Seit 15 Monaten fördert Saudi-Arabien auf Teufel komm raus. Für die Kunden weltweit ist das so erzeugte Überangebot ein Segen, profitieren sie doch auch von günstigen Preisen bei den Mineralölprodukten. Doch bleibt dies auch im neuen Jahr so? Brennstoffspiegel fragte drei namhafte Ölmarktanalysten.
Prognosen sind besonders schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Dieses wahlweise Mark Twain, Niels Bohr oder Karl Valentin zugeschriebene Bonmot gilt natürlich auch für den Ölmarkt. Dennoch zeichnen sich derzeit einige Entwicklungen ab, die eine genauere Vorhersage ermöglichen, so zum Beispiel die weltweit schwächelnde Nachfrage, auch wenn diese seit Jahresbeginn weltweit etwas anzieht.
Schwache Nachfrage drückt Ölpreis
„Die Ölnachfrage in Deutschland ist ja im Trend sogar rückläufig“, stellt Frank Klumpp, Analyst bei der LBBW, fest. „Das ist ein schleichender Prozess des Minderabsatzes. Weltweit steigt die Nachfrage seit Jahren nur mit 1 bis 1,5 Prozent jährlich. Auch für 2016 sehe ich keine wirtschaftlichen Wunder, deswegen gehe ich weiterhin von einer sehr preiswerten Mineralölenergie aus“, stimmt Helmut Buchmann vom Branchendienst O.M.R. OIL MARKET REPORT zu. Eine aktuelle Analyse von Exxon füttert diesen Trend mit Zahlen.
Angebot bleibt riesig
Die Nachfrage ist also wenig geeignet, die Preise fürs Rohöl und das seiner Produkte wieder nach oben zu treiben. Bleibe nun der zweite Faktor der gesamten Preisbildung, das Angebot. „Die OPEC wird ihre ausgeweitete Produktion sogar über das Ende des Jahres fortsetzen“, schätzt Eugen Weinberg, Chefanalyst bei Commerzbank Commodity Research. „Endlich scheint sich diese Politik auszuzahlen. Aktuell verzeichnen wir sichtbare Rückgange der US-Produktion.“ …
Doch noch ein weiterer Anbieter drängelt auf den Markt. Nach dem Auslaufen der US-Sanktionen zum 1. Januar 2015 wird der Iran, koste es, was es wolle, wieder Marktanteile erobern wollen – und das weltweit. „Wir beabsichtigen, unabhängig von den Preisen Öl zu verkaufen, obwohl wir das Öl natürlich lieber zu einem höheren Preis verkaufen würden. Doch der Preis wird durch den Markt bestimmt“, so Ölminister Bijan Namdar Zangeneh gegenüber Reuters. …
Gefahr für Russland und Norwegen
Nachfrage schwach, Angebot riesig, Preise günstig. Was kurzfristig hoffnungsvoll stimmt, könnte mittel- und langfristig auch die deutsche Ölimporteur-Landschaft verändern. Denn wenn unsere bisherigen Hauptlieferanten Russland und Norwegen mit ihren deutlich höheren Produktionskosten als Saudi-Arabien nicht mehr kostendeckend produzieren könnten, wäre es auch möglich, dass sie mittelfristig als Lieferanten ausfallen. …
Raffinerien kommen unter Druck
Die Russen, so Buchmann, können als Anbieter für Fertigprodukte auftreten und die ganze Handelskette bis hin zur Tankstelle bedienen. Dafür werden sie Gesellschaften gründen oder kaufen um dann den Markt aus eigener Kraft bedienen zu können. Damit seien sie auch „intern“ deutlich unabhängiger von den internationalen Ölpreisen. Wenn man die aktuellen Raffinerie-Margen ausblende, würden in Deutschland bis 2020 mehr und mehr „Netback-Verträge“ mit Rohöl-Produzenten abgeschlossen. Das Mineralölprodukt verliere an Bedeutung und es werden sich „Nischenbereiche“ etablieren. …
Wo steht der Preis zum Jahresende
Bei einer Prognose für den Ölpreis zum Jahresende liegen die Analysten jedoch deutlich auseinander. Buchmann sieht das Fass Nordseeöl Brent für 35 US-Dollar auf dem Markt, Klumpp bei 50 Dollar und Weinberg, der zaghafte Anzeichen einer Konjunktur sieht, bei 55 Dollar.
Geschrieben für Brennstoffspiegel. Der vollständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 10/2015 zu lesen. Zum kostenfreien Pobeabo geht es hier.
Vorschaubild: Wohin treibt der Ölpreis? Mit der Rückkehr des Irans an die weltweiten Handelsplätze, hier der Tanker Dena vor Rotterdam, wird auch weitere Bewegung und die Ölpreise kommen. Foto Alf van Beem /Wikimedia /Lizenziert unter CC0
0 Kommentare