Der Power-to-Heat-Elektroheizer liefert Wärme an den Speicher. Foto: IWO

Erster Praxistest von Power to Heat: Viele Fragen bleiben

von | 5. Mai 2015

Vor einem Jahr präsen­tierte das Institut für Wärme und Oeltechnik Hamburg (IWO) das Konzept von Power-​to-​Heat für ein Einfa­mi­li­enhaus. Simple Idee: Ein „Tauch­sieder“ nutzt quasi über­schüs­sigen Ökostrom und wandelt diese im Wärme­speicher eines herkömm­lichen Heiz­systems (Öl, Gas oder Pellets) in Wärme um. 

Das reduziert den Kapa­zi­täts­markt für fossile Kraft­werke und Abschal­tungen bei den erneu­er­baren Erzeugern bei drohender Netz­über­lastung – im Idealfall.

In einem Berliner Einfa­mi­li­enhaus wurde nach IWO-​Angaben eine elek­trische 9 kW starke Heiz­ein­richtung mit dem 500 Liter fassenden Puffer­speicher verbunden. Über eine separate Kommu­ni­ka­ti­onsbox, die via Mobil­funknetz mit der Leitwarte eines Strom­händlers verknüpft ist, nutzt die Anlage nur dann Strom, wenn im Netz gerade zu viel vorhanden ist. Dabei wird ange­nommen, dass dieser Strom finan­ziell vergütet wird. Aber dazu später.

Ein Jahr später nun präsen­tierte das IWO an gleicher Stelle die Ergeb­nisse des Tests. Die hören sich auf den ersten Blick viel­ver­spre­chend an. 263 Euro Heiz­kos­ten­ein­sparung – das sind rund 26 % der bishe­rigen Heizkosten.

Doch bei genauerer Betrachtung wurden nicht reine Heiz­kosten einge­spart, sondern das meiste Geld mit Regel­en­ergie verdient. Rund 230 Euro flossen so ins Porte­monnaie des Haus­be­sitzers. Lediglich 33 Euro machten reine Einspa­rungen an Heizöl aus. Die Crux: Der Strom­markt ist derzeit überhaupt nicht für diese Art Abnahme der Regel­en­ergie durch Einfa­mi­li­en­häuser vorge­sehen. So gesehen bräu chte es eine Änderung des Strom­markt­de­signs. Aber auch das war schon vor einem Jahr klar.

Das Thema Power to Heat zog zu den Berliner Energietagen 120 Zuhörer und Diskutanten an. Foto: Urbansky

Das Thema Power to Heat zog zu den Berliner Ener­gie­tagen 120 Zuhörer und Disku­tanten an. Foto: Urbansky

Die nächste Frage kam zu den Berliner Ener­gie­tagen aus dem voll­be­setzten Publikum. Falls doch, wenn auch nicht 2020 eine Million E‑Mobile auf Deutsch­lands Straßen rollen, tanken die ebenfalls den über­schüs­sigen Ökostrom (der übrigens nach den aktuellen Zahlen des Statis­ti­schen Bundes­amtes gar nicht zu über­zählig ist). Hoch­ge­rechnet wurden in Deutschland 8 TWh Strom zu viel produ­ziert (Netto­strom­erzeugung in Bezug zum Netto­strom­ver­brauch – offen bleibt, wie viel es in fünf oder zehn Jahren wären). Nimmt man eine Millionen E‑Mobile an, die an 250 Tagen des Jahres 18,5 kWh Strom tanken, kommt man allein dabei schon auf 4,625 TWh. Hier wäre eine Nutzungs­kon­kurrenz vorhanden.

Eine weitere Frage: Strom aus Erneu­er­baren fällt in der Masse im Sommer an. Da wird kaum Heiz­energie benötigt. Im Winter jedoch fällt Strom aus Photo­voltaik fast ganz aus.

Weitere Frage: Warum ein Heiz­system mit einem „Tauch­sieder“ ausrüsten und recht kompli­ziert die Regel­en­ergie einspeisen. Warum nicht gleich eine strom­ba­sierte Heizung wie eine Wärme­pumpe einbauen?

Und: Warum nicht gleich eine Photovoltaik-​Anlage aufs Dach stellen? Das erspart den kompli­zierten Gang über den Regelenergiemarkt.

Einige Schwach­stellen kennt das IWO. Die wich­tigste ich die Refi­nan­zierung durch die Regel­en­ergie. „Derzeit wird disku­tiert, das Strom­markt­design durch das Angebot variabler Strom­tarife für private Haushalte zu verändern“, so IWO-​Projektleiter Simon Jastrzab. „Bei Ände­rungen muss jedoch beachtet werden, dass ausschließlich strom­ba­sierte Heiz­systeme Reserve-​Kraftwerke notwendig machen. Deren Kosten sollten verur­sa­cher­ge­recht verteilt werden, zum Beispiel durch eine Kosten­kom­po­nente für die Vorhaltung gesi­cherter Leistung.“ Das wiederum zielt in Richtung Wärme­pumpe, die ja ebenfalls als Heizungs-​Lösung in Frage käme, die jedoch ohne Regel­en­ergie auskommt.

