Windenergie an Land hat es schwer. Mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung und lange Genehmigungsphasen lassen die Hoffnungen der Marktteilnehmer schwinden. Foto: Frank Urbansky

Erneu­erbare Energien in Deutschland: Status quo, Heraus­for­de­rungen und Chancen

von | 8. Mai 2025

Die Ener­gie­wende ist längst kein theo­re­ti­sches Zukunfts­projekt mehr. Viel mehr ist sie eine zentrale Voraus­setzung dafür, Klima­ziele zu erreichen, die Versor­gungs­si­cherheit zu gewähr­leisten und lang­fristig unab­hän­giger von fossilen Ener­gie­im­porten zu werden. Erneu­erbare Energien spielen dabei eine Schlüs­sel­rolle. Doch wie steht es aktuell um ihren Ausbau in Deutschland? Welche Heraus­for­de­rungen bremsen die Entwicklung und wo liegen die größten Chancen? Ein Überblick.

Wer sich zunächst einen kompakten Überblick über die Grund­lagen verschaffen möchte, findet hier eine Einführung in das Thema erneu­erbare Energien.

Status quo in Deutschland: Wo stehen wir 2025?

Deutschland hat in den vergan­genen Jahren große Fort­schritte beim Ausbau erneu­er­barer Energien erzielt: Laut dem statis­ti­schen Bundesamt stammten im Jahr 2024 satte 59,4 Prozent des Brut­to­strom­ver­brauchs aus erneu­er­baren Quellen, ein neuer Rekordwert. Vor allem die Solar­energie und die Windkraft treiben die Entwicklung entscheidend voran. Die instal­lierte Leistung von Photo­vol­ta­ik­an­lagen wächst rasant. Allein im Jahr 2024 kamen etwa 16,7 Gigawatt neue Kapazität hinzu. Besonders stark entwi­ckelte sich der Bereich der privaten Photo­vol­ta­ik­an­lagen auf Dächern, der sowohl im länd­lichen Raum als auch in Städten boomt.

Auch die Wind­energie an Land bleibt eine der wich­tigsten Säulen der deutschen Ener­gie­wende. Aller­dings stockte der Zubau in einigen Regionen, vor allem wegen lang­wie­riger Geneh­mi­gungs­ver­fahren und lokaler Wider­stände. Dyna­mi­scher verlief hingegen der Ausbau der Offshore-​Windkraft. In Nord- und Ostsee entstehen immer größere Windparks, die künftig einen erheb­lichen Beitrag zur Versorgung leisten sollen. Parallel dazu gewinnt der Ausbau von Spei­cher­tech­no­logien zunehmend an Bedeutung. Batte­rie­groß­speicher, aber auch inno­vative Konzepte wie Wasser­stoff­speicher helfen, wetter­be­dingte Schwan­kungen auszu­gleichen und die Versor­gungs­si­cherheit zu stabi­li­sieren. Trotz dieser Erfolge zeigt sich: Um die ambi­tio­nierten Klima­ziele bis 2030 zu erreichen, müssen Ausbau und Inno­va­ti­ons­tempo noch einmal deutlich steigen.

Heraus­for­de­rungen: Was bremst den Ausbau?

Trotz aller Fort­schritte sieht sich der Ausbau erneu­er­barer Energien in Deutschland nach wie vor erheb­lichen Heraus­for­de­rungen gegenüber. Eine zentrale Hürde bildet die Büro­kratie. Komplexe Antrags- und Prüf­pro­zesse, insbe­sondere bei Wind­ener­gie­pro­jekten an Land, führen vielerorts zu jahre­langen Verzö­ge­rungen. Zwar hat die Bundes­re­gierung verschiedene Maßnahmen zur Verfah­rens­be­schleu­nigung ange­kündigt, doch bis diese flächen­de­ckend Wirkung entfalten, wird es voraus­sichtlich noch einige Zeit dauern.

Ein weiteres großes Problem ist der schlep­pende Netz­ausbau. Während neue Photovoltaik- und Wind­an­lagen vielerorts bereit­stehen, fehlen häufig die notwen­digen Strom­lei­tungen, um die erzeugte Energie effizient in die Verbrauchs­zentren zu trans­por­tieren. Ohne leis­tungs­fähige Netze drohen Über­las­tungen, Ener­gie­ver­luste und höhere Kosten. Hinzu kommen volatile poli­tische Rahmen­be­din­gungen, die für Unsi­cherheit bei Inves­toren und Projekt­ent­wicklern sorgen. Ände­rungen bei Förder­pro­grammen, steu­er­liche Unsi­cher­heiten und unter­schied­liche Vorgaben auf Bundes- und Landes­ebene erschweren die lang­fristige Planung und Finan­zierung neuer Projekte. Diese Faktoren zeigen, dass die Ener­gie­wende sowohl eine tech­no­lo­gische, aber vor allem eine poli­tische und gesell­schaft­liche Heraus­for­derung ist.

