Profitieren stark vom Industriestromprivileg: Gießereien. Foto: skeeze / pixabay

Indus­trie­strom­pri­vileg: Bundes­re­gierung sieht wenig Sparpotenziale

von | 19. Juli 2016

Für 2016 wurden insgesamt 2.137 Anträge auf Begrenzung der Umlage nach dem Erneu­erbare Energien-​Gesetz (EEG) genehmigt. Davon seien 2.006 Anträge auf Unter­nehmen entfallen, die Voraus­set­zungen zu zerti­fi­zierten Energie- und Umwelt­ma­nage­ment­sys­temen erfüllen müssen, so die Bundes­re­gierung. Eine Liste aller befreiten Unter­nehmen findet sich hier.

Die Umla­gen­be­freiung ist eines der am heftigsten umstrit­tenen Details des EEG 2014, das auch im EEG 2016, das ab nächsten Jahr gelten wird, beibe­halten wird. Die Defizite, die sich aus dieser Umla­gen­be­freiung ergeben,w erden auf alle anderen Strom­ab­nehmer, egal ob privat oder wenig strom­ver­brau­chend umgewälzt. Indirekt werden so auch Formen bestraft, die über Jahre hinweg in Ener­gie­ef­fi­zienz inves­tiert haben. Doch auch für die soll es Lösungen geben.

Immerhin: Voraus­setzung ist, dass die strom­kos­ten­in­ten­siven Unter­nehmen ein zerti­fi­ziertes Energie- und Umwelt­ma­nage­ment­system betreiben. Kleine Unter­nehmen mit weniger als fünf Giga­watt­stunden Strom­ver­brauch können ein alter­na­tives System betreiben.

Fach­kreise bemängeln zudem, dass die Befreiung von der Umlage eher einen Anreiz biete, keinen Strom zu sparen, da Unter­nehmen unter den entspre­chenden Grenzwert fallen könnten. Diese Gefahr sieht auch die Bundesregierung:

In der Beson­deren Ausgleichs­re­gelung bestehen an den Schwel­len­werten Anreize, Effi­zi­enz­maß­nahmen zu vermeiden, wenn Unter­nehmen dadurch der Verlust der Begrenzung der EEG-​Umlage droht. Hier besteht ein Konflikt mit dem Ziel nur dieje­nigen Unter­nehmen zu begüns­tigen, für welche die Strom­kosten von beson­derer Bedeutung sind. Durch die Schwel­len­werte bezüglich der Strom­kos­ten­in­ten­sität wird in diesem Sinne die mit der Begüns­tigung der strom­kos­ten­in­ten­siven Unter­nehmen verbundene zusätz­liche Belastung der übrigen Strom­ver­braucher begrenzt.

Wie viele Unter­nehmen in welchem Umfang Effi­zi­enz­po­ten­ziale nicht ausnutzen, ist der Bundes­re­gierung aller­dings nicht bekannt. Die Mehrheit der begüns­tigten Unter­nehmen befindet sich dem Bericht nach jedoch nicht in Schwel­len­wertnähe und hat damit keine Fehl­an­reize in Bezug auf Effizienz.

Effi­zenz­an­reize? Nur bedingt.

Nach Meinung der Bundes­re­gierung wird dieser Anreiz nach wie vor nicht beseitigt. Im Umkehr­schluss ließe sich nicht folgern, dass mit stei­gender Belastung auto­ma­tisch zusätz­liche Effi­zi­enz­an­reize entstünden. Denn die über­wie­gende Mehrheit der Umlagen- und Steu­er­be­gren­zungen diene dazu, die Wett­be­werbs­fä­higkeit der Unter­nehmen zu stärken und sie vor exis­tenz­be­dro­henden Härten zu schützen.

Als Begründung meint die Regierung:

Würden Unter­nehmen auf hohe Ener­gie­preise mit Produk­ti­ons­ver­la­ge­rungen oder mit der Einstellung der Produktion reagieren, so stiege nicht die Effizienz. Genau deshalb gibt es beispiels­weise die Besondere Ausgleichs­re­gelung im EEG.

Aller­dings führt diese Art der Argu­men­tation auch das ganze Indus­trie­strom­pri­vileg aus einfachen betriebs­wirt­schaft­lichen Gründen etwas ad absurdum: Eine Produk­ti­ons­ver­la­gerung würde immer aus Gründen der Effi­zi­enz­stei­gerung erfolgen, die bei einer umfas­senden Betrachtung neben Lohn­kosten, die aber in der ener­gie­in­ten­siven Industrie eine unter­ge­ordnete Rolle spielen, auch die Produk­ti­ons­kosten inklusive der Ener­gie­preise mit einbe­zieht. Klar würde bei der Analyse, ob es Effi­zi­enz­po­ten­ziale gibt. Diese wiederum könne man auch am alten Standort umsetzen. Doch wäre der Anreiz , dies zu tun, aufgrund des Indus­trie­strom­pri­vilegs gering. Und das bleibt, was es ist: Ein Geschenk an strom­in­tensive Industrie und Verkehrswirtschaft.


Durch das neue EEG wird die Industrie weiter begünstigt und die Energie in Bürgerhand weiter behindert. Für letztere such Energieblogger-​Kollege Kilian Rüfer hier Koope­ra­ti­ons­partner.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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