Das IWO fordert ein verein­fachtes Präqua­li­fi­zie­rungs­ver­fahren für die Zulassung zum Regel­en­er­gie­markt und eine Verkürzung der Ausschreibungs- und Vorhal­tungs­zeit­räume. Die werden bei der avisierten Sekun­där­re­gel­leistung (Vorlaufzeit 5 Minuten) derzeit wöchentlich gemacht. Für eine Power-​to-​Heat-​Lösung ist das – kurz gesagt – unsinnig.

Alle Vortrags­un­ter­lagen finden sich hier.

Vorschaubild: Der Power-​to-​Heat-​Elektroheizer liefert Wärme an den Speicher. Foto: IWO

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. Frank Urbansky

    Hallo Herr Halper,

    besten Dank für Ihren Kommentar. Dazu einige Anmerkungen:

    Die „theo­re­ti­schen Einnahmen“ hab ich korrigiert.

    Bei den Erzeu­gungen aus Erneu­er­baren stimmt das zwar für den Dezember 2014. Betrachtet man jedoch die Vorjahre und die weiteren Winter­monate Januar und Februar, so fallen diese hinsichtlich des Ertrags an Wind- und Solar­strom fast ausnahmslos unter­durch­schnittlich aus (s. hier http://​www​.ise​.fraun​hofer​.de/​d​e​/​d​o​w​n​l​o​a​d​s​/​p​d​f​-​f​i​l​e​s​/​a​k​t​u​e​l​l​e​s​/​s​t​r​o​m​p​r​o​d​u​k​t​i​o​n​-​a​u​s​-​s​o​l​a​r​-​u​n​d​-​w​i​n​d​e​n​e​r​g​i​e​-​2013.pdf). Deswegen kann ich diese These guten Gewissens aufrecht erhalten.

    Zum Thema Wärme­pumpe gebe ich Ihnen unein­ge­schränkt recht. Ich habe hier eine Frage aus dem Publikum aufge­griffen (Sie erinnern sich sicherlich), die ja aus einer rein ener­ge­ti­schen Betrachtung her ihre Berech­tigung hat – auch wenn das investive Handeln der Haus­be­sitzer dagegen spricht.

    Zur Photovoltaik-​Anlage: Das ist klar. Aber da die Vergütung weiter zurück­ge­fahren wird, wird auch in abseh­barer Zeit der Punkt kommen, wo die Eigen­nutzung lohnt.

    Ihr immer an einer Diskussion inter­es­sierter Frank Urbansky

  2. Christian Halper (IWO e. V.)

    In dem obigen Artikel wird der Eindruck erweckt, es handele sich um theo­re­tische Einnahmen. Bei dem von IWO vorge­stelltem Berliner Praxis­bei­spiel floss das Geld jedoch tatsächlich; bei den Angaben auf Folie 82 der Vortrags­un­ter­lagen für den Zeitraum 1.8.2014 bis 21.4.2015 handelt sich um reale Einnahmen und Einsparungen.

    Die Aussage des Artikels, Strom aus Erneu­er­baren falle in der Masse im Sommer an, steht im Wider­spruch zu den realen Strom­markt­daten aus 2014. Hier war der Monat mit der höchsten Strom-​menge aus Wind und Solar der Dezember mit über 9 TWh. Im Juli lag der Wert nur bei knapp 7 TWh. Quelle: Fraun­hofer ISE Ener­giecharts, Bereich Energie, Strom­erzeugung in Deutschland. Die im Winter redu­zierte Solar­strom­pro­duktion wird durch die erhöhte Wind­strom­pro­duktion überkompensiert.

    Warum nicht gleich eine strom­ba­sierte Heizung wie eine Wärme­pumpe einbauen? Hier gilt es zwei Aspekte zu beachten. Erstens: Der Strom­bedarf ausschließlich strom­ba­sierter Heiz­system kann durch fluk­tu­ie­rende Erneu­erbare Energien nicht konti­nu­ierlich gedeckt werden. Um solche Systeme dennoch jederzeit sicher mit Strom versorgen zu können, sind teure Reserve-​Kraftwerke notwendig. Zweitens: Ein Blick auf die KfW-​Förderung von Sanie­rungs­maß­nahmen im Jahr 2012 zeigt, dass rund 88 Prozent der bezu­schussten 320.000 Einzel­maß­nahmen in einer Größen­ordnung von maximal 10.000 Euro lagen. Die Höhe der Inves­ti­ti­ons­kosten spielt offenbar eine maßgeblich Rolle, Heizungs­systeme mit hohen Inves­ti­ti­ons­kosten scheiden daher oft als Lösung aus. 

    Warum nicht gleich eine Photovoltaik-​Anlage aufs Dach stellen? Bei dem vorge­stellten Praxis­bei­spiel wurde eine solche Anlage instal­liert. Da der Eigen­tümer für jede ins Netz einge­speiste kWh dank der EEG-​Förderung etwas mehr als 13 Cent von seinem Strom­netz­be­treiber erhält, ist es derzeit nicht wirt­schaftlich, auf eine Einspeisung des Stroms zu verzichten, um mit diesem Strom den Elek­tro­heizer zu betreiben. Denn pro kWh Wärme würden dann 13 Cent entfallene Einspei­se­ver­gütung anfallen. Wird die Wärme dagegen vom Öl-​Brennwertkessel erzeugt, fallen derzeit nur rund 7 Cent Wärme­ge­ste­hungs­kosten an.

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