Bereits gestern wurden die eigentlich für die heutige Bilanz-Pressekonferenz bestimmten, äußerst negativen Zahlen der VNG öffentlich. Die LVZ berichtete von den 102 Millionen Euro Verlust, die der Leipziger Gasgroßhändler im letzten Jahr als AG, also im Kerngeschäft anhäufte. Für den Konzern mit seinen 53 Firmen wird ebenfalls ein Verlust ausgewiesen, der allerdings „nur“ 53 Millionen Euro beträgt. Bereits im Juni 2015 hatte es eine Gewinnwarnung gegeben. Und selbst die kam nicht überraschend.
Die VNG krankt seit 2010 an einem strukturellen Problem. Und das heißt: Miese Margen im Kerngeschäft, dem Handel. Damals bilanzierte die VNG einen Rekordverlust von 260 Millionen Euro. Der Grund lag in Langfristverträgen mit norwegischen und russischen Lieferanten, die deutlich höhere Einkaufspreise verlangten, als es das Niveau an den freien Gashandelsbörsen wie der Leipziger EEX vorgab. Damals konnte der Konzern noch gegensteuern und nachverhandeln.
An den weiter fallenden Margen änderte das wenig. Der Gashandel ist im besten Falle ein Null-Summen-Spiel, zumal die VNG hier keinerlei Know-how-Vorsprung mehr hat und wie fast alle Marktteilnehmern auch inzwischen das Gros Ihres Gases von den Börsen bezieht. Im deutschen Großhandel werden nach Auskunft von VNG-Handelschef Oliver Hill sogar Verluste eingefahren. Für 2016 sei auch in diesem Bereich keine Besserung zu erwarten.
Zwei weitere Geschäftsfelder sind regelrecht defizitär. Beim einen, der Exploration in der norwegischen Nordsee, ist dies eingeplant. Ein solches Engagement trägt sich erst nach mehreren Jahren. Beim anderen spielt ebenfalls das Börsengas eine Rolle – dem Speichergeschäft. Ursprünglich für die Versorgungssicherheit im Winter gedacht, spielen die Großspeicher der VNG und andere Versorger auch kaum eine Rolle im aktuellen Gasmarkt. Denn Gas ist das ganze Jahr über ausreichend bei nur unwesentlichen Preisunterschieden vorhanden, es muss also nicht Mehrkosten erzeugend im Sommer eingespeichert und im Winter ausgespeist werden.
Lediglich die Ontras, die 100%ige Netztochter der VNG, schreibt sehr gute Gewinne, die jedoch nicht die Verluste und das 0‑Ergebnis der anderen Bereiche auffangen können. Genau in dieser Situation befand sich der Konzern bereits vor einem Jahr. Damals rettete lediglich der Verkauf einer Beteiligung an einer thüringischen Netztochter das Ergebnis. In der Verlustrechnung ist übrigens der erst in diesem Jahr erfolgende Arbeitsplätze-Abbau mit eingerechnet. Jeder dritte der 400 Beschäftigten in der Konzernzentrale Braunstraße muss gehen. Insgesamt wurden über 200 Millionen Euro konzernweit abgeschrieben, unter anderem auch bei den unrentablen Speichern.
Eine Dividende gibt es nicht. Das trifft vor allem die kommunalen Eigner, die rund ein Viertel der Aktien erhalten. Am 12. April wird die Neu-Mutter EnBW voll ihre Funktion als 75%iger Mehrheitsaktionär übernehmen. Der Standort Leipzig bleibt erhalten. Ob das für einzelne und vor allem defizitäre Konzernbereiche gilt, bleibt abzuwarten.
Der Konzern muss und will sich neu aufstellen. Wesentliche Kennpunkte dabei sind ein ausgeweiteter Einzelhandel, der große Einstieg ins Biogasgeschäft.
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