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Gutachter sehen EEG-​Ausschreibungen kritisch

von | 5. Juli 2016

In der gestrigen Anhörung zum neuen EEG hielten die Experten im Wirt­schafts­aus­schuss nicht mit Kritik hinterm Berg. Zwar sah Carsten Rolle für den Bundes­verband der deutschen Industrie (BDI) die vorge­se­henen Ausschrei­bungen grund­sätzlich positiv. Man verspreche sich mehr Kosten­ef­fi­zienz. Aber es drohten weiterhin Stei­ge­rungen der EEG-Umlage. 

Ausschrei­bungen würden bei der Photo­voltaik nur Groß­an­lagen über ein Megawatt betreffen. Damit würden nur 20 Prozent des jähr­lichen Zubaus von der Pflicht zu Ausschrei­bungen erfasst. Der BDI will auch eine Auffang­re­gelung für Unter­nehmen, die bei der EEG-​Umlage begünstigt waren, aber wegen sinkenden Strom­ver­brauchs unter den Schwel­lenwert fallen würden. Diese Unter­nehmen hätten erheblich höhere Strom­kosten, obwohl sie weniger Strom verbrauchen würden.

Professor Achim Wambach (Zentrum für Euro­päische Wirt­schafts­for­schung) bedauerte den Verzicht auf regio­na­li­sierte Ausschrei­bungen. Damit könne es zu weiteren Baupro­jekten an küsten­nahen Stand­orten kommen. Folge sei eine Verschärfung des Nord-Süd-Problems.

Stefan Kapferer vom Bundes­verband der Energie- und Wasser­wirt­schaft (BDEW) forderte Ände­rungen bei den Ausschrei­bungs­mengen. So müsse berück­sichtigt werden, dass nicht alle Projekte, die einen Zuschlag erhalten hätten, tatsächlich auch gebaut würden. Daher müsse die Ausschrei­bungs­menge höher sein als der ange­strebte Zielkorridor.

Horst Seide forderte für den Fach­verband Biogas einen breiteren Ausbaupfad für den Bau von Biogas­an­lagen. Die vorge­sehene Begrenzung auf 150 Megawatt sei nicht ausrei­chend, sagte Seide, der auch das Fehlen einer Anschluss­re­gelung für Altholz­kraft­werke und eine Benach­tei­ligung kleiner Akteure kritisierte.

Gegen die Absicht, den Anteil der erneu­er­baren Energien auf 45 Prozent fest­zu­schreiben, wandte sich Hermann Falk vom Bundes­verband Erneu­erbare Energien (BEE). Statt­dessen sei es besser, den „bewährten dyna­mi­schen AusbauW fort­zu­schreiben. Er bezwei­felte, dass Deutschland mit den Rege­lungen der EEG-​Novelle die Klima­ziele bis 2020 einhalten könne.

Die Ausschrei­bungs­mengen gerade für Wind­energie an Land müssten größer sein, „damit auch kleine und mittel­große Akteure wie Stadt­werke eine realis­tische Chance auf einen Zuschlag haben“, forderte Michael Wübbels für den Verband kommu­naler Unter­nehmen (VKU). Sonst würden sich die kleinen Akteure aus dem Markt zurück­ziehen und das Feld wenigen Groß­kon­zernen überlassen.

Martin Altrock (Becker Büttner Held) bezeichnete es als unsicher, ob die Einführung von Ausschrei­bungen tatsächlich geeignet sei, die Ziele Kosten­senkung, Mengen­steuerung und Erhalt der Akteurs­vielfalt ange­messen auszu­ta­rieren. Ein Prüfungs­in­tervall von vier Jahren sei deshalb zu lang. Besser seien zwei Jahre. Er forderte zudem erwei­terte Möglich­keiten der Bürgerbeteiligung.

Ebenfalls Zweifel an der Ziel­er­rei­chung durch Ausschrei­bungen äußerte Claudia Kemfert (DIW Berlin). Die Tücken würden im Detail stecken. Erfah­rungen aus anderen Ländern würden zeigen, dass keines­falls sicher sei, dass die Vergü­tungs­höhen sinken würden.

Eckhard Ott (Deutscher Genossenschafts- und Raiff­ei­sen­verband) forderte verschiedene Maßnahmen, um Bürger-​Energieprojekte zu stärken.

Klaus Ritgen (Deutscher Land­kreistag) wies in seiner Stel­lung­nahme darauf hin, dass trotz der Sonder­re­ge­lungen für die Bürgern­er­gie­ge­sell­schaften immer noch große Hürden für kleine Akteure bleiben würden.

Mit der Synchro­ni­sation des Netz­ausbaus mit dem Ausbau der erneu­er­baren Energien beschäf­tigte sich auch Martin Grundmann (ARGE Netz): „Der fehlende Strom­netzbau ist weiter die zentrale Ursache für massive Verwer­fungen bei der Ener­gie­wende.” Ganze Regionen seien von Zwangs­ab­schal­tungen der Anlagen betroffen. Mengen, die das Stromnetz nicht aufnehmen könne, müssten für „power-to‑x”-Lösungen verwendet werden, forderte Grundmann. Ob das tatsächlich so ist, steht aller­dings auf einem anderen Blatt (mehr dazu hier).

Uwe Nestle (Energie- und Klima Politik) warnte in seiner Stel­lung­nahme davor, den Ausbau der erneu­er­baren Energien an den Netz­ausbau zu knüpfen. Dies würde der Erfüllung des Ziels der Umwelt­ver­träg­lichkeit entgegenstehen.


Das Ausschrei­bungs­modell für den Ausbau der EE ist eine EU-​Vorgabe. Darüber schreibt der Blog energie effizient sparen hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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