Müllverbrennungsanlage von VF, die auch zur Wärmeauskopplung genutzt wird. Kinamand / Wikimedia / Lizenz unter CC BY-SA 3.0

Fernwärme DK: Mit Non-​Profit zum Erfolg

von | 11. Dezember 2015

Fernwärme in Dänemark, insbe­sondere im Großraum Kopen­hagen, ist eine Erfolgs­ge­schichte. Politisch gewollt und von klug handelnden Akteuren umgesetzt, wächst der Anteil der Fernwärme kontinuierlich. 

Einen Erfolgs­faktor beleuchtet die aktuelle Wärmewende-​Info Nr. 24 (zum ersten Teil über die Fernwärme in Kopen­hagen geht es hier) von Ralf Radloff, pensio­nierter Wärmemarkt-​Experte des Minis­terium für Ener­gie­wende, Land­wirt­schaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-​Holstein , die demnächst hier veröf­fent­licht wird. Und zwar den Non-​Profit-​Charakter der verschie­denen Akteure – in Deutschland aktuell undenkbar. 

Als Beispiel dient Vest­for­brænding (VF) in der Gemeinde Glostrup im Speck­gürtel der dänischen Haupt­stadt. Das kommunale Unter­nehmen erar­beitet Stra­tegien, wie die Erdgas­ver­sorgung auch andereer Kommunen ersetzt wird durch Fernwärme. Der Preis­vorteil muss dabei mindestens 10 % betragen. Seit 2006 führt das Unter­nehmen diese Strategie. Den betrof­fenen Gasver­sorgern wird dabei sogar eine Entschä­digung gezahlt. Im Gegenzug erhält der Fern­wär­me­pro­duzent Daten über den Wärme­ver­brauch seiner zukünf­tigen Kunden und kann die Netze optimal anpassen. Dies führte dazu, dass VF mit die güns­tigsten Fern­wär­me­preise in Dänemark anbieten kann.

Das Unter­nehmen sieht seine eigenen Vorteile als gemein­schaft­liches kommu­nales Non-​profit-​Unternehmen wie folgt: 

  • VF könne ihnen Vorschläge für die stra­te­gische Wärme­planung vorlegen und letztlich geneh­mi­gungsreif ausar­beiten, sie reali­sieren und kosten­güns­tiger betreiben. 
  • Die Mitglieds­kom­munen profi­tierten nicht nur von dem Know-​How des Unter­nehmens sondern auch von den Syner­gie­ef­fekten, die sich durch eine gemein­schaft­liche Orga­ni­sation der Maßnahmen ergeben.
  • VF sieht sich nicht nur selbst als Vorreiter für den Fern­wär­me­ausbau und die Erschließung bisher mit Erdgas versorgter Gebiete. 
  • VF habe den Ener­gie­be­hörden bewiesen, dass es ein großes Potential der kosten­güns­tigen Erschließung neuer FW-​Gebiete gäbe. 
  • VF habe die Behörden und die Kommunen ermutigt, dieses Potential zu suchen. 
  • VF habe andere FW-​Unternehmen inspi­riert, mit ähnlicher Strategie – also Neuan­schluss ohne Anschluss­kosten – ihre Netze zu erweitern, wie etwa Løgum­kloster.

Die Wärme­preise von VF gehören in Folge dessen zu den nied­rigsten in ganz Dänemark. Die auch aus dieser unter­neh­me­ri­schen Strategie folgenden Erfolgs­fak­toren der Fernwärme in Dänemark im Allge­meinen und im Großraum Kopen­hagen im Beson­deren sind nach Radloff: 

  • Die verbind­liche kommunale Wärme­planung, mit der früh­zeitig eine effi­zi­enz­ori­en­tierte Wärme­ver­sor­gungs­in­fra­struktur aufgebaut worden ist. 
  • Der weit­ge­hende gesell­schaft­liche Konsens über die Energie- und Klima­schutz­po­litik, so dass im Ergebnis vieles nicht gesetzlich sondern über „Ener­gie­ver­ein­ba­rungen“ geregelt wird, etwa dem sukzes­siven Verbot fossiler Brennstoffe. 
  • Die vergleichs­weise hohe Besteuerung fossiler Ener­gie­träger (3,8 Ct./kWh) – auf deren Grundlage wesent­liche Entwick­lungen markt­ge­steuert ohne Förderung mit öffent­lichen Mitteln reali­siert werden. 
  • Die Orga­ni­sation der dänischen Ener­gie­un­ter­nehmen, die weit­gehend non-​profit-​Unternehmen sind. 
  • Die prag­ma­tische Haltung und die Anpas­sungs­fä­higkeit der dänischen Akteure: 
    • Beispiel Kohle­ver­drängung: Kurz­fris­tiger groß­vo­lu­miger Einsatz von Holz­pellets in den Kohle­kesseln, bis spätestens bis 2035 die Technik grund­legend erneuert sein muss. 
    • Beispiel Saiso­nal­speicher – in Dänemark kostet er etwa 2030 Euro je Kubik­meter, in Deutschland rund 600 und mehr Euro je Kubik­meter.

High tech ist kein Selbst­zweck, es muss nicht Rollce Royce sein, VW oder Fiat tut‚s auch. Anlass, bei uns einige Posi­tionen zu über­denken, so Radloff abschließend.

Vorschaubild: Müll­ver­bren­nungs­anlage von VF, die auch zur Wärme­aus­kopplung genutzt wird. Kinamand /​Wikimedia /​Lizenz unter CC BY-​SA 3.0

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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