Der Treibstoff E85 kommt dem Wort Sprit im ursprünglichen Sinn des Wortes am nächsten. Der Exot unter den Kraftstoffen erfreut sich wieder wachsender Beliebtheit. Verspricht er Tankstellenbetreibern auch eine ausreichende Marge?
Zunächst die Zahlen: 2012 wurden ca. 24.600 Tonnen E85 abgesetzt, knapp 8,1 Prozent mehr als 2011. Das sind 0,13 Prozent des gesamten Benzin-Absatzes in Deutschland. Für 2013 ist ein rückläufiger Absatz zu erwarten.* Im März konnte man diesen Treibstoff an 333 Tankstellen zapfen (Verteilung siehe Kasten). Deren Anzahl ist – nach ununterbrochener Zunahme seit 2008– in diesem Jahr erstmals gesunken. Dies liegt vor allem an der Stilllegung von Altanlagen und dem recht komplizierten Zulassungsverfahren für neue Zapfstellen. Aber dazu später.
Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) fahren derzeit 8.876 Fahrzeuge (darunter acht LKW!) mit dem hochprozentigen Bioethanolgemisch – gegenüber 2012 eine Steigerung von 37,5 Prozent. Tatsächlich dürften es deutlich mehr sein, denn die Flensburger erfassen nur werkseitig ausgerüstete Fahrzeuge, nicht jedoch die Antriebsarten von Re-Importen sowie Nachrüstungen. Einige große Autobauer haben Modelle mit E85-tauglichen Antrieb für den deutschen Markt im Angebot (Flex Fuel genannt, siehe nebenstehende Liste).
Große Unbekannte: Die Steuer
Von einem Boom will in der Branche niemand sprechen, da die Steuerbegünstigung für den Bioethanolanteil in E85, die derzeit dafür sorgt, dass E85 gut 50 Cent günstiger als Super E10 ist, am 31.12.2015 ausläuft und neu verhandelt wird. Möglich ist eine Abschaffung. Dann wäre der E85-Markt erledigt. Oder aber eine Verlängerung, eventuell mit anderem, etwas höheren Steuersatz. Im zweiten Fall hätte der Vertrieb von E85 eine Zukunft, zumal die Mineralölgesellschaften dann E85 weiter auf ihre Erneuerbaren-Quote anrechnen können – so wie bisher. Wichtig wäre auch, so Simon Schmidt vom Bioethanolhersteller CropEnergies mit eigenem Vertrieb der E85-Marke CropPower, ob eine für diesen Kraftstoff aussagefähige Bestimmung der Abgaswerte anerkannt und eingeführt wird.
Nach dem aktuellen Prüfverfahren für die Euro 5b-Abgasnorm werden die Kohlenwasserstoff-Emissionen beim Kaltstart mit E85 deutlich überschätzt. Ursache dafür ist, dass in der Berechnung der Emissionen der hohe Sauerstoffanteil in E85 fälschlicherweise als Kohlenwasserstoff behandelt wird. Dies erschwert die Zulassung von Flex Fuel-Fahrzeugen. Angesichts des hohen Anteils von erneuerbarer Energie in E85 und den damit verbundenen niedrigeren CO2-Emissionen ist diese Entwicklung bedauerlich. Aus Brüssel ist jedoch zu vernehmen, dass die EU-Kommission bereits im September einen Vorschlag zur fairen Berechnung der Kohlenwasserstoff-Emissionen vorlegen könnte.
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Lohnt sich E85?
Wer sich dennoch auf das Wagnis E85 einlässt, dem sei mit einer einfachen Beispielrechnung geholfen. Ausgehend von den abgesetzten 24.600 Litern E85, die wieder 32,8 Millionen Litern entsprechen, ergibt sich für jede der 333 Tankstellen in Deutschland ein Absatz von gut 98.500 Litern im Jahr. Die Marge ist nach Brancheninfos etwas auskömmlicher als bei Benzin oder Diesel und wird mit bis zu 15 Cent beziffert. Macht aufs Jahr gerechnet einen Roh-Gewinn nur beim Spritverkauf von gut 14.775 Euro. Sollte die Steuerminderung fortbestehen und zieht man das Kopplungsgeschäft mit Shop, Bistro und Waschanlage in Betracht, kann dies ein sicheres Geschäft auch in der Zukunft sein.
Geschrieben für Brennstoffspiegel und Mineralölrundschau, Ausgabe 10/2013. Der vollständige Text ist nur dort zu lesen.
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