Vorschaubild: Die Niederheide-Grundschule in Hohen-Neuendorf. Foto: Havelbaude / Wikimedia unter Lizenz CC BY-SA 3.0

Schulen, die Bildung und Energie produzieren

von | 11. Juni 2015

Das Programm Bildungs­bauten im Effi­zi­enzhaus Plus-​Standard des Bundes­um­welt­mi­nis­te­riums will Schulen zu Ener­gie­pro­du­zenten machen. Zu den Berliner Ener­gie­tagen wurden zwei Objekte vorge­stellt, die nach dessen Maßgaben erbaut bzw. saniert worden sind und somit mehr Energie erzeugen als verbrauchen.

1. Neubau Niederheide-​Schule in Hohen-​Neuendorf bei Berlin

Hohen-​Neuendorf liegt im Speck­gürtel von Berlin. Die Stadt hat einen hohen Zuzugs­druck insbe­sondere von jungen Familien. Der Neubau eines neuen Grund­schul­ge­bäudes war unaus­weichlich. Für die Stadt kam es nach Bauamts­leiter Hans Michael Oleck vor allem darauf an, laufende Kosten zu vermeiden, während die Kommune finan­ziell derzeit noch gut gerüstet ist und die Mehr­kosten eines Energie-​Plus-​Gebäudes gut stemmen kann. Aller­dings – die Stadt verfügte über keinerlei Erfah­rungen mit derar­tigen Gebäuden. Zudem war der Zeitdruck recht hoch.

Gebaut wurde die neue Niederheide-​Schule von 2009 bis 2011. Die Schule umfasst 7.500 Quadrat­meter Brutto­fläche sowie eine Turnhalle. 540 Schüler lernen hier dreizügig von der 1. bis zur 6. Klasse. Folgende Grund­sätze wurden geplant und später realisiert:

  • Gebäu­de­struktur mit viel Spei­cher­masse für freie Kühlung, um die sommer­liche Über­hitzung zu vermeiden
  • Raum­konzept mit Tages­licht­einfall von mehreren Seiten, um eine hohe Tages­licht­au­to­nomie zu erreichen
  • Beleuch­tungs­konzept mit einer präsenz- und raum­tie­fen­ab­hän­gigen Beleuch­tungs­steuerung. Das 
  • Konzept sieht einen kombi­nierten Einsatz von LED-​Leuchten und ener­gie­ef­fi­zi­enten konven­tio­nellen Leucht­sys­temen vor.
  • Lüftungs­konzept beruht auf einer Kombi­nation von natür­licher und mecha­ni­scher Lüftung (hybride Lüftung)

Ein Pellet-​BHKW zur CO2-​neutralen Ener­gie­er­zeugung hingegen wurde nicht installiert.

Die HTW Berlin führt für das Gebäude ein laufendes Moni­toring durch, das auch der Fein­jus­tierung und Opti­mierung dient. Ener­ge­ti­scher Effekt: Das Gebäude verbraucht pro Jahr 23,6 kWh je Quadrat­meter und speist mit der Photo­vol­ta­ika­nalge 24, 1 kWh je Quadrat­meter ein. Versucht geglückt. Und die laufenden Ener­gie­kosten auf 0 gedrückt. Das war auch im zweiten Beispiel bitter nötig.

Der Vortrag von Hans Michael Oleck kann hier herun­ter­ge­laden werden.

2. Sanierung der Uhland-​Schule in Stuttgart

Die Uhland­schule in Stuttgart wurde 1954 errichtet, 2004 kam noch ein Erwei­te­rungsau hinzu. Hinsichtlich der beheizten Fläche ist sie mit der Schule in Hohen-​Neuendorf absolut vergleichbar. Auch sie ist eine Grundschule. 

2011 fielen Heiz­kosten von 60.000 Euro (153,9 kWh je Quadrat­meter und Jahr) und Strom­kosten von 20.000 Euro (16,7 kWh je Quadrat­meter und Jahr) im Jahr an. Auch wenn Stuttgart sicherlich nicht die ärmste Kommune ist – Schwaben sind sparsam und so war dem Amt für Umwelt­schutz der hohe Ener­gie­ver­brauch der voll­kommen unge­dämmten und teils einfach verglasten Gebäude ein Dorn im Auge.

Nach Stephan Kempe vom Amt für Umwelt­schutz der Landes­haupt­stadt Stuttgart kamen nur zwei Lösungs­an­sätze in Frage: 

  • Sanierung der Gebäu­de­hülle und Erneuerung der Anlagentechnik 
  • Deckung des Rest­ener­gie­be­darfs durch rege­ne­rative Energien

Folgende Einzel­maß­nahmen wurden geplant und realisiert:

  • Dämmung: Dach 20 cm, Außenwand 10 30 cm, Boden/​Dach Vakuum-​Isolations-​Paneele (VIP), EPS
  • Wärme­er­zeugung: Wärme­pumpe mit Erdsonden
  • Wärme­übergabe: Niedertemperatur-Flächenheizung 
  • Strom­erzeugung: Photovoltaik
  • Hybride Belüftung: Lüftungs­anlage mit 90 % Wärmerückgewinnung
  • Effi­zi­entes Beleuch­tungs­system: Tages­licht­ab­hängige Steuerung und Präsenzmelder
  • Keine Kälte­er­zeugung für Kühl­zwecke (Ausnahme: Server)

Derzeit laufen die Arbeiten noch. 2016 soll alles fertig sein. Dann erst ist zu ermitteln, ob die Rechnung wie in Hohen-​Neuendorf aufgeht.

Der Vortrag von Stephan Kempe kann hier herun­ter­ge­laden werden.

Vorschaubild: Die Niederheide-​Grundschule in Hohen-​Neuendorf. Foto: Havel­baude /​Wikimedia unter Lizenz CC BY-​SA 3.0

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
Schlüs­sel­fertige PV-​Module für Parkplätze

Schlüs­sel­fertige PV-​Module für Parkplätze

Parkplätze bieten ausreichend Platz für Photovoltaik. Doch für ihre Installation müssten die Autoplätze gesperrt werden. Ein Start-up umgeht das Problem mit vorgefertigten Systemen. Auch Einzelhandelsketten suchen nach Möglichkeiten, sauberen Strom vor Ort zu...

Welches Potenzial hat Biomethan?

Welches Potenzial hat Biomethan?

Biomethan könnte durchaus eine Rolle für Fahrzeuge und die Wärmeversorgung spielen. Die Potenziale sind begrenzt, aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Durch den Wegfall der EEG- und KWK-Vergütung kommen alte Biogasanlagen auf den Markt, die weiter betrieben werden...

Welches Potenzial hat Biomethan?

Welches Potenzial hat Biomethan?

Biomethan könnte durchaus eine Rolle für Fahrzeuge und die Wärmeversorgung spielen. Die Potenziale sind begrenzt, aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Durch den Wegfall der EEG- und KWK-Vergütung kommen alte Biogasanlagen auf den Markt, die weiter betrieben werden...

Recycling alter Fassaden setzt neue Nachhaltigkeitsstandards

Recycling alter Fassaden setzt neue Nachhaltigkeitsstandards

Gut 60 Prozent aller Deponieabfälle stammt auf dem Bauwesen – eine Kreislaufwirtschaft ist hier daher umso wichtiger. Ein Projekt nahe Hannover zeigt nun, wie auch alte Fassaden recycelt und wiederverwendet werden können. Alte Fassaden aus Hannover werden Teil eines...