Keine Dividende: Die VNG -Kuh wird in diesem Jahr nicht gemolken. Foto: Urbansky

VNG macht 100 Millionen Miese

von | 10. März 2016

Bereits gestern wurden die eigentlich für die heutige Bilanz-​Pressekonferenz bestimmten, äußerst negativen Zahlen der VNG öffentlich. Die LVZ berichtete von den 102 Millionen Euro Verlust, die der Leipziger Gasgroß­händler im letzten Jahr als AG, also im Kern­ge­schäft anhäufte. Für den Konzern mit seinen 53 Firmen wird ebenfalls ein Verlust ausge­wiesen, der aller­dings „nur“ 53 Millionen Euro beträgt. Bereits im Juni 2015 hatte es eine Gewinn­warnung gegeben. Und selbst die kam nicht überraschend.

Die VNG krankt seit 2010 an einem struk­tu­rellen Problem. Und das heißt: Miese Margen im Kern­ge­schäft, dem Handel. Damals bilan­zierte die VNG einen Rekord­verlust von 260 Millionen Euro. Der Grund lag in Lang­frist­ver­trägen mit norwe­gi­schen und russi­schen Liefe­ranten, die deutlich höhere Einkaufs­preise verlangten, als es das Niveau an den freien Gashan­dels­börsen wie der Leipziger EEX vorgab. Damals konnte der Konzern noch gegen­steuern und nachverhandeln.

An den weiter fallenden Margen änderte das wenig. Der Gashandel ist im besten Falle ein Null-​Summen-​Spiel, zumal die VNG hier keinerlei Know-​how-​Vorsprung mehr hat und wie fast alle Markt­teil­nehmern auch inzwi­schen das Gros Ihres Gases von den Börsen bezieht. Im deutschen Groß­handel werden nach Auskunft von VNG-​Handelschef Oliver Hill sogar Verluste einge­fahren. Für 2016 sei auch in diesem Bereich keine Besserung zu erwarten.

Zwei weitere Geschäfts­felder sind regel­recht defizitär. Beim einen, der Explo­ration in der norwe­gi­schen Nordsee, ist dies einge­plant. Ein solches Enga­gement trägt sich erst nach mehreren Jahren. Beim anderen spielt ebenfalls das Börsengas eine Rolle – dem Spei­cher­ge­schäft. Ursprünglich für die Versor­gungs­si­cherheit im Winter gedacht, spielen die Groß­speicher der VNG und andere Versorger auch kaum eine Rolle im aktuellen Gasmarkt. Denn Gas ist das ganze Jahr über ausrei­chend bei nur unwe­sent­lichen Preis­un­ter­schieden vorhanden, es muss also nicht Mehr­kosten erzeugend im Sommer einge­spei­chert und im Winter ausge­speist werden.

Lediglich die Ontras, die 100%ige Netz­tochter der VNG, schreibt sehr gute Gewinne, die jedoch nicht die Verluste und das 0‑Ergebnis der anderen Bereiche auffangen können. Genau in dieser Situation befand sich der Konzern bereits vor einem Jahr. Damals rettete lediglich der Verkauf einer Betei­ligung an einer thürin­gi­schen Netz­tochter das Ergebnis. In der Verlust­rechnung ist übrigens der erst in diesem Jahr erfol­gende Arbeitsplätze-​Abbau mit einge­rechnet. Jeder dritte der 400 Beschäf­tigten in der Konzern­zen­trale Braun­straße muss gehen. Insgesamt wurden über 200 Millionen Euro konzernweit abge­schrieben, unter anderem auch bei den unren­tablen Speichern.

Eine Dividende gibt es nicht. Das trifft vor allem die kommu­nalen Eigner, die rund ein Viertel der Aktien erhalten. Am 12. April wird die Neu-​Mutter EnBW voll ihre Funktion als 75%iger Mehr­heits­ak­tionär über­nehmen. Der Standort Leipzig bleibt erhalten. Ob das für einzelne und vor allem defi­zitäre Konzern­be­reiche gilt, bleibt abzuwarten.

Der Konzern muss und will sich neu aufstellen. Wesent­liche Kenn­punkte dabei sind ein ausge­wei­teter Einzel­handel, der große Einstieg ins Biogasgeschäft.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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