Luft­rein­haltung

Luft­rein­hal­te­pläne sind bei Kommunen ebenfalls gängig. Hier ist aller­dings eine Betei­ligung der Öffent­lichkeit vorge­schrieben. Jeder kann also seine Einwände per Einspruch oder Stel­lung­nahme vorbringen. Für die Kommunen sind sie ein probates Mittel, quasi über die Hintertür Heizöl, Holz oder Kohle, aber eventuell auch Erdgas zum Brenn­stoff non grata zu erklären. Übrig bleiben da nur rege­ne­rative Quellen außer eben Holz. 

Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel und aktua­li­siert für diesen Blog. Der voll­ständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 05/​2013 zu lesen. Zum kosten­freien Probeabo geht es hier.

Vorschaubild: Waghalsige Konstruktion, aber funk­tio­niert – in Grie­chenland muss sich niemand mit Verbren­nungs­ver­boten rumschlagen. Foto: Urbansky

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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