Chancen und Perspek­tiven: Wo liegen die Potenziale?

Trotz der bestehenden Hürden bieten sich für die erneu­er­baren Energien in Deutschland zahl­reiche Chancen und Perspek­tiven. Tech­no­lo­gische Inno­va­tionen treiben die Entwicklung voran: Fort­schritte bei Batte­rie­spei­chern, der Wasser­stoff­tech­no­logie sowie der Digi­ta­li­sierung von Ener­gie­flüssen ermög­lichen eine effi­zi­entere und flexi­blere Nutzung von Strom aus erneu­er­baren Quellen. Auch die dezen­trale Ener­gie­ver­sorgung gewinnt an Bedeutung. Immer mehr Gemeinden, Stadt­werke und Bürger:innen setzen auf eigene Ener­gie­kon­zepte und treiben die regionale Ener­gie­wende voran. Die damit einher­ge­hende Dezen­tra­li­sierung stärkt die Versor­gungs­si­cherheit und gesell­schaft­liche Akzeptanz gleichermaßen.

Neue Markt­mo­delle eröffnen zusätz­liche Möglich­keiten. Dyna­mische Strom­tarife, Peer-​to-​Peer-​Handel von Solar­strom oder Mieter­strom­pro­jekte schaffen Anreize für Eigen­ver­brauch und lokale Nutzung erneu­er­barer Ener­gie­quellen. Sie machen die Ener­gie­wende greif­barer und eröffnen vielen Haus­halten konkrete wirt­schaft­liche Vorteile. Wer die Trans­for­mation entschlossen voran­treibt, kann also einen wichtigen Beitrag zum Klima­schutz leisten und zugleich ökono­misch profi­tieren. Deutschland hat damit die Chance, sich als Innovations- und Tech­no­lo­gie­führer im Bereich erneu­er­barer Energien zu positionieren.

Finan­zierung und Betei­ligung: Der Schlüssel zum Erfolg

Die Ener­gie­wende lässt sich nicht allein von großen Konzernen stemmen. Vielmehr lebt sie von der breiten Betei­ligung der Bevöl­kerung, auch finan­ziell. Bürger:innenprojekte, Ener­gie­ge­nos­sen­schaften und Crowdinvesting-​Plattformen ermög­lichen es, sich aktiv am Ausbau der erneu­er­baren Energien zu betei­ligen und gleich­zeitig an den Erträgen teil­zu­haben. Diese Modelle fördern einer­seits die Akzeptanz vor Ort und beschleu­nigen ande­rer­seits den Ausbau erheblich.

Ein besonders wach­sender Bereich sind nach­haltige Geld­an­lagen. Immer mehr Menschen möchten ihr Geld gezielt in Projekte inves­tieren, die ökolo­gische, soziale und ökono­mische Ziele verbinden. Auch über spezielle Fonds oder Platt­formen lassen sich Projekte im Bereich der Erneu­er­baren indirekt mitfi­nan­zieren. Oft können Anleger:innen dabei eine solide Rendite mit einem positiven gesell­schaft­lichen Impact verbinden. Wer sich näher über die Möglich­keiten infor­mieren möchte, findet hier einen Überblick zum Thema nach­hal­tiges Inves­tieren. Die Förderung nach­hal­tiger Geld­ströme ist damit ein unver­zicht­barer Baustein für eine erfolg­reiche Energiewende.

Fazit: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Handeln

Erneu­erbare Energien haben sich in Deutschland längst von einer Nische zu einer tragenden Säule der Ener­gie­ver­sorgung entwi­ckelt. Der aktuelle Status quo zeigt deutliche Fort­schritte, aber auch bestehende struk­tu­relle Heraus­for­de­rungen, die entschlossen adres­siert werden müssen. Die tech­no­lo­gi­schen Inno­va­tionen, die zuneh­mende Dezen­tra­li­sierung und die wachsende Bereit­schaft zur gesell­schaft­lichen Betei­ligung eröffnen enorme Chancen, die nun konse­quent genutzt werden sollten.

Zudem verdeut­licht die aktuelle Situation: Ohne ein beherztes poli­ti­sches Enga­gement, ohne beschleu­nigte Verfahren und ohne eine klare Förderung von Inno­vation und Betei­ligung wird es nicht gelingen, die ehrgei­zigen Ziele der Ener­gie­wende recht­zeitig zu erreichen. Für Privat­per­sonen, Unter­nehmen und Kommunen bietet sich gerade jetzt die Gele­genheit, aktiv zu werden, sei es durch eigene Projekte, durch bewusste Konsum­entschei­dungen oder durch gezielte Inves­ti­tionen. Denn die Ener­gie­wende ist eine Gemein­schafts­aufgabe und ihr Erfolg liegt in der entschlos­senen Mitge­staltung aller.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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