Auch der Austausch von Ölkesseln wird weiterhin gefördert. Foto: intelligent-heizen.info Heizöl, Handwerk, Ölheizung, Heizungsbauer

Wärme­wende und Moder­ni­sie­rungs­quote: Was brachte das EWärmeG

von | 13. Januar 2016

Was seit 2010 in Baden-​Württemberg gilt, will auch Rheinland-​Pfalz, oder jeden­falls die dort mitre­gie­renden Grünen. Doch was bringt der Zwang zur Moder­ni­sierung? Zwar wurden im Ländle durch die Sanie­rungs­maß­nahmen schät­zungs­weise 35 Prozent CO2-​Emissionen bei Neubauten einge­spart. Doch die Moder­ni­sie­rungs­quote liegt im absoluten Bundesdurchschnitt.

Erwachsene wollen vor allem eines nicht: bevor­mundet werden. Wörter wie „müssen“ oder „sollen“ gelten als Reiz­wörter, die uns aus der Kindheit in unan­ge­nehmer Erin­nerung sind und auf die wir nur zu gern im täglichen Mitein­ander verzichten. Was für den Normal-​Bürger selbst­ver­ständlich ist, ist es für Politiker noch lange nicht. Gerade im Bereich der Ener­gie­ge­setz­gebung wimmelt es nämlich von „müssen“ und „sollen“. Das wenig über­ra­schende Ergebnis: Wie Kinder, die sich bockig stellen, wollen auch als Erwachsene nicht „müssen“ und nicht „sollen“.

Ein Beispiel dafür: Das landes­eigene Erneu­erbare Wärme-​Gesetz (EWärmeG) in Baden-​Württemberg. Seit 1. Januar 2010 fordert dies, dass nach Moder­ni­sierung durch Austausch der zentralen Heizungs­anlage bei bestehenden Gebäuden der jährliche Wärme­bedarf zu 10 Prozent (nach der Novel­lierung 2015 sind es 15 Prozent) aus Erneu­er­baren Energien gedeckt werden muss. Weil es die dortigen Landes­po­li­tiker so wollen, könnte diese Regelung demnächst Nachahmer in Rheinland-​Pfalz finden. Jeden­falls haben die dortigen Grünen einen entspre­chenden Passus für ihr Programm zur Land­tagswahl am 13. März 2016 aufgenommen. 

Check mittels Fakten

Doch wie effektiv war das EWärmeG im ersten Jahr? Für einen entspre­chenden Check wurde die Anzahl der Einwohner jedes Bundes­landes ins Verhältnis zur Anzahl der bewil­ligten KfW-​Zuschüsse für ener­gie­ef­fi­ziente Sanierung, teilte dies, um eine hand­habbare Größe zu bekommen, durch 1000. Das ganze wurde für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 1. März 2011 verglichen – soweit aktuelle Daten verfügbar waren. Die Ermittlung anhand der Bevöl­kerung und nicht anhand des Wohnungs­be­standes wurde deshalb gewählt, weil aktuelle Zahlen zum Gebäu­de­be­stand in Deutschland nicht vorliegen und derzeit erst mittels der Volks­zählung Zensus erhoben werden. Dabei entstand für Baden-​Württemberg eine Sanie­rungs­quote von 4,1 %. Hier die Übersicht:

Grafik: Ceto Verlag GmbH

Grafik: Ceto Verlag GmbH

Das Gesetz hat keinerlei signi­fi­kante Stei­gerung gebracht. Vergleicht man Baden-​Württemberg mit anderen Flächen­ländern, wie Bayern (5,3%), Hessen (5,7%), Rheinland-​Pfalz (4,8%) und das Saarland (4,6%), liegen diese bei der Bean­tragung von KfW-​Zuschüssen deutlich darüber – und das ohne ein eigenes Landes­gesetz. Selbst die neuen Bundes­länder Sachsen (6,2%), Sachsen-​Anhalt (4,7%) und Thüringen (7,3%) schneiden im Schnitt besser ab, obwohl der Moder­ni­sie­rungs­bedarf hier aufgrund der Nachwende-​Investitionen noch nicht so groß ist. 

Lediglich die Flächen­länder Bran­denburg (3,5%), Mecklenburg-​Vorpommern (1,7%), Nieder­sachsen (3,9%), Nordrhein-​Westfalen (3,4%) und Schleswig-​Holstein (3,3%) liegen unter dem Niveau von Baden-​Württemberg. Die Stadt­staaten Berlin, Bremen und Hamburg sind schlecht vergleichbar, da hier ein anderer Ener­giemix (größerer Anteil Fernwärme) und Eigen­tü­mer­struktur (größerer Anteil an Miet­woh­nungen) existiert.

Fazit

Offen­sichtlich scheinen Gesetze, die Haus­be­sitzer zur ener­ge­ti­schen Sanierung und zum Einsatz erneu­er­barer Energien zwingen, nicht geeignet, die Moder­ni­sie­rungs­quote – und das ist ein erklärtes Ziel der Bundes­re­gierung – von derzeit 1 auf 2 Prozent, bezogen auf den Häuser­be­stand, zu erhöhen. Das legt auch eine Statistik des Bundes­ver­bandes des Schorn­stein­fe­ger­hand­werks nahe. Demnach schrumpfte die Anzahl der Neuan­lagen von 2009 auf 2010 im Ländle um 60 Prozent!

