Solarthermieanwendung in einer Hamburger Wohnsiedlung. Foto: Wagner Solar

Solar­thermie: An ausrei­chend Dach­fläche und Speicher denken

von | 18. Juli 2016

Statement von Christoph Menke, Professor für Versor­gungs­technik /​Ener­gie­technik an der Hoch­schule Trier, über die Planungen von groß­flä­chiger Solar­thermie in der Gebäudetechnik.

Prin­zi­piell gelten für große Solar­thermie im Gewerbe oder im Wohnungsbau folgende Voraus­set­zungen: Die Gebäude sollten Niedrigenergie-​Standard haben und die Heizungs­systeme mit niedrigen Vorlauf­tem­pe­ra­turen arbeiten, idea­ler­weise mit einer Fußboden- oder Wandheizung.

Christoph Menke.

Christoph Menke.

Die Solar­thermie sollte bei einer inte­grierten Gebäu­de­planung von Anfang an mitge­dacht, und nicht erst, wie es meist der Fall ist, die Tech­nische Gebäu­de­aus­rüstung erst dann eingebaut werden, wenn das Gebäude steht.

Damit kann man auch ein weiteres Problem umgehen. Mehr­ge­schossige Wohn­ge­bäude verfügen, im Gegensatz zu Einfamilien- oder Reihen­häusern, über eine geringe Dach­fläche, die zudem Platz vorhalten muss für Fahr­stuhl­kom­po­nenten oder Photo­voltaik. Im Gewer­bebau hingegen hat man es häufig mit Well­blech­dä­chern zu tun, die keine ausrei­chende Tragkraft ausweisen. Will man Solar­thermie einbinden, müssen diese Schwach­stellen schon in der Planung ausge­schaltet werden.

Zudem muss immer ein Speicher mitge­dacht werden. Bei Wohn­quar­tieren bieten sich auch Nahwär­me­netze an. Sollen Solar­ther­mie­an­lagen in der Nähe des Abnehmers platziert werden, und das macht Sinn, muss man hier auch Platz für einen Boiler zum Wasser vorwärmen einplanen. Und es muss sicher­ge­stellt sein, dass die Wärme sicher in die Speicher und zu jedem Abnehmer gelangt. Umfang­reiche Verschal­tungen und zu viele Regel­ventile bringen unserer Erfahrung nach nichts.

Zu den Kosten: Die große Solar­thermie ist preis­werter als die kleine. Man muss aber auch beachten, dass sie nicht für einen hohen solaren Deckungsrad steht, sondern für höhere Solare Erträge von 400 bis 450 kWh Wärme pro m² Kollek­tor­fläche und Jahr. Das ist nur zu reali­sieren, wenn der solare Deckungsgrad auf 15 bis 25 Prozent begrenzt wird.

Große Solar­thermie hat einen Skalen­effekt, der abfla­chend ist. Bei 100 oder 200 m² hat man schon sehr gute, niedrige spezi­fische Investitions- und Amor­ti­sa­ti­ons­kosten. Diese fallen aber nicht mehr signi­fikant, wenn man auf 500 m² oder mehr erhöht. Grund­sätzlich ist die Amor­ti­sation im Wohn­ge­bäu­de­be­reich einfacher, weil hier in längeren Zeit­räumen gerechnet wird. Durch­schnittlich in zehn Jahren hat sich hier die Inves­tition gelohnt, während es in der Industrie sehr häufig Vorgaben gibt, dass sich eine Inves­tition in zwei bis vier Jahren bezahlt machen müsse. Das ist mit Solar­thermie kaum zu erreichen.

Immerhin: Die Solar­thermie ist eine ausge­reifte Technik, die bei guter Instal­lation eine Lebens­dauer von 25 Jahren hat – inklusive der Speicher. Dabei ist der Verschleiß äußerst gering und betrifft Pumpen und Regler, also Kompo­nenten, die auch bei einer normalen Heizung von Zeit zu Zeit ausge­tauscht werden müssen.


Erschienen im IKZ Fach­planer. Erschienen in 06/​2016. Der komplette Beitrag ist auch hier online zu lesen.

Einen Überblick über die Markt­ent­wicklung bei Solar­thermie gibt Energieblogger-​Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Strom­aus­kunft.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

1 Kommentar

  1. Lara

    Ein sehr inter­es­santer Artikel zum Thema Solar­thermie. Soweit ich weiß, gibt es hierfür auch noch eine Förderung vom Staat.

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