Der Raketenträger USS Normandy und das Versorgungsschiff USNS Arctic im Arabischen Golf. Trotz zunehmender Unabhängigkeit vom Öl der Golfstaaten halten die USA ihr militärisches Engagement dort aufrecht. Foto: navy.mil

Fördert Fracking die US-Isolationisten?

von | 18. Mai 2015

Die US-​Geschichte ist über viele Jahr­zehnte hinweg vom Streit zwischen Isola­tio­nisten und Inter­ven­tio­nisten geprägt worden. Plädierten erstere für einen Selbst­bezug der USA, dem der Rest der Welt so ziemlich egal sei, setzten letztere auf ein Eingreifen, um zum einen Demo­kratie und American Way of Life, zum anderen Absatz­märkte für heimische Produkte zu fördern. 

Mit dem Kriegs­ein­tritt der USA in den 1. Weltkrieg wurden die Isola­tio­nisten weitest­gehend abge­meldet. Und mit dem Eingriff der USA in den 2. Weltkrieg ging ihr Einfluss gegen Null.

Doch die Zeiten ändern sich. Der American Way of Life war vor allem immer eines – ener­gie­in­tensiv. Konnten sich die USA bis vor den zweiten Weltkrieg noch größ­ten­teils selbst mit Öl versorgen, so war dies mit wach­sender Bevöl­kerung (Baby Boomer) ab den 50er Jahren des letzten Jahr­hun­derts nicht mehr möglich. Das Öl kam von nun an vorrangig aus der Golf­region, weswegen die USA dort Bündnisse eingingen,die mit ihrem Verständnis von Freiheit und Demo­kratie nur schwer in Einklang zu bringen sind. Man denke nur an Saudi-​Arabien, das zwar ein moderner Staat ist, jedoch bei Recht und Gesetz und in der Innen­po­litik eher auf mittel­al­terlich anmutende Koran-​Bezüge setzt.

Inter­essen auch ohne Öl

Diese Ener­gie­ab­hän­gigkeit erklärte bisher das Enga­gement der USA in der Golf­region. Das Geschäft war immer auch eine Win-​Win-​Win-​Situation. Zum einen ermög­lichte das von den USA gekaufte Öl den Golf­staaten einen bis dahin unge­kannten Reichtum, zum anderen verkauften die USA jede Menge Rüstungs­güter dorthin. Die Golf­region gilt als eine der hoch­ge­rüs­tetsten Areale der Welt. Konflikte brechen immer wieder an der Glaubens-​Bruchstelle von Sunniten und Schiiten aus oder ganz simpel entlang von Stammes-​Interessen, die dort eine starke Rolle spielen.

Einer der Gründe für das US-​Engagement fällt jedoch immer mehr weg. Die Fracking-​Revolution ermög­licht den USA in immer größeren Maße eine Eigen­ver­sorgung mit Öl und Gas. Bis 2035 soll diese voll­ständig erreicht sein. Von 2009 bis 2014 verzeichne die USA bei der Ölpro­duktion einen Anstieg auf 56 Prozent. Im gleichen Zeitraum halbierten sich die Netto­im­porte. Statt dessen wird wieder expor­tiert. Aktuell wurden im Januar und Februar sogar erstmals seit vielen Jahren wieder Öl nach Deutschland geliefert, wenn auch bescheidene 45.000 Tonnen.

Afrika vor Augen

Welches Interesse also sollten die USA noch an der Golf­region haben? Aktuell deutet nichts auf einen Rückzug hin. Der Rüstungs­markt ist nach wie vor verlo­ckend. Und die USA haben wohl auch das Beispiel Afrika vor Augen. Hier kappten sie mit dem Einsetzen der Natio­nal­be­we­gungen in den 60er Jahren weitest­gehend ihr Enga­gement. Die Folge: China besetzte zahl­reiche Stellen, wo vorher die Ameri­kaner aktiv waren. Und sorgt derzeit in einigen Ländern für einen regel­rechten Boom. China inves­tiert in Infra­struktur und erweitert so seinen Absatz­markt. Als Gegen­leistung verlangt China für seine hungrige Wirt­schaft Rohstoffe, unter anderem auch Öl.

Wie es aussieht, werden auch in den nächsten Dekaden die Isola­tio­nisten in den USA das Nachsehen haben.Selbst bei einer Eigen­ver­sorgung halten die USA ihr Enga­gement im Golf auch mili­tä­risch aufrecht. Er ist auch außerhalb des Öls ein ein inter­es­santer Absatz­markt. Und den kann nur bedienen, wer vor Ort präsent ist.

Vorschaubild: Der Rake­ten­träger USS Normandy und das Versor­gungs­schiff USNS Arctic im Arabi­schen Golf. Trotz zuneh­mender Unab­hän­gigkeit vom Öl der Golf­staaten halten die USA ihr mili­tä­ri­sches Enga­gement dort aufrecht. Foto: navy​.mil

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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