Blockchain und darauf beruhende Kryptowährungen wie Bitcoin brauchen viel Energie. Foto: MasterTux / Pixabay

Bitcoin kann Ener­gie­krise auslösen

von | 9. Juli 2019

In einigen Ländern herrscht aufgrund des Bitcoin-​Minings bereits ein Mangel an Elek­tri­zität für die Bevöl­kerung. In Island, China und Kanada sind bereits Probleme aufgrund der Verbreitung solcher Indus­trien begonnen. Experten warnen, dass Länder mit kaltem Klima und niedrigen Strom­ta­rifen auf den Zustrom von Minern warten, und dass die Ausbreitung von Mining-​Betrieben die Strom­kosten für alle Verbrau­cher­ka­te­gorien erhöhen wird.

In Island wird der Strom­ver­brauch von Mining-​Zentren bereits in diesem Jahr den Ener­gie­ver­brauch der gesamten Bevöl­kerung des Landes über­steigen, sagte Johann Snorri Sigur­bergsson, ein Vertreter des örtlichen Ener­gie­un­ter­nehmens HS Orka, in einem Interview mit der BBC. In Island leben nur etwa 340.000 Menschen. Der Strom im Land wird haupt­sächlich aus erneu­er­baren Quellen erzeugt. Der jährliche Ener­gie­ver­brauch des Landes liegt bei rund 700 Giga­watt­stunden (GWh). Alle bereits exis­tie­renden und geplanten Mining-​Projekte – für Computer und Kühl­systeme – werden nach Schät­zungen von HS Orka 840 GWh benötigen.

Probleme auch in China und Kanada

Island ist nicht das erste Land, das aufgrund des Minings auf Ener­gie­pro­bleme stößt. Chine­sische Medien schrieben über ähnliche Schwie­rig­keiten im vergan­genen Jahr. In einigen Regionen der VR China begannen Klein­was­ser­kraft­werke, zum Nachteil der Bevöl­kerung billigen Strom an Mining-​Unternehmen zu verkaufen. Besonders auffällig wurde es in Zeiten der Wasser­knappheit, also im Winter.

Kanada hat auch schlechte Erfah­rungen mit der Anwerbung der Miner gemacht. Im Januar schrieben viele Fach­pu­bli­ka­tionen, dass die Provinz Quebec ein echtes Klondike für Miner werden könnte, die von Ener­gie­ein­schrän­kungen aus China verfolgt werden. In dieser Region konzen­trierten sich 40% des gesamten Wasser­po­ten­tials Kanadas. Das staat­liche Unter­nehmen Hydro-​Quebec gab seine Absicht bekannt, das lokale Wasser­kraft­po­tenzial aktiv zu erschließen, und kündigte am 1. April 2018 die Einführung rentabler Tarife für Groß­ver­braucher an: zu einem Durch­schnitts­preis für einen Einwohner. Aber das Unter­nehmen erhielt eine solche Anzahl von Anfragen von poten­zi­ellen Verbrau­chern, dass es beschloss, die dies­be­züg­lichen Akti­vi­täten zu reduzieren.

Nur kalte Länder attraktiv

Zu den attrak­tivsten Ländern für Mining gehören Kanada, China, die Schweiz und Island, wo Strom am billigsten und das Klima nicht besonders heiß ist. Am wenigsten attraktiv sind Australien, Uganda, Japan und das Verei­nigte Königreich.

Das Mining ist in Ländern mit erheb­lichen staat­lichen Subven­tionen im Ener­gie­sektor und niedrigen Zöllen am viel­ver­spre­chendsten. Darüber hinaus ist das kühle Klima wichtig, das zur Kühlung der Geräte beiträgt.

Das „teuerste” Land für Mining ist Südkorea (26.170 USD für 1 Bitcoin). In China werden die Kosten für den Abbau von 1 BTC zu Durch­schnitts­preisen 3.172 USD betragen, was fast neunmal billiger ist. In Russland belaufen sich die Kosten für den Abbau eines Bitcoin bei den derzei­tigen Strom­ta­rifen auf 4.675 US-Dollar.

Schon in naher Zukunft wird die Ausbreitung des Minings zu einer Erhöhung der Strom­tarife führen, und nicht alle Staaten werden das Mining auf ihrem Terri­torium und in Bezug auf ihre Ressourcen unterstützen.

Mining ein Irrweg?

Unter dem Gesichts­punkt der Verteilung der Ener­gie­res­sourcen auf der Erde könnte es ein volks­wirt­schaft­licher Irrweg sein, so viel Strom für die Produktion virtu­eller Währungen auszu­geben, nur um ein neues Abwick­lungs­in­strument zusätzlich zu den bereits vorhan­denen und ein weiteres Instrument für Speku­la­tionen zu erhalten.

Einer­seits deutet die Entwicklung der Kryp­to­währung in der Welt darauf hin, dass der Ener­gie­ver­brauch im Zusam­menhang mit dem Mining zunehmen wird, ande­rer­seits beginnen viele die Sinn­lo­sigkeit einer endlosen Stei­gerung der Kapazität und des Ener­gie­ver­brauchs zu begreifen.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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