Selbst wenn es im öffentlichen Meinungsbild und der Politik bisweilen anders klingt: Brennstoffhandel und Klimaschutz können sehr wohl zwei Seiten einer Medaille sein, wie die verschiedenen Aktivitäten der Branche zeigen. Ob moderne Brennwerttechnik, der verstärkte Einsatz biogener Energien wie Holz oder die Beratung der Kunden zum Energiesparen. Einige mittelständische Energiefirmen haben nun einen weiteren Weg erschlossen: Der Kunde kann entsprechend der gekauften Brennstoffmenge Zertifikate erwerben, für deren Wert Wälder aufgeforstet oder alternative Energieerzeuger installiert werden.
Bei der Verbrennung fossiler Energieträger wird – Binsenweisheit – Kohlendioxid (CO2) frei, das vor langer Zeit im Brennstoff gebunden wurde. Bei einem normalen Vier-Personen-Haushalt und einem Wärmebedarf von 25.000 kWh sind das gut fünf Tonnen CO2 im Jahr. Ob das nun tatsächlich zur Klimaerwärmung führt oder nicht, mag dahingestellt sein.
Aufforstungen zur Kompensation
CO2 ist ein für das Pflanzenwachstum unverzichtbarer Bestandteil der Erdatmosphäre. Wer sich mal mit CO2-Neutralität befasst hat, kommt deshalb schnell zum Aufforsten. Der Grundgedanke dabei ist simpel: Ein Unternehmen oder ein Produkt verursacht einen bestimmten CO2-Ausstoß, der mittels Anpflanzungen insbesondere von Laubbäumen neutralisiert wird, da diese das CO2 wieder absorbieren. Diesen Ansatz verfolgt PrimaKlima –weltweit- e.V. aus Düsseldorf. Seit 1991 sammelte der Verein bei nunmehr 180 Unternehmen, darunter Jack Wolfskin, OTTO und Mazda, sowie über 1.000 Privatpersonen 3,7 Millionen Euro für Waldspenden. Damit wurden bisher 12,5 Millionen Bäume auf über 78 Quadratkilometern angepflanzt, die jährlich rund 54.000 Tonnen CO2 absorbieren. Die Arbeit des Vereins ist vom in Spendenfragen renommierten Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (dzi) geprüft und empfohlen.
„Wir empfehlen dem Heizölhandel eine Kombination aus Aufforstungszertifikaten sowie eine Flächenzuordnung in aktuellen Aufforstungen weltweit“, so Horst Emse, stellvertretender Vereinsvorsitzender von PrimaKlima. Dies garantiere sofortige Klimaneutralität, höchste Sicherheit durch dreifache Kompensation und Risikostreuung. Die Kosten dafür würden sich seiner Rechnung nach auf ca. 2,60 Cent pro Liter Mineralöl belaufen.
Lösung aus der Branche
Wie nun sehen die Lösungen der Brennstoffhändler aus, die schon CO2-freie Produkte vertreiben? Bei allen Angeboten, die derzeit in Deutschland existieren, dreht es sich um Klimaschutzprojekte in der Dritten Welt bzw. in Taiwan. Diese werden finanziert mittels eines Aufschlages auf hiesige Brennstoffpreise. Dabei handelt es sich überwiegend um technische Projekte. Die von den deutschen Mineralölhändlern verwendeten Zertifikate sind international anerkannt. Das Verfahren, das überschüssig freigesetzte fossile CO2 mit diesen Projekten zu neutralisieren, wird auch von Umweltschützern positiv gesehen.
Klimaneutrales Erdgas und Heizöl von MONTANA
Der bayerische Energieversorger MONTANA ist einer der Vorreiter der kohlendioxidneutralen Brennstoffversorgung. Seit Ende 2009 bietet er für einen Klimaschutzbeitrag seinen Kunden an, nach internationalen Standards geprüfte Wind- und Wasserprojekte zu unterstützen. „Wir beraten unsere Kunden bereits seit langem und sehr umfassend, wie sie ihren persönlichen CO2-Fußabdruck reduzieren können – angefangen bei umweltbewusstem Heizen über moderne Heiztechnik und regelmäßige Wartung bis hin zu effizienten Brennstoffen. Unser Angebot von klimaneutralen Produkten ist also ein konsequenter Schritt. Denn wer mit Heizöl oder Erdgas heizt, nutzt fossile Energieträger, die bei der Verbrennung CO2 erzeugen. Möglichkeiten zu bieten, diesen CO2-Ausstoß zu neutralisieren, liegt in unserer Verantwortung als nachhaltig denkender Versorger. Unsere Kunden bekommen mit der Jahresendrechnung ein Klimazertifikat ausgehändigt, welches bestätigt, dass ihr Heizöl- bzw. Erdgasverbrauch CO2-neutral gestellt wurde“, so Stefan Koburger, Geschäftsführer der bei München ansässigen Unternehmensgruppe MONTANA. Der Aufpreis für klimaneutrales Heizöl beträgt 3,57 Euro je 100 Liter brutto. Das sind, ausgehend von einem normalen Haushalt mit einen Jahresverbrauch von 2.500 Liter Heizöl, rund 7,44 Euro im Monat. Das Geld kommt dem Windfarm-Projekt Mitcon III in Indien, dem Laufwasserkraftwerk Mobuya in Nord-Sulawesi in Indonesien und dem Windfarm-Projekt Infravest Changbin & Taichung in Taiwan zugute. 500 Montana-Kunden nutzten bisher das Angebot.
