Foto: Armin Kübelbeck / Wikimedia / Linzenz unter CC-BY-SA

Wie muss ein Energieeffizienz-​Gesetz ausge­staltet sein?

von | 13. April 2016

Dieser Frage geht die auf Ener­gie­recht spezia­li­sierte Kanzlei Becker Büttner Held gemeinsam mit dem Institut für Klima­schutz, Energie und Mobilität (IKEM) in einer Studie nach. Den Autoren fällt dabei natürlich auch die Paral­le­lität von EnEV und EEWärmeG auf, die ja noch in diesem Jahr abge­glichen werden sollen. 

Als recht­licher Rahmen für ein Ener­gie­ef­fi­zi­enz­gesetz (von der Kanzlei EnEffG genannt) SOLL die Gleich­ran­gigkeit gelten, es soll also denselben Rang einnehmen wie die verschie­denen Bereiche der Energieerzeugung.

Die Spezia­listen fordern dabei verbind­liche Ziele zur Stei­gerung der Ener­gie­ef­fi­zienz, die sich an den Reduk­ti­ons­zielen der Klima­schutz­ab­kommen orien­tieren. Zudem müssten die Effi­zi­enz­maß­nahmen dauerhaft finan­zierbar und besten­falls haus­halts­un­ab­hängig sein. Als aktuelle Normen, in denen bereits Ziele formu­liert sind, gelten KWKG, EnEG und EnEV sowie StromStG und EnergieStG.

Als Hand­lungs­in­stru­mente zur Reali­sierung eines Effi­zi­enz­ge­setzes nennen die Autoren

  • umla­ge­fi­nan­zierte Vergü­tungs­pflichten wie das KWKG
  • ordnungs­recht­liche Gebote, Verbote und Duldungs­pflichten wie EEWärmeG, BImSchG, Smart-​Meter (§ 21c EnWG), EDL‑G, BGB (Mietrecht), EVPG)
  • Preis­in­stru­mente wie Steuern und Abgaben bzw. Steu­er­be­frei­ungen und Steu­er­ver­güns­ti­gungen (KraftStG/​KraftStDV, StromStG/​EnergieStG)
  • Informations- und Kenn­zeich­nungs­pflichten (PKW-​EnVK, EnEV, EnVKG/​EnVKV, EDL‑G)
  • finan­zielle Förder­instru­mente (EnEV, EEWärmeG, KWKG)

Harmo­ni­sie­rungs­bedarf bei EnEV und EEWärmeG

Für den Gebäu­de­sektor besteht teilweise Harmo­ni­sie­rungs­po­tenzial durch Verknüpfung von EnEV und EEWärmeG, denn zwischen den Normen bestehen wech­sel­seitige Bezüge und Mehr­fach­be­las­tungen und Nach­weis­füh­rungs­pflichten könnten reduziert werden.

Bedenklich sei jedoch, dass EnEV und EEWärmeG

  • unter­schied­liche Rechts­qua­lität hätten (Verordnung vs. Gesetz)
  • unter­schied­liche Ziele fokus­sieren würden (Ener­gie­ein­sparung vs. Förderung von Erneu­er­baren Energien)

Zudem könne eine Verknüpfung ohne erheb­liche Eingriffe in die Norm­ar­chi­tektur Auswir­kungen nur auf den Gebäu­de­sektor haben und damit der Effizienz-​Zielsetzung nur zum Teil gerecht werden.

Ener­gie­ef­fi­zienz ins Grundgesetz?

Mögliche Hand­lungs­op­tionen der Gesetz­gebung sehen die Autoren entweder in einer

  • Über­ge­setz­lichen“ Ebene (Veran­kerung in Art. 20a GG) oder einer
  • Vorge­setz­liche“ Ebene“ (Veran­kerung in der Gemein­samen Geschäfts­ordnung der Bundes­mi­nis­terien II).
  • Möglich seien auch „Gesetz­liche“ Ebene (Entwurf eines Ener­gie­ef­fi­zi­enz­ge­setzes – Schwer­punkt dieser Studie).

