Seit Mai 2014 ist der Energieausweis bei der Immobilienvermarktung Pflicht. Foto: jarmoluk/pixabay.com

Immo­bi­li­enboom: Ener­gie­ef­fi­zienz für Vermarktung unwichtig

von | 5. August 2016

Steigende Ener­gie­kosten, knappe Ressourcen: Spätestens seit Inkraft­treten der EnEV 2014 nimmt der Gesetz­geber auch Immo­bi­li­en­ei­gen­tümer beim Thema Ener­gie­sparen stärker in die Pflicht. Laut einer aktuellen Studie spielt die Ener­gie­ef­fi­zienz bei der Vermarktung von Immo­bilien jedoch nur eine geringe Rolle. 

Ener­gie­ausweis & Co − das fordert die EnEV

Seit der Neuerung der Ener­gie­ein­spar­ver­ordnung (EnEV) vom 1. Mai 2014 müssen Eigen­tümer, die eine Immobilie verkaufen oder vermieten möchten, schon bei Besich­ti­gungs­ter­minen unauf­ge­fordert einen Ener­gie­ausweis vorlegen. Darüber hinaus haben sie die Pflicht, die wich­tigsten Werte über die Ener­gie­ef­fi­zienz bereits im Immo­bi­li­en­in­serat anzugeben. Bei Miss­achtung riskieren Immo­bi­li­en­ei­gen­tümer seit 1. Mai 2015 ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro. Denn die Bundes­länder führen regel­mäßig stich­punkt­artige Kontrollen durch und prüfen Ener­gie­aus­weise auf ihre Korrektheit.

Nur bestimmte Fachleute sind berechtigt, einen Ener­giepass auszu­stellen. Dazu zählen beispiels­weise Archi­tekten, Inge­nieure und ausge­bildete Ener­gie­be­rater – aber auch Elek­tro­tech­niker und Schorn­stein­feger mit entspre­chender Ausbildung. Online kann man einen Ener­gie­ausweis hier bestellen.

Durch die Ener­gie­ein­spar­ver­ordnung haben Eigen­tümer die Pflicht, eine gewisse Ener­gie­ef­fi­zienz ihrer Immobilie zu gewähr­leisten: Entspricht beispiels­weise die Dämmung der obersten Geschoss­decken nicht dem Mindest­wärm­schutz gemäß DIN 41082:201302, muss nach­ge­rüstet werden. Auch hier drohen bei Nicht­ein­haltung Bußgelder. Es gibt aber auch Ausnahmen: Wer bereits schon im Februar 2002 in seinem eigenen Einfa­mi­li­enhaus wohnte, muss nicht sanieren. Eigen­tümer eines neu erwor­benen Hauses haben zwei Jahre Zeit, ihr Haus zu dämmen und – falls der vorhandene Heiz­kessel bis Ende 1984 dort eingebaut wurde – den Heiz­kessel gegen ein neues Modell auszutauschen.

Sanierung nur, um Anfor­de­rungen der EnEV zu erfüllen

Einer aktuellen Studie zufolge spielt der ener­ge­tische Zustand der Wohnung oder des Hauses für die Immo­bi­li­en­ver­marktung eine unter­ge­ordnete Rolle. Laut dem Markt­mo­nitor Immo­bilien 2016 von immowelt​.de raten mitt­ler­weile fast ein Drittel der Makler von Sanie­rungs­maß­nahmen ab. Das sind 10 Prozent mehr als noch im Jahr 2014. Der Grund hierfür ist die anhaltend große Nachfrage auf dem Immo­bi­li­en­markt. Insbe­sondere in Groß­städten und in anderen Ballungs­räumen können sich Verkäufer diese Inves­ti­tionen häufig sparen.

40 Prozent der Makler geben für diese Regionen sogar an, dass die Ener­gie­ef­fi­zienz keine oder kaum Auswirkung auf die Vermarktung hat. Zwar lässt sich durch eine umfang­reiche Sanierung mögli­cher­weise ein höherer Kauf- oder Mietpreis erzielen, die Anfor­de­rungen sind aber durch die EnEV so stark gestiegen, dass sich dies finan­ziell kaum rentiert. Immo­bi­li­en­profis raten daher nach wie vor zu den klas­si­schen Sanie­rungs­maß­nahmen, die sich auch mit dem gesetz­lichen Mindest­standard decken. Über die Hälfte der befragten Immo­bi­li­en­profis (59 Prozent) empfiehlt vor dem Verkauf einer Immobilie die Dämmung des Dachs. Maßnahmen zur Wärme­schutz­ver­glasung halten 41 Prozent der Makler für sinnvoll, dicht gefolgt vom Einbau einer Brenn­wert­heizung (40 Prozent).

Seit Beginn der Studie im Jahr 2010 haben noch nie weniger Makler zur Sanierung geraten als bei der dies­jäh­rigen Befragung. Nicht nur der Nach­fra­ge­überhang auf vielen deutschen Immo­bi­li­en­märkten macht einen zusätz­lichen Kauf­anreiz wie eine ener­ge­tische Immo­bi­li­en­sa­nierung über­flüssig. Auch zins­günstige Kredite und attraktive Kondi­tionen für Wohn­ei­gentum tragen dazu bei.

KfW und BAFA fördern Energieeffizienz

Um dieser Entwicklung entge­gen­zu­steuern, fördert die Bundes­re­gierung bestimmte Sanie­rungs­maß­nahmen mit finan­zi­ellen Zuschüssen und zins­güns­tigen Krediten. Wie hoch die Förderung ausfällt, hängt von der Effizienz der Maßnahme ab. Die Kredit­an­stalt für Wieder­aufbau (KfW) beispiels­weise unter­stützt Unter­nehmen und Privat­per­sonen bei der ener­ge­ti­schen Sanierung und bei ener­gie­ef­fi­zi­entem Bauen.

Die Formel für die Förderung ist simpel: Je geringer der Ener­gie­bedarf der Immobilie, desto höher der Tilgungs­zu­schuss. Lässt ein Eigen­tümer beispiels­weise sein Haus neu decken und im Zuge dessen auch eine Aufspar­ren­dämmung durch­führen, kann er hierfür die KfW-​Förderung 430 in Anspruch nehmen. Bei diesem Förder­pro­gramm werden 10 bis 25 Prozent der förder­fä­higen Kosten, jedoch maximal 18.750 Euro, erstattet.

Das Bundesamt für Wirt­schaft und Ausfuhr­kon­trollen (BAFA) fördert Solar­thermie auf dem Dach: Wird eine Anlage zur kombi­nierten Warm­was­ser­be­reitung und Heizungs­un­ter­stützung instal­liert, erhalten Eigen­tümer mindestens einen Zuschuss von 2.200 Euro. Einzige Auflage: Der Puffer­speicher muss über ein bestimmtes Mindest­vo­lumen verfügen. Anders als beim KfW-​Kredit kann der Antrag auch noch gestellt werden, nachdem die Anlage instal­liert wurde.

Unab­hängig von der Frage, ob eine ener­ge­tische Sanierung die Vermark­tungs­chancen einer Immobilie erhöht: Wer seine Immobilie auf lange Sicht selbst bewohnen möchte, macht sich mit Sanie­rungen, die über die EnEV hinaus­gehen, ein Stück weit unab­hängig von den schwan­kenden Energiepreisen.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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