Vor einem Jahr präsentierte das Institut für Wärme und Oeltechnik Hamburg (IWO) das Konzept von Power-to-Heat für ein Einfamilienhaus. Simple Idee: Ein „Tauchsieder“ nutzt quasi überschüssigen Ökostrom und wandelt diese im Wärmespeicher eines herkömmlichen Heizsystems (Öl, Gas oder Pellets) in Wärme um.
Das reduziert den Kapazitätsmarkt für fossile Kraftwerke und Abschaltungen bei den erneuerbaren Erzeugern bei drohender Netzüberlastung – im Idealfall.
In einem Berliner Einfamilienhaus wurde nach IWO-Angaben eine elektrische 9 kW starke Heizeinrichtung mit dem 500 Liter fassenden Pufferspeicher verbunden. Über eine separate Kommunikationsbox, die via Mobilfunknetz mit der Leitwarte eines Stromhändlers verknüpft ist, nutzt die Anlage nur dann Strom, wenn im Netz gerade zu viel vorhanden ist. Dabei wird angenommen, dass dieser Strom finanziell vergütet wird. Aber dazu später.
Ein Jahr später nun präsentierte das IWO an gleicher Stelle die Ergebnisse des Tests. Die hören sich auf den ersten Blick vielversprechend an. 263 Euro Heizkosteneinsparung – das sind rund 26 % der bisherigen Heizkosten.
Doch bei genauerer Betrachtung wurden nicht reine Heizkosten eingespart, sondern das meiste Geld mit Regelenergie verdient. Rund 230 Euro flossen so ins Portemonnaie des Hausbesitzers. Lediglich 33 Euro machten reine Einsparungen an Heizöl aus. Die Crux: Der Strommarkt ist derzeit überhaupt nicht für diese Art Abnahme der Regelenergie durch Einfamilienhäuser vorgesehen. So gesehen bräu chte es eine Änderung des Strommarktdesigns. Aber auch das war schon vor einem Jahr klar.
Die nächste Frage kam zu den Berliner Energietagen aus dem vollbesetzten Publikum. Falls doch, wenn auch nicht 2020 eine Million E‑Mobile auf Deutschlands Straßen rollen, tanken die ebenfalls den überschüssigen Ökostrom (der übrigens nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes gar nicht zu überzählig ist). Hochgerechnet wurden in Deutschland 8 TWh Strom zu viel produziert (Nettostromerzeugung in Bezug zum Nettostromverbrauch – offen bleibt, wie viel es in fünf oder zehn Jahren wären). Nimmt man eine Millionen E‑Mobile an, die an 250 Tagen des Jahres 18,5 kWh Strom tanken, kommt man allein dabei schon auf 4,625 TWh. Hier wäre eine Nutzungskonkurrenz vorhanden.
Eine weitere Frage: Strom aus Erneuerbaren fällt in der Masse im Sommer an. Da wird kaum Heizenergie benötigt. Im Winter jedoch fällt Strom aus Photovoltaik fast ganz aus.
Weitere Frage: Warum ein Heizsystem mit einem „Tauchsieder“ ausrüsten und recht kompliziert die Regelenergie einspeisen. Warum nicht gleich eine strombasierte Heizung wie eine Wärmepumpe einbauen?
Und: Warum nicht gleich eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach stellen? Das erspart den komplizierten Gang über den Regelenergiemarkt.
Einige Schwachstellen kennt das IWO. Die wichtigste ich die Refinanzierung durch die Regelenergie. „Derzeit wird diskutiert, das Strommarktdesign durch das Angebot variabler Stromtarife für private Haushalte zu verändern“, so IWO-Projektleiter Simon Jastrzab. „Bei Änderungen muss jedoch beachtet werden, dass ausschließlich strombasierte Heizsysteme Reserve-Kraftwerke notwendig machen. Deren Kosten sollten verursachergerecht verteilt werden, zum Beispiel durch eine Kostenkomponente für die Vorhaltung gesicherter Leistung.“ Das wiederum zielt in Richtung Wärmepumpe, die ja ebenfalls als Heizungs-Lösung in Frage käme, die jedoch ohne Regelenergie auskommt.