Zumindest ein weiteres Ziel des EWärmeG, der CO2-​Ausstoss bei Neubauten, konnte einem ersten Bericht zufolge um 35 Prozent gegenüber herkömm­licher Bauweise reduziert werden. Unab­hängig davon erfreuen sich die Förder­mittel, insbe­sondere der KfW, zur ener­ge­ti­schen Sanierung wach­sender Beliebtheit. Hier ist offenbar ein richtiger Ansatz gegeben. 

Notwendig wäre aller­dings, dieses Instru­men­tarium weiter und vor allem tech­no­lo­gie­offen in Bezug auf alle Brenn­stoffe auszu­bauen und zu verein­fachen und, auch wenn die Kassenlage mal wieder wie im letzten Frühjahr eng wird, konti­nu­ierlich zur Verfügung zu stellen. Die Verun­si­cherung der Verbraucher bei der letzt­jäh­rigen Unter­bre­chung des Markt­an­reiz­pro­grammes (MAP) ist allen noch in bester Erinnerung.

Frei­wil­ligkeit statt Zwang verspricht auch hier, im Gegensatz zum „müssen“ und „sollen“, die größten Erfolgs­aus­sichten. Das scheint sich auch im Baden-​Württembergischen Landes­um­welt­mi­nis­terium herum­ge­sprochen zu haben. Im Erfah­rungs­be­richt zum EWärmeG, der 2011 veröf­fent­licht wurde, heißt es: „Die derzei­tigen Möglich­keiten, den Pflicht­anteil zu erhöhen, werden von den am Erfah­rungs­be­richt betei­ligten Akteuren weit­gehend zurück­haltend bewertet. Insbe­sondere die Auswertung der Antworten von Herstellern, Verbänden und Forschungs­in­sti­tuten … zeigt, dass eine Verschärfung der Anfor­de­rungen derzeit noch nicht empfohlen werden kann.“ Diese kam dann jedoch 2014.

Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel. Der voll­ständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 09/​2011 zu lesen. Für diesen Blog aktua­li­siert. Zum kosten­freien Probeabo geht es hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

3 Kommentare

  1. Frank Hettler

    Das EWärmeG zielt nicht darauf den Sanie­rungsstau im Heizungs­keller noch sonst wo aufzu­lösen. Es soll „lediglich” den erneu­er­baren Anteil bei der Heizungs­sa­nierung lang­fristig erhöhen, ohne die Kunden stark zu belasten oder die Heizungs­sa­nierung erheblich zu erschweren.
    Ansonsten würde es Sanie­rungs­stauf­AuflG heißen oder ähnlich 😉
    Dass man mit einer Förderung (MAP) eher einen Stau auflösen kann als mit einem Gesetz liegt in der Natur der Sache.
    Das MAP wird vom Bund finan­ziert – daher steigt die Quote im ganzen Bundesgebiet.
    BW erhöht über die L‑Bank die Zuschüsse zur ener­ge­ti­schen Gebäu­de­sa­nierung und ist deswegen vorne dran in D. was die Inan­spruch­nahme von KfW-​Förderungen in diesem Bereich betrifft.

  2. Frank Hetler

    Der altba­ckene Artikel von 2011 ist sehr schwer verständlich.
    Der Stand ist längst überholt:
    Das Gesetz für Neubauten heißt inzwi­schen EEWärmeG und kommt vom Bund.
    Die Novel­lierung des EWärmeG in Baden-​Würrtemberg fand 2015 statt (nicht 2014).
    Warum hat sich der Autor nicht wenigstens die Mühe gemacht die KfW-​Zahlen der letzten vier Jahre aufzu­ar­beiten? Die sind verfügbar! Dann hätte er gesehen, dass Baden-​Württemberg bei der ener­ge­ti­schen Sanierung vorne liegt was die Nutzung von KfW-​Zuschüssen betrifft.
    Diese Fakten haben zwar relativ wenig mit der Sanie­rungs­quote und dem EWärmeG zu tun. Umso mehr fragt man sich, warum diese Themen im Artikel vermischt werden.
    Inter­essant wäre neben der – allgemein stagnie­renden – Sanie­rungs­quote vor allem, ob das EWärmeG und seine Novel­lierung tatsächlich bei der Wärme­wende etwas bringt? Die über­wie­gende Zahl der Sanie­rungs­experten in Baden-​Württemberg glaubt jeden­falls daran.

    • Frank Urbansky

      Der Beitrag zeigt den Stand von 2011. Die Sanie­rungs­quote ist auch danach in Baden-​Württemberg zumindest bis 2014 nicht besser geworden. Hierzu gibt es belastbare Zahlen vom BDH. Erst ab April 2015 gibt es einen Anstieg bei den Ssnie­rungen, aber eben nicht nur in BW. Dies ist aber eher ein Zeichen, dass das MAP gegriffen hat. Das EWärmeG hat nach wie vor nicht bewiesen, dass es etwas effektiv gegen den Sanie­rungsstau im Heizungs­keller beigetragen hat, auch wenn das nicht sein aller­erstes Ziel ist.

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