Heizkraftwerk Berlin-Mitte, das auch das Regierungsviertel versorgt, dient auch dem Netzausgleich. Foto: Georg Slickers / Wikimedia / Lizenz unter CC BY-SA 3.0

KWK-​Anhörung: Die Vertei­digung der Kohle

von | 11. November 2015

Bei der heutigen Anhörung zum neuen Kraft-​Wärme-​Kopplungs-​Gesetz (KWK‑G) vor dem Bundes­tags­aus­schuss für Wirt­schaft und Energie ging es heftig zur Sache. Klar, dass die Vertreter der Groß-​KWK, insbe­sondere Gaskraft­werke bei Stadt­werken, aber auch kohle­ge­triebene Kraft­werke, die aus der Förderung raus­fallen sollen, Front gegen den bishe­rigen Entwurf machten. Die Stimmen pro Kohle reichen aber bis hin zu Umwelt­ver­bänden wie dem BUND, die eine brenn­stoff­neu­trale Förderung wollen.

Pro Kohle

Der Bundes­verband der Energie- und Wasser­wirt­schaft (BDEW) warf der Bundes­re­gierung vor, mit einem „Kunst­griff” das im Koali­ti­ons­vertrag bekräf­tigte Ziel von 25 Prozent KWK-​Stromanteil an der Netto­strom­erzeugung als Zahlenwert bestehen zu lassen, aber in der Realität durch eine geänderte Bezugs­größe drastisch zu kürzen, was auf eine Kürzung des KWK-​Ziels auf 19,5 Prozent im Jahr 2020 hinaus­laufen würde. Große Teile des KWK-​Potenzials würden ungenutzt bleiben.

Erneut unter­stützte der Verband, der große Strom­erzeuger und Kraft­werks­be­treiber vertritt, sein
Unver­ständnis, dass bestehende KWK-​Anlagen auf Kohle­basis von einer Unter­stützung ausge­schlossen werden sollen. Zudem würden mit dem Gesetz­entwurf auch Anlagen, die noch im Rahmen des vom KWK‑G 2012 gefördert werden, von der Bestands­un­ter­stützung ausge­schlossen. Das ist nicht gerecht­fertigt. Da die Börsen­strom­preise weiter fielen, sei generell der wirt­schaft­liche Betrieb aller Anlagen gefährdet. Der Bundesrat habe eine Förderhöhe von 2 Cent/​kWh einge­fordert – ein Wert, der sich mit den Berech­nungen des BDEW decke. Zudem fordere der Verband für bestehende Kohle-​KWK-​Anlagen einen Zusatz­betrag von 1 Cent/​kWh.

Der Verband kommu­naler Unter­nehmen (VKU), dessen Mitglieds­un­ter­nehmen 1.400 KWK-​Anlagen betreiben, will ebenfalls Kohle-​KWK weiter fördern. Udo Wiechert vom Effi­zi­enz­verband für Wärme, Kälte und KWK sprach sich ebenfalls gegen eine Selektion beim Brenn­stoff aus, „denn die Effizienz der Kraft-​Wärme-​Kopplung ist unab­hängig vom einge­setzten Brennstoff”.

Gegen den Plan der Regierung, für selbst verbrauchten KWK-​Strom in Zukunft keine Förderung mehr zu gewähren, wandte sich der Verband der indus­tri­ellen Kraft­werks­wirt­schaft: „Dies führt zu einer unge­recht­fer­tigten Diskri­mi­nierung der indus­tri­ellen gegenüber der öffent­lichen KWK.” 

Werner Neumann (BUND) sprach sich für eine Gleich­be­handlung aller KWK-​Anlagen aus. Kleine Neuan­lagen würden sich sonst nicht mehr so schnell amor­ti­sieren. Das könne auch Projekte in der Stadt­sa­nierung und Stadt­planung betreffen. Christian Noll (Deutsche Unter­neh­mens­in­itiative Ener­gie­ef­fi­zienz) ergänzte, durch das Gesetz werde die ortsnahe Versorgung unat­traktiv. Selbst sehr enga­gierte Bürger und auch Crowd-​Investoren würden bei kleinen Anlagen nicht mehr einsteigen. Quar­tiers­kon­zepte würden aber ohne KWK nicht funktionieren. 

1,5 Cent und 30.000 Stunden

Auch die geplanten Verän­de­rungen an der KWK-​Umlage, die über die Strom­rechnung erhoben wird, soll geändert werden, soll verändert werden. Um die Kosten für einen durch­schnitt­lichen Privat­haushalt nicht stärker als von derzeit neun auf etwa 19 Euro im Jahr steigen zu lassen, soll der redu­zierte Satz für strom­in­tensive Unter­nehmen von 0,025 Cent auf 0,03 Cent pro Kilo­watt­stunde leicht angehoben werden. Der VIK sprach von einer „erheb­lichen Zusatz­be­lastung” für die betrof­fenen Unternehmen.

Der Biogasrat, der nicht zur Anhörung einge­laden war, aber sich im Nachgang äußerte, will 1,5 ct/​kWh für bestehende KWK-​Anlagen für 30.000 Voll­be­nut­zungs­stunden als Förderung, anstatt wie bislang vorge­sehen für 16.000. „Die Verlän­gerung der Förder­dauer ist an die Voraus­setzung geknüpft, dass die Bestands­an­lagen eine zusätz­liche 5 prozentige Treib­haus­gas­min­derung über den gesamten verlän­gerten Förder­zeitraum erbringen entweder über effi­ziente Technik, Brenn­stoffwahl, Brenn­stoffmix oder der Kombi­nation aus Technik/​Brennstoff“, erklärt Janet Hochi, Geschäfts­füh­rerin des Biogasrat.

Auch der Bund für Umwelt und Natur­schutz (BUND) forderte in seiner Stel­lung­nahme die Beibe­haltung des 25-​Prozent-​Ziels, das, wie an dieser Stelle berichtet, nur noch für die Regel­strom­erzeugung gelten soll.

Vorschaubild: Für das Heiz­kraftwerk Berlin-​Mitte, das auch das Regie­rungs­viertel versorgt, ändert sich mit dem neuen KWK‑G wenig. Foto: Georg Slickers /​Wikimedia /​Lizenz unter CC BY-​SA 3.0

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. Markus Gailfuß (BHKW-Infozentrum)

    Habe ich was verpasst? Der Biogasrat war doch gar nicht zur heutigen Sachverständigen-​Anhörung geladen…

    • Frank Urbansky

      Das ist richtig, er hat sich aber im Nachgang der Anhörung geäußert, habe es im Beitrag entspre­chend angemerkt.

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