Das IWO fordert ein vereinfachtes Präqualifizierungsverfahren für die Zulassung zum Regelenergiemarkt und eine Verkürzung der Ausschreibungs- und Vorhaltungszeiträume. Die werden bei der avisierten Sekundärregelleistung (Vorlaufzeit 5 Minuten) derzeit wöchentlich gemacht. Für eine Power-to-Heat-Lösung ist das – kurz gesagt – unsinnig.
Alle Vortragsunterlagen finden sich hier.
Vorschaubild: Der Power-to-Heat-Elektroheizer liefert Wärme an den Speicher. Foto: IWO
Hallo Herr Halper,
besten Dank für Ihren Kommentar. Dazu einige Anmerkungen:
Die „theoretischen Einnahmen“ hab ich korrigiert.
Bei den Erzeugungen aus Erneuerbaren stimmt das zwar für den Dezember 2014. Betrachtet man jedoch die Vorjahre und die weiteren Wintermonate Januar und Februar, so fallen diese hinsichtlich des Ertrags an Wind- und Solarstrom fast ausnahmslos unterdurchschnittlich aus (s. hier http://www.ise.fraunhofer.de/de/downloads/pdf-files/aktuelles/stromproduktion-aus-solar-und-windenergie-2013.pdf). Deswegen kann ich diese These guten Gewissens aufrecht erhalten.
Zum Thema Wärmepumpe gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht. Ich habe hier eine Frage aus dem Publikum aufgegriffen (Sie erinnern sich sicherlich), die ja aus einer rein energetischen Betrachtung her ihre Berechtigung hat – auch wenn das investive Handeln der Hausbesitzer dagegen spricht.
Zur Photovoltaik-Anlage: Das ist klar. Aber da die Vergütung weiter zurückgefahren wird, wird auch in absehbarer Zeit der Punkt kommen, wo die Eigennutzung lohnt.
Ihr immer an einer Diskussion interessierter Frank Urbansky
In dem obigen Artikel wird der Eindruck erweckt, es handele sich um theoretische Einnahmen. Bei dem von IWO vorgestelltem Berliner Praxisbeispiel floss das Geld jedoch tatsächlich; bei den Angaben auf Folie 82 der Vortragsunterlagen für den Zeitraum 1.8.2014 bis 21.4.2015 handelt sich um reale Einnahmen und Einsparungen.
Die Aussage des Artikels, Strom aus Erneuerbaren falle in der Masse im Sommer an, steht im Widerspruch zu den realen Strommarktdaten aus 2014. Hier war der Monat mit der höchsten Strom-menge aus Wind und Solar der Dezember mit über 9 TWh. Im Juli lag der Wert nur bei knapp 7 TWh. Quelle: Fraunhofer ISE Energiecharts, Bereich Energie, Stromerzeugung in Deutschland. Die im Winter reduzierte Solarstromproduktion wird durch die erhöhte Windstromproduktion überkompensiert.
Warum nicht gleich eine strombasierte Heizung wie eine Wärmepumpe einbauen? Hier gilt es zwei Aspekte zu beachten. Erstens: Der Strombedarf ausschließlich strombasierter Heizsystem kann durch fluktuierende Erneuerbare Energien nicht kontinuierlich gedeckt werden. Um solche Systeme dennoch jederzeit sicher mit Strom versorgen zu können, sind teure Reserve-Kraftwerke notwendig. Zweitens: Ein Blick auf die KfW-Förderung von Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2012 zeigt, dass rund 88 Prozent der bezuschussten 320.000 Einzelmaßnahmen in einer Größenordnung von maximal 10.000 Euro lagen. Die Höhe der Investitionskosten spielt offenbar eine maßgeblich Rolle, Heizungssysteme mit hohen Investitionskosten scheiden daher oft als Lösung aus.
Warum nicht gleich eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach stellen? Bei dem vorgestellten Praxisbeispiel wurde eine solche Anlage installiert. Da der Eigentümer für jede ins Netz eingespeiste kWh dank der EEG-Förderung etwas mehr als 13 Cent von seinem Stromnetzbetreiber erhält, ist es derzeit nicht wirtschaftlich, auf eine Einspeisung des Stroms zu verzichten, um mit diesem Strom den Elektroheizer zu betreiben. Denn pro kWh Wärme würden dann 13 Cent entfallene Einspeisevergütung anfallen. Wird die Wärme dagegen vom Öl-Brennwertkessel erzeugt, fallen derzeit nur rund 7 Cent Wärmegestehungskosten an.