Foto: Armin Kübelbeck / Wikimedia / Linzenz unter CC-BY-SA

Lange Sanie­rungs­zyklen bremsen Wärmewende

von | 8. Oktober 2015

Im aktuellen Wärme­mo­nitor 2014 geht das Deutsche Institut für Wirt­schafts­for­schung (DIW) und der Ener­gie­dienst­leister ista davon aus, dass der Sanie­rungs­zyklus bei Wohn­ge­bäuden in Deutschland bei rund 75 Jahren liegt. Das ist deutlich länger als bisher angenommen.

Dies hat einen Vorteil für die zukünf­tigen Ener­gie­bi­lanzen und CO2-​Emissionen. Denn die vergleichs­weise große Anzahl von Nach­kriegs­ge­bäuden fällt demnächst in eben jenen 75jährigen Zyklus. Vor allem im Westen Deutsch­lands ist daher weiterhin mit einem erheb­lichen Sinken des Ener­gie­be­darfs zu rechnen. In den neuen Ländern dürfte sich, da hier der Neubau­zyklus erst Anfang der 90er Jahre begann, kaum zusätz­liche Dynamik in der ener­ge­ti­schen Sanierung entwi­ckeln. Hier ist eher mit einer Stagnation bis Mitte des Jahr­hun­derts zu rechnen.

Daraus leiten die Wissen­schaftler 3 Schlüsse ab:

  1. Sanie­rungs­ak­ti­vi­täten sollten bereits heute die vorhan­denen Effi­zi­enz­stei­ge­rungs­po­ten­ziale best­möglich ausnutzen. Die Gebäude dürften nach einer erfolgten Sanierung – sollte 
  2. es nicht zu grund­le­genden tech­ni­schen Neue­rungen kommen – auf lange Zeit nicht mehr grundhaft erneuert werden.
  3. Bereits sanierte Gebäude werden in den kommenden Jahren in diesem Zustand bewohnt. Auch in diesen Gebäuden sind weitere Ener­gie­ein­spar­po­ten­ziale vorhanden, die nicht ungenutzt gelassen werden sollten. Aller­dings liegen diese nicht in der umfas­senden Verbes­serung der Gebäu­de­sub­stanz, sondern sind eher in klein­tei­ligen Opti­mie­rungen zu sehen. Dazu gehören hydrau­li­scher Abgleich, Opti­mierung der Heizungs­ein­stel­lungen, Ersatz alter und verbrauchs­in­ten­siver Heizungs­pumpen, Ergänzung bestehender Anlagen­technik mit alter­na­tiven Elementen der Wärme­er­zeugung, beispiels­weise Solar­thermie zur Warmwasserbereitung. 

Auch beste Effi­zi­enz­stan­dards entfalten nur geringe Wirkung, wenn die Bewohner der Gebäude kein Bewusstsein für den Ener­gie­ver­brauch, das Heizungs­ver­halten und die entste­henden Kosten entwi­ckeln. Trans­parenz über Kosten und Ener­gie­ver­brauch herzu­stellen, Verbraucher regel­mäßig, auch unter­jährig zwischen den Neben­kos­ten­ab­rech­nungen, zu infor­mieren und damit ihr Verhalten zu beein­flussen ist in Anbe­tracht der Länge der Sanie­rungs­zyklen ebenso ein wichtiger Schlüssel.

Noch zu den Zahlen: Der Heiz­ener­gie­bedarf in Mehr­fa­mi­li­en­häusern ging deutsch­landweit gegenüber der Abrech­nungs­pe­riode 2013 um 2,7 % zurück, was etwa 3,4 kWh/​m2 und Jahr, entspricht. Für die Unter­su­chung wurden die Abrech­nungs­er­geb­nisse von 300.000 Wohnungen herangezogen.

Vorschaubild: Dach­decker beim Verlegen von Stein­wol­le­matten zur Dach­iso­lierung an einem Altbau. Foto: Armin Kübelbeck /​Wikimedia /​Linzenz unter CC-BY-SA

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. Jan Gesthuizen

    Ich hoffe ja mal das Heizungs­label & Co. hier etwas ändern. Wobei die ja eigentlich eher Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häuser adres­sieren. Im Mehr­fa­mi­li­enhaus sehe ich derzeit keine besonders ambi­tio­nierten Maßnahmen die etwas bewirken könnten. 

    Grund­sätzlich läuft das mit EnEV, MAP & Co irgendwie nicht rund. Wir haben zum Beispiel gerade Daten bekommen, die darauf hinweisen, dass die Instru­mente weitest­gehend nutzlos sind:
    http://​www​.sonne​wind​waerme​.de/​s​o​l​a​r​t​h​e​r​m​i​e​-​b​i​o​e​n​e​r​g​i​e​-​w​a​e​r​m​e​p​u​m​p​e​/​s​a​g​t​-​h​a​n​d​w​e​r​k​-​o​e​l​k​e​s​s​e​l-boom

    • Frank Urbansky

      Wohl wahr, die Statis­tiken des BDH verheißen ja ganz ähnliches.

EnWiPo
EnWiPo
Wärme­pumpe funk­tio­niert auch im Mehrfamilienhaus

Wärme­pumpe funk­tio­niert auch im Mehrfamilienhaus

Mit dem geplanten Wegfall oder der Abmilderung des Gebäudeenergiegesetzes und der Einführung eines neuen Regelwerks zur Emissionseffizienz deutet sich ein grundlegender Wandel in der Gebäudepolitik der neuen Bundesregierung an. Künftig soll nicht mehr allein die...

Backbone oder Baustelle der Energiewende?

Backbone oder Baustelle der Energiewende?

Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende – überall dort, wo Elektronen an ihre physikalischen oder wirtschaftlichen Grenzen stoßen und Moleküle unverzichtbar werden. Politische Programme sprechen vollmundig von einem Wasserstoffzeitalter. Der...

Backbone oder Baustelle der Energiewende?

Backbone oder Baustelle der Energiewende?

Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende – überall dort, wo Elektronen an ihre physikalischen oder wirtschaftlichen Grenzen stoßen und Moleküle unverzichtbar werden. Politische Programme sprechen vollmundig von einem Wasserstoffzeitalter. Der...