Das Programm Bildungsbauten im Effizienzhaus Plus-Standard des Bundesumweltministeriums will Schulen zu Energieproduzenten machen. Zu den Berliner Energietagen wurden zwei Objekte vorgestellt, die nach dessen Maßgaben erbaut bzw. saniert worden sind und somit mehr Energie erzeugen als verbrauchen.
1. Neubau Niederheide-Schule in Hohen-Neuendorf bei Berlin
Hohen-Neuendorf liegt im Speckgürtel von Berlin. Die Stadt hat einen hohen Zuzugsdruck insbesondere von jungen Familien. Der Neubau eines neuen Grundschulgebäudes war unausweichlich. Für die Stadt kam es nach Bauamtsleiter Hans Michael Oleck vor allem darauf an, laufende Kosten zu vermeiden, während die Kommune finanziell derzeit noch gut gerüstet ist und die Mehrkosten eines Energie-Plus-Gebäudes gut stemmen kann. Allerdings – die Stadt verfügte über keinerlei Erfahrungen mit derartigen Gebäuden. Zudem war der Zeitdruck recht hoch.
Gebaut wurde die neue Niederheide-Schule von 2009 bis 2011. Die Schule umfasst 7.500 Quadratmeter Bruttofläche sowie eine Turnhalle. 540 Schüler lernen hier dreizügig von der 1. bis zur 6. Klasse. Folgende Grundsätze wurden geplant und später realisiert:
- Gebäudestruktur mit viel Speichermasse für freie Kühlung, um die sommerliche Überhitzung zu vermeiden
- Raumkonzept mit Tageslichteinfall von mehreren Seiten, um eine hohe Tageslichtautonomie zu erreichen
- Beleuchtungskonzept mit einer präsenz- und raumtiefenabhängigen Beleuchtungssteuerung. Das
- Konzept sieht einen kombinierten Einsatz von LED-Leuchten und energieeffizienten konventionellen Leuchtsystemen vor.
- Lüftungskonzept beruht auf einer Kombination von natürlicher und mechanischer Lüftung (hybride Lüftung)
Ein Pellet-BHKW zur CO2-neutralen Energieerzeugung hingegen wurde nicht installiert.
Die HTW Berlin führt für das Gebäude ein laufendes Monitoring durch, das auch der Feinjustierung und Optimierung dient. Energetischer Effekt: Das Gebäude verbraucht pro Jahr 23,6 kWh je Quadratmeter und speist mit der Photovoltaikanalge 24, 1 kWh je Quadratmeter ein. Versucht geglückt. Und die laufenden Energiekosten auf 0 gedrückt. Das war auch im zweiten Beispiel bitter nötig.
Der Vortrag von Hans Michael Oleck kann hier heruntergeladen werden.
2. Sanierung der Uhland-Schule in Stuttgart
Die Uhlandschule in Stuttgart wurde 1954 errichtet, 2004 kam noch ein Erweiterungsau hinzu. Hinsichtlich der beheizten Fläche ist sie mit der Schule in Hohen-Neuendorf absolut vergleichbar. Auch sie ist eine Grundschule.
2011 fielen Heizkosten von 60.000 Euro (153,9 kWh je Quadratmeter und Jahr) und Stromkosten von 20.000 Euro (16,7 kWh je Quadratmeter und Jahr) im Jahr an. Auch wenn Stuttgart sicherlich nicht die ärmste Kommune ist – Schwaben sind sparsam und so war dem Amt für Umweltschutz der hohe Energieverbrauch der vollkommen ungedämmten und teils einfach verglasten Gebäude ein Dorn im Auge.
Nach Stephan Kempe vom Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt Stuttgart kamen nur zwei Lösungsansätze in Frage:
- Sanierung der Gebäudehülle und Erneuerung der Anlagentechnik
- Deckung des Restenergiebedarfs durch regenerative Energien
Folgende Einzelmaßnahmen wurden geplant und realisiert:
- Dämmung: Dach 20 cm, Außenwand 10 30 cm, Boden/Dach Vakuum-Isolations-Paneele (VIP), EPS
- Wärmeerzeugung: Wärmepumpe mit Erdsonden
- Wärmeübergabe: Niedertemperatur-Flächenheizung
- Stromerzeugung: Photovoltaik
- Hybride Belüftung: Lüftungsanlage mit 90 % Wärmerückgewinnung
- Effizientes Beleuchtungssystem: Tageslichtabhängige Steuerung und Präsenzmelder
- Keine Kälteerzeugung für Kühlzwecke (Ausnahme: Server)
Derzeit laufen die Arbeiten noch. 2016 soll alles fertig sein. Dann erst ist zu ermitteln, ob die Rechnung wie in Hohen-Neuendorf aufgeht.
Der Vortrag von Stephan Kempe kann hier heruntergeladen werden.
Vorschaubild: Die Niederheide-Grundschule in Hohen-Neuendorf. Foto: Havelbaude /Wikimedia unter Lizenz CC BY-SA 3.0
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