Knauber: Ganze Firma klimaneutral
Ein weiterer Protagonist ist die Firma Knauber aus Bonn. Sie betreibt nicht nur einen recht großen Mineralölhandel, sondern daneben auch noch mehrere Bau- und Freizeitmärkte. Für das Unternehmen an sich errechneten Experten einen jährlichen Ausstoß von 6.000 Tonnen CO2. Dafür wurden Zertifikate erworben, mit denen Klimaprojekte in Taiwan und Honduras unterstützt werden. In Mittelamerika handelt es sich um ein Wasserkraftwerk, dessen durchschnittliche Emissionsminderung circa 20.000 Tonnen CO2 beträgt. In Ostasien hingegen werden zwei Windpark-Projekte mit 65 Windrädern unterstützt. Dies führt zu einer direkten Kompensation der Treibhausgase aus dem karbonintensiven taiwanesischen Stromnetz, das hauptsächlich durch Kohleenergie versorgt wird.
Knauber wirbt als sogenanntes Ökoprofit-Unternehmen bei seinen Kunden, ihm zu folgen. Deswegen handelt die Brennstoff-Sparte mit einem klimaneutralen Heizöl und einem ebensolchen Flüssiggas. Kunden, die sich dafür entscheiden, zahlen ein wenig mehr – bei Heizöl zwei Cent pro Liter. Mit diesen Einnahmen werden die oben genannten Projekte unterstützt. „Gegen den drohenden Klimawandel kann jeder im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten etwas tun – hier möchten wir als Unternehmen aktiv werden und Impulse in der Region setzen“, sagte Dr. Ines Knauber-Daubenbüchel, geschäftsführende Gesellschafterin der Firmengruppe. Erste Kunden würden das vor einem halben Jahr eingeführte Angebot bereits nutzen.
„Der Ausgleich des CO2-Ausstoßes über Emissionsminderungszertifikate ist ein richtiger Schritt auf dem Weg zum nachhaltigen Heizen. Die CO2-Bilanz ist bei CO2-neutralem Heizöl vergleichbar mit Pellets – sie tendiert Richtung null“, so der Dipl.-Ing. Architekt und Energieberater Friedemann Zeitler. „Derzeit ist das Angebot von CO2-neutralem Heizöl noch sehr unbekannt. Der Öko-Strom genießt hingegen schon breitere Bekanntheit. Tendenziell denke ich aber, dass die Akzeptanz von CO2-neutralem Heizöl ähnlich steigen wird wie die des Öko-Stroms“, so Zeitler weiter, der auch Vorstandsmitglied des bayerischen Landesverbands der unabhängigen Energieberater BayernEnergie ist. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Resonanz im Markt entwickeln wird.
Keslars Kunden werden Klimaschützer
Das bestätigt auch Christine Keslar-Tunder, Geschäftsführerin des Energiehändlers Keslar aus Kempten. „Wir bieten unseren Kunden mit dem KESLAR-Sparheizöl klimaneutral ein CO2-neutrales Produkt an. Mit einem Aufpreis von rund drei Euro pro 100 Liter werden emissionsmindernde Projekte und erneuerbare Energien in Industrie- und Schwellenländern, die nach dem „Gold-Standard” und dem „Verified Carbon Standard (VCS)” zertifiziert, also mit international registrierten, geprüften und akkreditierten Standards ausgezeichnet sind. Bisher ist die Resonanz aber noch gering.
Wie praktikabel ist Wiederaufforstung?
Wiederaufforstung als Mittel der CO2-Nezutralisierung ist ein anerkanntes Mittel. Wie praktikabel ist jedoch diese Lösung, bezogen auf Deutschland? Folgende kurze Rechnung zur kompletten Neutralisierung des Heizölverbrauchs zwischen Nordsee und Alpen soll Licht ins Dunkel bringen:
Heizölverbrauch jährlich: 20 Millionen Tonnen (= 17,2 Millionen Kubikmeter oder 17,2 Milliarden Liter – nach der spezifischen Dichte von HEL von 0,86 kg/l)
CO-2-Emittierung (2,6 kg je Liter HEL) = 44,72 Milliarden kg oder 44,72 Millionen Tonnen
Absorptionsleistung 1 km² neu aufgeforstete Waldfläche mit rund 160.000 Bäumen: rund 692Tonnen
CO2-Emittierung gesamt/CO2-Neutraisierung 1 km² = 64.624 km²
Zum Vergleich: Die Bundesrepublik ist 357.111 km² groß, folglich müssten mehr als 20 Prozent der Landesfläche komplett wieder aufgeforstet werden. 30 Prozent des Landes sind bereits mit Wald bedeckt. Sprich: Halb Deutschland wäre, würde man nur die CO2-Emissionen aus dem Heizöl neutralisieren wollen, mit Wald bepflanzt.
Vorschaubild: MONTANA
Geschrieben für Brennstoffspiegel und Mineralölrundschau. Erschienen in Heft 7/2011. Der vollständige Beitrag ist nur dort zu lesen. Mehr hier.
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