Während Heizölkunden hierzulande sich über 30 Prozent weniger Kosten gegenüber dem Vorjahr freuen, gucken Gasheizer in die Röhre. Die Preise gaben gerade mal um 2 Prozent nach. Warum ist das so?
Gasheizer könnten sich ebenfalls über die gleichen Nachlässe von 30 Prozent mehr freuen. Das Vergleichsportal Verivox hat errechnet, dass derzeit im Bundesdurchschnitt 1.279 Euro für 20.000 kWh gezahlt werden. Die regional jeweils günstigsten Angebote liegen mit 886 Euro um eben jene 30 Prozent darunter. Die Frage drängt sich geradezu auf: Warum geben die meisten Erdgashändler ihre deutlich gefallenen Einkaufskosten nicht an ihre Kunden weiter, so wie es im Heizölhandel der Fall ist?
Dazu ein Blick auf die Preisentwicklung an der Leipziger Energiebörse EEX:
Die Differenz zwischen Oktober 2014 (H‑Gas NCG bei rund 24 Euro je MWh) und Oktober 2015 (19 Euro je MWh) beträgt über 20 Prozent. Folgendes muss jedoch beachtet werden: 20 Prozent dieses Preises werden für Netzentgelte und Gastransport verbraucht, 25 Prozent machen Steuern aus und zwei Prozent werden für Messung und Abrechnung benötigt. Bleiben also etwas mehr als 50 Prozent, die preistechnisch variabel sind.
Ölpreisbindung? Von wegen.
Ein Grund, der zur Rechtfertigung der hohen Preise gern seitens der Versorger zitiert wird, ist die Ölpreisbindung. Die wurde in den 70er und 80er Jahren seitens der Gaswirtschaft in Deutschland eingeführt und koppelt die Preise für Erdgas an die Entwicklung der Ölpreise. Gas sollte damit konkurrenzfähig zum Heizöl gemacht werden. Bisher folgten die Verbraucherpreise denn auch mit einer etwa halbjährlichen Verspätung den Ölpreisen – entweder nach oben oder nach unten. Im Januar hatten die Heizölpreise mit 53 Euro je 100 Liter und mit ihnen die Erdgaspreise mit 20 Euro je MWh bereits einen Tiefpunkt wie die Oktober-Termine erreicht. Demnach hätten die Endverbraucherpreise bis Juli um eben jene 20 Prozent zurückgehen müssen. Das taten sie aber nicht.
Ein Grund ist, dass die reine Ölpreisbindung vom Bundesgerichtshof bereits 2010 untersagt wurde. Der andere liegt in der Veränderung des Gasmarktes. Alle Importgesellschaften, also RWE, EON, Wintershall und VNG, kaufen inzwischen große Mengen an der EEX in Leipzig ein und beziehen sie nicht mehr direkt von den Produzenten, meist in Russland und Norwegen. Diese sind jedoch nach wie vor die größten Lieferanten für hier verbrauchtes Erdgas. Doch der Verkauf folgt immer stärker über die Börse – mit dem Effekt fallender Preise. Bei der VNG macht die Börsen-Menge inzwischen 72 Prozent aus. Allein diese Marktentwicklung macht das Gerede von einer Ölpreisbindung überflüssig.
Ein weiteres Argument ist die sogenannte Durchmischung des Preise. Die Versorger, die derzeit Erdgas anbieten, haben die Mengen tatsächlich schon vor Monaten oder Jahren eingekauft, als die Preise tatsächlich höher lagen. So soll vor allem das eigene Risiko bei schwankenden, insbesondere nach oben steigenden Einkaufspreisen minimiert werden. Zwar ist dieses Argument nicht vollkommen von der Hand zu weisen. Doch auch hier gilt, dass die Gaspreise schon seit Februar 2014 – abgesehen von einer Plateauphase im Sommer letzten Jahres, im Sinkflug sind. Die Einsparungen hat es also auf jeden Fall schon seit anderthalb Jahren gegeben.
Die Verbraucherzentralen rechnen in einer Studie wie folgt: Bei Erdgas seien nicht mal zehn Prozent der Preissenkung an die Verbraucher weitergeben worden. Ein Privathaushalt mit 15.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch hätte beim Erdgas im Januar – hochgerechnet aus Importpreisen – eigentlich 13,80 Euro gegenüber dem Vorjahresmonat sparen können. Tatsächlich seien es nur 1,20 Euro gewesen.
Wohin das Eingesparte fließt
Fakt ist also, dass die Einkaufspreise drastisch sanken, die für die Endverbraucher hingegen kaum. Wo landet nun die Differenz? Die auf Energiefragen spezialisierte Wirtschaftsberatung LBD errechnete aktuell eine durchschnittliche Marge von 196 Euro je Kunde bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh. Bei den errechneten Gesamtkosten von 1.499 Euro wären das immerhin 13 Prozent Gewinn. Dennoch: Gasanbieter ist nicht gleich Gasanbieter. Und nicht jeder macht die gleichen Gewinne.
„Seit mehr als einem Jahr bleibt die durchschnittliche Anzahl der Anbieter pro Postleitzahl sowohl im Strom als auch im Gas unverändert. Markteintritte und Marktaustritte halten sich die Waage oder aber es gibt keine neuen Marktteilnehmer. Dies könnte ein Indiz für das Erreichen einer Marktsättigung sein“, konstatieren die LBD-Analysten.
Zwar seien die Vertriebsmargenpotenziale in der Grundversorgung mehr als attraktiv, jedoch müsse man sich in der Kundengewinnung mit den Angreifern, also jenen Unternehmen, die neu am Markt sind, messen und diese hätten derzeit schon ohne Boni eine Marge von Nahe Null. Und als Ausblick: „Spannend bleibt, mit welcher Positionierung, Differenzierung und mit welchen Pricing- und Vertriebsstrategien die Anbieter dem Markt nun begegnen. Eins ist sicher – Verbraucherschutz und Kundenempfehlung gewinnen an Bedeutung.“
Geschrieben für Brennstoffspiegel. Der vollständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 01/2016 zu lesen. Zum kostenfreien Probeabo geht es hier.
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