Die Erdgasindustrie argumentiert gern, dass ohne Fracking in Deutschland die Importabhängigkeit zunehme und möchte entsprechende gesetzliche Freigaben, auch um besser planen zu können. Das ist generell richtig. Denn die in konventionellen Lagerstätten, also Sandstein, vorhandenen Erdgasvorräte neigen sich dem Ende.
Russland springt aktuell in diese Bresche und will mit einem Konsortium aus Firmen der EU, darunter E.ON und Shell, die Nord-Stream-Pipeline erweitern. Dann könnten zusätzlich 55 Mrd. Kubikmeter Erdgas hierher fließen. Das erhöht zwar die Abhängigkeit von Russland, macht aber, konstante Lieferungen vorausgesetzt, die einheimische Förderung wieder ein bisschen überflüssiger.
Deutsche Förderung endlich
Denn die sank von 21 Prozent um die Jahrtausendwende auf aktuell 8 Prozent. Tendenz: Weiter fallend. Gernot Kalkoffen, der Europachef von Exxon, rechnet mit einem jährlichen Schwund von 10 Prozent, sollte Fracking in Deutschland nicht zugelassen werden. Theoretisch wären dann nach Schätzungen Industriegewerkschaft BCE in 10 bis 15 Jahren Schluss mit der Erdgasförderung in Deutschland
Genau damit ist zu rechnen. Bei der Anhörung im Bundestag zur Novellierung des Fracking-Gesetzes fand Fracking zwar auf wissenschaftlicher Seite Zuspruch. So betonte der Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hans-Joachim Kümpel, beim Einsatz der Fracking-Technologie, die in Deutschland bereits seit fünf Jahrzehnten bei über 300 Fracks zum Aufschließen von dichtem Sandstein angewendet werde, sei es bisher zu keinem Schadensfall gekommen. Insbesondere kritisiert er die Tiefe von 3.000 Metern, ab der erst per Frack im Schiefergestein gefördert werden soll.
Starke Gegenallianz von Umwelt und Kommunen
Doch den Wissenschaftlern und der im WEG zusammengeschlossenen Förderindustrie steht eine Allianz aus Umwelt- und Kommunalverbänden entgegen. Ist die Motivation ersterer glasklar, fürchten letztere um die Trinkwasserreservoirs – das wichtigste Kapital der von ihnen betriebenen Wasserwerke. Es ist kaum zu erwarten, dass die Regierung hier der Förderindustrie entgegenkommt.
Doch was ist nun dran am Argument, dass Fracking hierzulande die Importabhängigkeit verringert? Die förderfähigen Reserven werden von der BGR auf 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter geschätzt. Nimmt man das obere Ende dieser Skala, wären das 15 mal so viel wie in konventionellen Lagerstätten. Vor einigen Jahren betrug das deutsche Förderniveau noch rund 12 Milliarden Kubikmeter. Bei den sicher anzunehmenden Reserven von 700 Milliarden Kubikmetern am unteren Ende der Skala würden diese knapp 60 Jahre reichen, beim eher unsicher anzunehmenden oberen Ende etwa das dreifache. Diese 12 Milliarden Kubikmeter entsprächen auch dem 12%igen Anteil am gesamten deutschen Verbrauch. Tatsächlich würde dies die Importabhängigkeit mindern.
Fracking 70 Prozent teurer
Dennoch fällt bei dieser Betrachtung eines heraus: der finanzielle Aspekt. Die Förderung in Russland ist trotz Transport per Pipeline nach Europa günstiger, da die Förderkosten bei Fracking ungefähr um 70 Prozent höher liegen als bei konventionellen Gaslagern. Das macht sich auch bei den seit 2010 kontinuierlich fallenden Gasimportpreisen bemerkbar. Grund: Russland, ebenso Norwegen und Niederlande, die beiden anderen großen Importeure hierher, fracken nicht. Die russischen konventionellen Gasreserven belaufen sich auf 47.500 Milliarden Kubikmetern, also dem mehr als 20fachen hiesiger Reserven inklusive der durch Fracking zu fördernden. Deutschland hingegen würde beim Fracking eine aufwändigere und – durch die vom neuen Gesetz zu erwartenden Auflagen – teurere Fördermethode wählen müssen.
Fracking müsste also politisch gewollt sein, um die Unabhängigkeit von Importen zu stärken. Doch davon ist derzeit nichts zu spüren.
In diesem Beitrag gehe ich bewusst nicht auf weitere Argumente pro und contra Fracking ein. Eine Übersicht dazu findet sich hier.
Grafik: WEG
0 Kommentare