In der Leitwarte an der TU Ilmenau werden Netzbelastungen der Zukunft simuliert - auch für den Einsatz virtueller Kraftwerke. Foto: Urbansky

EAST: Ener­gie­wende braucht smarte Netze, virtuelle Kraft­werke und Speicher

von | 25. Juni 2019

Der Kongress EAST am 16. und 17. September 2019 in Erfurt wird sich auch virtu­ellen Kraft­werken widmen. Diese koppeln viele kleine Erzeuger oder Abnehmer von Strom zusammen und nutzen deren Poten­ziale zur Netz­sta­bi­li­sierung. In Zeiten von mehreren Millionen Wind­rädern und PV-​Anlagen sowie vielen dezen­tralen E‑Speichern sind sie unerlässlich.

Gut 31.000 Wind­kraft­an­lagen, das Gros davon an Land, und 1,7 Millionen PV-​Anlagen produ­zieren in Deutschland Energie. Vor gut 20 Jahren war dies noch wenigen Groß­kraft­werken vorbe­halten. Doch die Ener­gie­wende machte aus dem Monopol- einen Massenmarkt.

Wind und Sonne produ­zieren nicht konti­nu­ierlich Strom. Die Verbraucher benötigen jedoch Strom (fast) immer. Virtuelle Kraft­werke schalten deswegen viele kleine Erzeuger und Verbraucher zusammen. Sie koppeln etwa PV- und Wind­kraft­an­lagen, aber auch Biogas-​Hersteller und Block­heiz­kraft­werke und erreichen so eine stabile und vor allem konti­nu­ier­liche Strom­pro­duktion, die zudem zur Netz­sta­bi­lität beiträgt. Auf der anderen Seite gibt es Abnehmer, die in der Lage sind, bei sinkendem Strom­an­gebot vom Netz oder aber bei einem Über­an­gebot sofort ans Netz zu gehen. Teil­nehmern an diesem Regel­en­er­gie­markt winken zusätz­liche Erlöse für ihre Bereit­schaft, flexibel auf Angebot und Nachfrage zu reagieren.

Virtuelle Kraft­werke nun bringen alle diese Markt­ak­teure, also Produ­zenten, Verbraucher und Netz­be­treiber, mittels intel­li­genter Steu­rungen zusammen. Es gibt sie bereits auf lokaler und regio­naler Ebene. In Zukunft bedarf es ihrer auch auf natio­naler und inter­na­tio­naler Ebene. Dazu wird an der Tech­ni­schen Univer­sität Ilmenau seit September 2018 an einem eigens dafür einge­rich­teten Leitstand geforscht.

Thüringen ist aber auch nicht nur bei der Forschung ein Vorreiter für virtuelle Kraft­werke. Bereits 2010 wurde in Zella-​Mehlis eine PV-​Anlage auf einem Ärztehaus einge­weiht, die eine hohe Eigen­ab­de­ckung gewähr­leistet. Mittels weiterer Kompo­nenten wie Block­heiz­kraft­werken und Batte­rie­spei­chern kann sie aber auch flexibel auf den Strom­markt reagieren. Es war die erste für ein virtu­elles Kraftwerk geeignete Anlage im Freistaat.

Ein Jahr später wurden im Thüringer Vogtland vom Strom­markt­spe­zia­listen Energy2market fünf Biogas­an­lagen zu einem virtu­ellen Kraftwerk zusam­men­ge­koppelt. Seitdem kamen immer mehr dieser netz­dien­lichen Einrich­tungen hinzu, die sowohl für Liefe­ranten als auch Kunden eine Win-​Win-​Situaltion darstellen und die Sektor­kopplung befördern.

Dafür ein Beispiel: In Deutschland gibt es gut 800.000 Wärme­pumpen mit einer Leistung von 3.000 MW. Sie könnten allein fast die gesamte, in Deutschland benötigte Regel­en­ergie abdecken. Die Voraus­setzung ist, sie mittels virtu­eller Kraft­werke dann mit Strom zu beliefern, wenn dieser im Überfluss da ist, oder vom Netz zu nehmen, wenn dies eben nicht der Fall ist.

Klar ist dabei auch, dass diese virtu­ellen Kraft­werke immer mit Speichern gekoppelt sein müssen. Denn eine hundert­pro­zentige Über­ein­stimmung von Angebot und Nachfrage wird sich auch im noch so gut ausge­steu­erten Strom­markt der Zukunft nicht erreichen lassen. Für Reser­ve­leis­tungen und Last­spitzen sind die Speicher unverzichtbar.

Zwei Workshops zur EAST, Digitale Vernetzung intel­li­genter Speicher sowie Sektor­über­grei­fendes Ener­gie­ma­nagement, werden sich virtu­ellen Kraft­werken und der Rolle von Speichern darin widmen.

Mehr dazu hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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