Die im Norden und Westen im August gestartete Umstellung von so genanntem L‑Gas auf höher kalorisches H‑Gas könnte vor ernsten Schwierigkeiten stehen. Bisher gebe es nur rund 40 qualifizierte Monteure, um jährlich wie geplant 450.000 von insgesamt rund 4 Millionen Geräte umzustellen. Gebraucht würden aber über 600.
So lautet das Fazit bei einem Treffen von rund 100 Marktakteuren in Bielefeld zu diesem Thema. „Der Status quo reicht noch nicht aus, um die Anforderungen an Dienstleistungskapazitäten in den Jahren spätestens ab 2019 zu erfüllen”, so Randulph Noack, Geschäftsführer der Stadtwerke Porta Westfalica und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Erdgasumstellung (ARGE EGU).
„Wir brauchen verbindliche Zeitpunkte für alle Umstellungen, Personalaufbau und Kostensicherheit. Auch der Gesetzgeber und die Bundesnetzagentur sind noch gefragt”, so Michael Hübert, Geschäftsführer der SWB Netz GmbH und ebenfalls Sprecher der ARGE EGU.
Bei der Erdgasumstellung liegt die besondere Herausforderung darin, in einem Zeitrahmen von wenigen Wochen sämtliche Gasverbrauchsgeräte im Netzgebiet „H‑Gas-fit” zu machen.
Weniger deutsches Gas als Ursache
Grund für die Umrüstung ist der dramatische Rückgang der deutschen Förderung an Erdgas. Seit 2004 schrumpfte der Anteil von heimischen, insbesondere in Niedersachsen geförderten Erdgas an der Gesamtversorgung von 20 auf unter 10 %. Da deutsches und niederländisches Erdgas aus dem Feld Groningen, das ebenfalls vor einer drastischen Förderreduzierung steht, eine andere Qualität (so genannten L‑Gas mit etwas niedrigerem Energiegehalt) hat als Importgas aus Norwegen oder Russland (so genanntes H‑Gas), kommt auf die Gaswirtschaft eine Umrüstungswelle zu. Die betrifft zum einen die Netzinfrastruktur, zum anderen aber auch die Gaskessel von Kunden.
Kosten landen indirekt beim Kunden
Strittig ist auch die Frage der Kosten. Zwar beteuern die Netzbetreiber die Umstellung kosteneutral zu halten. Dennoch werden wohl die Kosten von knapp 1,7 Milliarden Euro von den Netzbetreibern auf alle Netzkunden verteilt. Bereits seit Anfang 2015 werde von den Marktgebietsbetreibern Gaspool und NCG eine Marktraumumstellungsumlage erhoben, die von den Verteilnetzbetreibern in das Netzentgelt eingerechnet werde. Das berichtet die Initiative Mittelstand nach Informationen des Energiedienstleisters Ispex AG. Daher werde diese von den Endkunden getragen, tauche jedoch nicht separat auf deren Gasrechnungen auf.
Geschrieben in mehreren Beiträgen für den Bund der Energieverbraucher und unter anderem hier nachlesbar.
Vorschaubild: Gasspeicher der EWE in Nüttermoor. Im Netzgebiet dieses Versorgers erfolgen demnächst die ersten Umstellungen von L- auf H‑Gas. Foto: EWE
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