Die Veran­kerung des „Efficiency-first“-Prinzips auf „vertrag­licher“ Ebene in Form eines intra­fö­de­ralen Staats­ver­trags zwischen den Bundes­ländern kommt aufgrund der Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Bundes im Bereich der Ener­gie­ef­fi­zienz dagegen nicht in Betracht

Den Spielraum setzen die Autoren wie folgt an:

  • Die (konkur­rie­rende) Gesetz­ge­bungs­kom­petenz für ein Ener­gie­ef­fi­zi­enz­gesetz ist auf Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG dem Bund zuzuordnen.
  • Zur Wahrung der wirt­schaft­lichen Einheit ist auch eine bundes­ein­heit­liche Regelung erfor­derlich i. S. d. Art. 72 Abs. 2 GG
  • Das EnEffG muss sich hinsichtlich seiner Ziel­setzung mindestens an den EU-​Vorgaben orien­tieren. So gibt die Ener­gie­ef­fi­zi­enz­richt­linie ein über­ge­ord­netes Effi­zi­enzziel der Union von 20 % bis 2020 vor und verpflichtet die Mitglied­staaten, Maßnahmen zu ergreifen, die zu neuen jähr­lichen Ener­gie­ein­spa­rungen in Höhe von 1,5 % des jähr­lichen Ener­gie­ab­satzes führen. Bei der konkreten Ausge­staltung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz­maß­nahmen sind die Mitglied­staaten weitest­gehend frei.

Eine Bindungs­wirkung dahin­gehend, dass andere Gesetze gleichen Ranges, die die Ziele des EnEffG mögli­cher­weise konter­ka­rieren, nicht erlassen werden dürfen, kann ein EnEffG grund­sätzlich nicht entfalten. Einfluss auf bestehende Gesetze (beispiels­weise hinsichtlich der Abschaffung von Fehl­an­reizen im EEG oder StromStG) kann durch das EnEffG ebenfalls nicht ausgeübt werden.

Effi­zi­enz­hier­archie

Im EnEffG kann zudem eine „Effi­zi­enz­hier­archie“ aufge­nommen werden, wonach

  1. Ener­gie­einsatz zu vermeiden ist,
  2. nicht vermeid­barer Ener­gie­einsatz effizient ausge­staltet sein muss, und
  3. (subsidiär) Ener­gie­einsatz der weder vermeidbar noch effizient auszu­ge­stalten ist, zulässig ist.

Diese „Effi­zi­enz­hier­archie“ kann Ausstrah­lungs­wirkung auf andere Rechts­be­reiche (bspw. BImSchG) haben. Effi­zi­enz­ziele könnten in Form von prozen­tualen oder absoluten Ziel­vor­gaben formu­liert werden, dabei bietet sich eine Diffe­ren­zierung nach sektor­spe­zi­fi­schen Ziel­vor­gaben an.

Förderung wichtig

Bei der Gewährung finan­zi­eller Förder­instru­mente sollte das Verhältnis zu den Nutzungs­pflichten gesetzlich verankert werden um das Prinzip der Subsi­dia­rität des Hausalts zu konkre­ti­sieren (vgl. § 15 EEWärmeG).

Als Beispiel für finan­zielle Förder­instru­mente dient eine „Abwrack­prämie für Alt-​Heizungen, Steu­er­be­frei­ungen und –vergüns­ti­gungen mit einer Kopplung an Ener­gie­ef­fi­zi­enz­maß­nahmen (bspw. Ener­gie­ma­nage­ment­systeme) sollten nicht isoliert in einem EnEffG geregelt werden, sondern im Gesetz des Steuerentstehungstatbestands.


Über den aktuellen Diskus­si­ons­stand bei der Wärme­wende, die von einem Energieeffizienz-​Gesetz am stärksten beein­flusst würde, berichtet Energieblogger-​Kollege Andreas Kühl hier in seinem Blog energynet.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

1 Kommentar

  1. jogi54

    Ich finde es absurd, wenn heute noch EFH nach KfW70 neu gebaut und gefördert werden, die mit dem Trick, eine Solar­ther­mie­anlage aufs Dach zu montieren, KfW70 gerade so erfüllen.

    Generell sollte eine Förderung von ener­gie­ein­s­pa­renden Maßnahmen in der einzig sinn­vollen Reihenfolge:
    1) Redu­zierung des Bedarfs (auf min KfW40)
    erst dann:
    2) Verbes­serung der Wärmeerzeugeranlage

    Bei Neubauten macht nur Sinn, schon heute Passiv­h­aus­standard zu bauen – alles andere wird ggf. nicht mehr ausrei­chend zu verbessern sein.

    LG jogi54

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