1988 kostete Heizöl noch 37 Pfennig je Liter. Die Preise werden auch künftig kräftig steigen, weil die Nachfrage global steigt und die Reserven endlich sind. Welche Einflussfaktoren kurzfristig den Heizölpreis bestimmen, das erklärt Energieexperte Frank Urbansky.
Will man wissen, wie der Heizölpreis in Deutschland entsteht, sollte man nicht in den Himmel, sondern nordwestlich Richtung Nordsee schauen. Denn dort findet man die größte Raffineriedichte auf dem europäischen Kontinent. Im Raum Antwerpen-Rotterdam-Amsterdam, kurz ARA genannt, werden auch die Preise für das deutsche Heizöl gemacht.
In den großen Seehäfen, allen voran Rotterdam, werden riesige Mengen Rohöl angelandet. Das Öl kommt von verschiedenen Feldern in der Nordsee, aus Nordafrika und anderen überseeischen Fördergebieten. Zum einen wird dieses Rohöl an Raffinerien außerhalb des ARA-Raumes weitergeleitet. Zum anderen wird es dort – auch für den deutschen Markt – direkt zu Benzin, Diesel oder Heizöl verarbeitet. Diese Produkte kommen dann per Pipeline oder Schiff über den Rhein nach Deutschland.
Preisbestimmend sind die Ölpreise an den Rohstoffbörsen, die sich aus Angebot und Nachfrage bestimmen. Dort werden die Preise für kurzfristige Lieferungen (Spots) und langfristig in der Zukunft zu liefernde Menge (Termin) ausgehandelt. Deren Preise wiederum richten sich nach Erwartungen, die Käufer und Verkäufer für die künftige Preisentwicklung von Heizöl haben (siehe Fakten, die den Heizölpreis prägen).
Auch die Lagerhaltung beeinflußt den Preis. 30 Millionen Kubikmeter Tankraum sowohl für Rohöl als auch für Produkte wie Heizöl hat der ARA-Raum. Das würde reichen, um Deutschland vier Monate mit Rohöl zu versorgen. Diese Lager gehören überwiegend Rohstoff-Handelshäusern oder sogar Banken. Sie speichern zu günstigen Preisen ein, verknappen dadurch das Angebot und treiben damit den Preis nach oben. Sind die Tanks randvoll, dann wird zu den hohen Preisen verkauft und Kasse gemacht. Das Überangebot lässt die Preise fallen und das Spiel kann von vorn beginnen. Nur Monopoly ist schöner.
Der Marktmacht der niederländisch-belgischen Raffinerielandschaft und der dortigen Lagerbetreiber haben die deutschen Rohöl-Raffinerien wenig entgegenzusetzen. Zum Vergleich: Allein am Standort Antwerpen können von den dortigen vier Raffinerien gut 42 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr verarbeitet werden. Das ist die Hälfte dessen, was alle elf deutschen Raffinerien zusammen leisten können. Hinzu kommt noch der Preisdruck, den Raffinerien in Russland oder Indien ausüben, die deutlich günstiger produzieren.
Was der ARA-Raum an Produktpreisen vorgibt, kann von deutschen Marktteilnehmern kaum über‑, geschweige denn unterboten werden. Deswegen klagen die Raffineriebetreiber hierzulande schon seit Jahren über schwindende Margen. Grund sind der starke Konkurrenzkampf der von den Ölmultis betriebenen Raffinerien untereinander und die im Laufe der Zeit deswegen aufgebauten Überkapazitäten. Einige Raffinerien schlossen bereits (Wilhelmshaven und Bayernoil Ingolstadt) oder wurden nach Insolvenz von potenten ausländischen Investoren aufgekauft (so die RuhrOel GmbH Gelsenkirchen zur Hälfte an Rosneft und Petronord-Raffinerie Ingolstadt von dem russisch geprägten Ölhändler Gunvor).
Geschrieben für energiedepesche 1/2014, herausgegeben vom Bund der Energieverbraucher. Der vollständige Beitrag ist hier zu lesen.
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