Der Ölpreis befindet sich mit knapp über 101 USD pro Barrel Brent-Öl auf dem Jahrestief. Seit dem kurzfristigen Aufwärtstrend Ende Juni ist er wieder um 12 Prozent gefallen. Nach der Commerzbank-Analyse von Eugen Weinberg haben die geopolitischen Spannungen keinen messbaren Einfluss auf den Ölpreis, weil die Angebotssituation durch die Kämpfe und Sanktionen nicht merklich verändert wird.
Zudem entwickelt sich die Nachfrage durch stagnierende Konjunkturen nicht wie erwartet und bleibt hinter den Prognosen der Internationalen Energie Agentur (IEA) zurück. Der Heizölpreis ist eng an den Brentöl-Preis gebunden und reagiert meist entsprechend der Börsenpreisentwicklung.
Die Angebotsseite leidet nur geringfügig unter den Kämpfen der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak, da diese nur den Norden des Landes betreffen, wobei über 90 Prozent der Öllieferungen aus den Ölfeldern im Süden stammen, die immer noch durch die Regierung kontrolliert werden. Zudem konnten die Kurden einen strategisch wichtigen Staudamm wieder unter ihre Kontrolle bringen, sodass ein plötzliches Vorrücken der IS gen Süden und damit die Störung der Ölförderung vorerst nicht erwartet wird.
Anders verhält es sich in Libyen. Wie wir bereits berichteten sind die Rebellen dort dazu übergegangen, Ölhäfen wieder zu öffnen und Öl zu exportieren. Hier gelangt also schrittweise wieder Öl auf den Markt, das zuvor fehlte. Eine Umsetzung potenzieller Förderanstiege ist aber auch hier nicht zu erwarten.
Auch die Sanktionen gegen Russland zeigen kurzfristig keinen Einfluss auf den Ölpreis, da Russland nach Berichten von Spiegel Online 40 Prozent seines Bruttoinlandproduktes durch Ölexporte realisiert. Hier könnten sich langfristige Angebotsrückgange bemerkbar machen, wenn durch fehlende Materiallieferungen Ölförderanlagen nicht ausgebaut oder instandgehalten werden können.
Ein immer bedeutenderer Faktor ist die unkonventionelle Ölförderung, auch Fracking, in den USA. Dort wird ein beträchtlicher Teil des Energiebedarfs nun aus eigener Förderung gedeckt. Das zuvor importierte Öl aus Westafrika vermehrt nun das Angebot am europäischen Markt.
Trotzdem erwartet der Markt in der zukünftigen Entwicklung wieder einen Preisanstieg, denn die langfristigen Öllieferverträge sind deutlich teurer als die kurzfristigen Kontrakte. Um diese Prognose zu erfüllen dürfte die Konjunktur und damit die Ölnachfrage in der EU mindestens nicht weiter nachlassen und in China sowie Brasilien weiter ausgebaut werden. Zudem müsste sich das Angebot verknappen, was aufgrund der fehlenden Investitionen in den Krisengebieten langfristig durchaus denkbar ist. Die Brent-Terminpreise sind in Erwartung solcher Umstände seit Jahresbeginn um 15 USD pro Barrel gestiegen.
Vorschaubild: Öl-Förderung in Westsibirien. Foto: Rosneft
Autorin: Maren Schiel
Geschrieben für Bund der Energieverbraucher. Originalbeitrag hier.
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