Der Entwurf des neuen Strommarktgesetzes liegt nun vor. An dieser Stelle wurde schon über die Kapazitäts- oder Kohlekraftwerksreserve kritisch berichtet. Nach Meinung der Regierung besteht zu dem vorliegenden Entwurf keine kostengünstigere Alternative. Geprüft wurden dabei
- Zentraler (umfassender oder selektiver) Kapazitätsmarkt
- Dezentraler, umfassender Kapazitätsmarkt
- Weiterentwicklung des Strommarktes und Einführung einer Kapazitätsreserve.
Letzte sei dabei gegenüber einem Kapazitätsmarkt mit geringeren Kosten und Kostenrisiken verbunden. Kapazitätsmärkte führten sehr häufig zu Überkapazitäten, wiesen eine hohe Komplexität auf und bergen eine erhebliche Gefahr von Regulierungsversagen. Ein weiterentwickelter Strommarkt könne hingegen die Transformation des Energieversorgungssystems möglichst kosteneffizient erreichen, berge ein geringeres Risiko von staatlichen Fehlsteuerungen und setzt Anreize für innovative und nachhaltige Lösungen.
Hier nun die Eckpunkte:
- Kapazitätsreserve: wenn trotz freier Preisbildung an der Strombörse kein ausreichendes Angebot existiert, um einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu ermöglichen. Dazu sollen Erzeugungskapazitäten außerhalb des Strommarkts vorgehalten und bei Bedarf eingesetzt werden. Die Reserve soll technologieneutral sein und wettbewerblich ausgeschrieben werden. Das Verfahren wird dem der Photovoltaik ähneln.
- Kohlereserve: Ab 2016 gehen Braunkohlekraftwerke schrittweise aus dem Netz und werden vorläufig stillgelegt. Betroffen seien Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von 2,7 GW, was 13 % der gesamten in Deutschland installierten Braunkohlekraftwerkskapazität entspreche. Für jeweils vier Jahre könne auf diese Kraftwerke als letzte und befristete Absicherung der Stromversorgung zurückgegriffen werden.
- Für Sicherheitsbereitschaft und Stilllegung sollen die Kraftwerksbetreiber eine Vergütung erhalten. Die Gesamtkosten sollen sich über sieben Jahre auf 230 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Dies werde zu einem Anstieg der Netzentgelte um rund 0,05 Cent pro Kilowattstunde führen.
- Bilanzkreisbewirtschaftung und Ausgleichsenergiesystem: Dazu werden das EnWG und die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) geändert. Die Bilanzkreisverantwortlichen sollen ihre Bilanzkreise für jede Viertelstunde ausgeglichen halten.
- Eintrittsbarrieren für Anbieter von Lastmanagementmaßnahmen. Um bestehende Kapazitäten kosteneffizienter und umweltverträglicher einzusetzen, werden Eintrittsbarrieren für Anbieter von Lastmanagementmaßnahmen und Erneuerbare-Energien-Anlagen im Regelleistungsmarkt abgebaut. Dadurch wird der Einsatz von Flexibilitätsoptionen erleichtert. Hierzu könnten auch Power-to-Heat-Lösungen unterhalb der 5‑MW-Regelmarkt-Schwelle zählen.
- Ladesäulen für Elektromobile: erstmals energierechtlich klar eingeordnet, um Rechts- und Investitionssicherheit für den Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur zu schaffen.
- Kosten des Netzausbaus: durch eine effizientere Netzplanung reduziert. Durch Anpassung des EnWG und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2014) kann die Abregelung von Erneuerbare-Energien-Anlagen in Zeiten hoher Stromeinspeisung bei der Netzausbauplanung berücksichtigt werden. Im Entwurf soll die Abschaltleistung der Erneuerbaren maximal 3 % betragen.
- Um die Netzausbaukosten auch transparent und gerecht zu verteilen, werden die vermiedenen Netzentgelte für Betreiber von dezentralen Anlagen, die ab 2021 in Betrieb gehen, abgeschafft.
Zum Schluss noch zu den Umsetzungs-Kosten: Die Mehrkosten gegenüber dem bisherigen Status belaufen sich vor allem auf Personalkosten im BMWi (3,2 Stellen) und 50,5 Stellen bei der BNetzA. Letztere werden 6.502.200 Euro pro Jahr kosten. Hinzu kommen noch Erfüllungskosten in der Energiewirtschaft, doch die sind vernachlässigbar, weil deutlich unterhalb der Millionengrenze.
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