Als Gründer von Noumena setzt sich Vincent Peikert dafür ein, digitale Unternehmen mit einer neuen Art von Ökosystemtechnologie zu unterstützen, um Organisationen einen starken, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Vorteil zu verschaffen. Foto: Noumena Digital AG

Ukraine-​Krise: Wie sicher ist die Erdgasversorgung

von | 22. April 2014

Über die Sicherheit der russi­schen Gaslie­fe­rungen nach Europa (Gesamt­im­porte ca. 167 Mrd. Kubik­meter lt. Der Spiegel) wird derzeit viel speku­liert. Das Szenario: Die Ukraine könnte sich aus den durch ihr Terri­torium verlau­fende Trassen für Europa bestimmtes Erdgas zur eigenen Versorgung abzweigen, worauf hin Russland bzw. Gazprom als Staats­konzern und Besitzer des Gases und eines Teils der Leitungen diese sperrt. Bisher ist dies noch nicht vorge­kommen, auch wenn 2012 eine solche Situation bereits bestand.

Fakt ist, dass ein Großteil der Gazprom-​Exporte tatsächlich über die Ukraine laufen, hier über die Pipelines Sojus mit 26 Mrd. Kubik­metern und Brot­herhood mit 30 Milli­arden Kubik­metern. Jedoch kann ein Teil auch über North Stream (55 Mrd. Kubik­meter) geleitet werden. Diese verläuft nicht durch die Ukraine, ist aber auch nicht in der Lage, den kompletten euro­päi­schen Bedarf an russi­schem Erdgas zu decken, zumal sie derzeit schon zu über 50 Prozent ausge­lastet ist.

Speku­la­tionen, die Slowakei könnte die Sojus-​Pipeline nutzen um Erdgas in die Ukraine zu liefern, wurden von dem Land inzwi­schen zurück­ge­wiesen. Erstens wolle man die Verträge mit Gazprom, denen das entschei­dende Leitungs­stück gehört, nicht verletzen, zweitens sei die umge­kehrte Gaslie­ferung in einer Pipeline ein recht kompli­zierter Prozess.

Damit sind auch die Pläne des deutschen Ener­gie­ver­sorgers RWE hinfällig, der genau auf diesem Weg rund 5 Mrd. Kubik­meter an die Ukraine liefern wollte. Deren Bedarf liegt aller­dings bei 25 Milli­arden Kubik­metern im Jahr. Liefern tut RWE statt dessen seit vergan­genen Woche über eine polnische Pipeline . Diese hat jedoch eine deutlich geringere Leistungsfähigkeit.

Eine weitere Kompo­nente wären außer­eu­ro­päische Importe. Nach den Worten des spani­schen Außen­mi­nisters José Manuel García-​Margallo könnte Algerien über Spanien zwischen 50 und 60 Milli­arden Kubik­meter Gas pro Jahr nach Europa liefern, so das Portal Stimme Russlands. Doch selbst wenn dies gelänge – der derzeitige Stand der Infra­struktur spricht dagegen – lassen sich damit die russi­schen Importe niemals voll­ständig ersetzen. Auch Norwegen könnte nur maximal 10 Mrd. Kubik­meter mehr fördern.

Bleibt zu konsta­tieren: Eine sichere euro­päi­schen Gasver­sorgung setzt eine Verstän­digung zwischen Russland und der Ukraine voraus. Bleibt die aus oder kommt es gar zu krie­ge­ri­schen Konflikten, wäre eine sichere Versorgung Europas und damit Deutsch­lands mit russi­schem Erdgas allein schon aus Kapa­zi­täts­gründen des Pipe­line­systems gefährdet. Etwas abge­federt werden könnte dies durch die deutschen Erdgas­speicher, die verpflichtet sind, rund 30 Tage die Versorgung bei einem mittleren Winter aufrecht zu erhalten. Nimmt man alle Unter­grund­speicher in Deutschland zusammen, so könnten sie die Versorgung sogar von 90 Tagen sicher­stellen. Aller­dings trat dieser Fall noch nie ein, sprich: Ob das Ausspeisen der Reserve im Ernstfall überall und fehlerfrei gelingt, kann niemand sagen.

Geschrieben für Bund der Energieverbraucher.

Original-​Beitrag hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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