Die Sektorkopplung, also die Kompatibilität aller drei großen Energiebereiche Mobilität, Wärme und Stromerzeugung auf Grundlage Erneuerbaren Stroms, geht nicht nur im volkswirtschaftlichen Maßstab, sondern auch im kleinen.
Hausbesitzer landauf, landab kombinieren schon jetzt ihre Heizungen mit erneuerbare Wärme, meist Solarthermie oder Holzprodukte wie Kaminholz oder Pellets. Doch auch Strom lässt sich in eine Heizung einkoppeln.
Das technische Prinzip ist denkbar einfach. Der Warmwasserspeicher, über den alle fossilen Heizungstypen mit Ausnahme der Durchlauferhitzer verfügen, nimmt überschüssigen Ökostrom auf, der sonst abgeregelt werden müsste. Nennt sich Power-to-Heat und ähnelt technisch einem Tauchsieder, der in den Warmwasserspeicher integriert wird.
Allerdings ist dieser Tauchsieder intelligent und erkennt, wann überschüssiger Strom im Netz zur Verfügung steht. Und das waren 2015 eine ganze Menge. Allein durch Gefahrenabwehr eines Blackouts, der durch schwankende Einspeisungen von Erneuerbaren Energien ins Stromnetz, aber nicht nur dadurch, entsteht, wurden schätzungsweise eine Milliarde Euro aufgewendet.
Zudem wurden Leistungen von rund 2,7 TWh, meist bei Windanlagen, abgeschaltet werden, so die Bundesnetzagentur. Die daraus resultierenden Entschädigungen dürften mehr als 300 Millionen Euro betragen. Endgültige Zahlen liegen noch nicht vor.
Das System also gleich drei Fliegen mit einer Klappe:
- Fossile Energieträger werden eingespart
- Überschüssiger Öko-Strom wird abgeschöpft
- Die Netze bleiben stabiler
Bezahlt macht sich bisher aber nur der erste Punkt, der allerdings auch finanziell gesehen am geringsten ausfällt. Denn kleinen Haus- und Heizungsbesitzern ist es nicht möglich, am Regelenergiemarkt teilzunehmen, sie profitieren also nicht von niedrigsten, gar negativen Strompreisen und von der Regelenergie-Prämie. Denn die gilt erst für Verbraucher und Bezieher ab 5 MW Leistung.
Politisch gibt es derzeit keine Anstalten, dies zu ändern. Allerdings könnten sich viele Hausbesitzer zu einem virtuellen Kraftwerk zusammenschließen und so die Regelmarkt-Eintrittsbarriere übersprungen. So etwas plant derzeit die ARGE Netz, die bereits jetzt schon 3.500 MW Leistung aus dezentralen, kleinen Erzeugern zu virtuellen Kraftwerken bündelt.
Eine weitere Möglichkeit ist die Einbindung eigens erzeugten PV-Stroms in die Heizung. Dies lohnt sich mit Sicherheit dann, wenn die Förderungen nach EEG nicht mehr attraktiv sind oder bei Altanlagen auslaufen. Das dürfte in den kommenden fünf bis sechs Jahren massenhaft der Fall sein. Ein Praxistest in Berlin mit einer 6,4 kW (peak)-Anlage kann schon jetzt in den Sommermonaten den kompletten Warmwasserbedarf abdecken und – je nach Sonneneinstrahlung – im Winter 5 bis 10 % der Heizlast.
Und – das jedoch setzt die Flexibilität der Energieversorger voraus – man könnte günstige Tarife wie früher den Nachtspeicherstrom nutzen. Dummerweise wurden diese von den meisten Versorgern mangels Nachfrage in den letzten Jahren abgeschafft. Aber wo ein Markt ist, wird es auch passende Tarife geben.
Über die Potentiale der Sektorenkopplung in Folge der Pariser Klimakonferenz schreibt Energieblogger-Kollege Olof E. Matthaei hier auf seinem Blog Energie effizient sparen.
Hallo Herr Urbansky,
vielen Dank für das Bild vom Tauchsieder! Mein Vater war einer der Pioniere in der Entwicklung des alltagstauglichen Tauchsieders. Demzufolge hat das von ihm 1924 gegründete Unternehmen Stiebel Eltron sich in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens ausschließlich mit der Entwicklung von Wärmeerzeugern unter Verwendung von Direktstrom befasst. Als Alternative stand ja nur der Kohleofen oder ‑herd zur Verfügung. Gas fand erst später flächendeckende Verwendung.
Seit über 40 Jahren sind wir jetzt marktführend bei der Entwicklung und Vermarktung von Wärmepumpen.
Auch wenn der Tauchsieder als „Heizstab oder Heizkörper” zur Nutzung von volatilem Strom eine Renaissance erlebt, empfehlen wir heute die Wärmepumpe als effizientere Technologie zur Wärmeerzeugung. Aber wer weiß… vielleicht haben wir eines nicht so fernen Tages sooo viel volatile EE zur Verfügung, daß auch der Tauchsieder Wiederauferstehung feiert.
Viele Grüße
Ulrich Stiebel
Danke, Herr Stiebel, für den freundlichen Kommentar. Sicher – die Wärmepumpe ist deutlich effizienter als ein Tauchsieder und sollte da, wo möglich, auch Mittel der Wahl sein.