Gestänge einer Tiefbohranlage. Foto: CEP

Wir könnten 35 Prozent des heimi­schen Gasbe­darfs decken!“

von | 25. Februar 2016

Interview mit Christoph Löwer, Haupt­ge­schäfts­führer des Wirt­schafts­ver­bands Erdöl- und Erdgas­ge­winnung (WEG).


Eine Frage vorab: Hat bei den derzei­tigen Rohöl- und Erdgas­preisen die Förderung in Deutschland überhaupt eine Zukunft?

Christoph Löwer

Christoph Löwer

Christoph Löwer: Es ist gerade einmal 15 Jahre her, da lag der Ölpreis bei zehn Dollar je Barrel. Mit Preis­schwan­kungen können die Unter­nehmen umgehen. Richtig ist aber, dass in der geolo­gi­schen Situation, in der sich Deutschland befindet, bei den aktuellen Preisen neue Projekte schwie­riger werden. Deutschland hat ein signi­fi­kantes Potenzial für Gas- und Erdöl­pro­duktion. Bei der Nutzung der Reserven können wir etwa 90 Jahre 20 Prozent oder mehr des heimi­schen Gasbe­darfs aus heimi­scher Produktion decken. Die Entwicklung neuer Projekte dauert viele Jahre. Preis­schwan­kungen stellen dies nicht generell in Frage.

Sehen Sie derzeit noch Möglich­keiten, auf das Gesetz Einfluss zu nehmen?

Seit mitt­ler­weile vier Jahren wird in Deutschland über einen neuen gesetz­lichen Rahmen für Fracking disku­tiert. Das behindert die Inves­ti­ti­ons­tä­tigkeit der Industrie massiv. Die Folgen sind weiterer Produk­ti­ons­rückgang, mangelnde Beschäf­tigung für unsere Service­industrie und damit verbunden Arbeits­platz­abbau. Insofern ist es höchste Zeit, dass der Gesetz­geber über den neuen gesetz­lichen Rahmen entscheidet. Neben den wesent­lichen Einschrän­kungen für unsere Industrie ist mir wichtig, dass wir mit den Wasser­ver­sorgern eine Lösung gefunden haben, die beide Seiten tragen. Unsere gemeinsame Position zeigt, dass Erdgas­för­derung und speziell Fracking kein Wider­spruch zum Trink­was­ser­schutz sind. Dies sollte auch Moti­vation für die Politik sein, schnell zu einer Entscheidung zu kommen.

Wird das Gesetz überhaupt eine Grundlage für die hiesige Öl- und Gasför­derung bieten?

Der Gesetz­entwurf enthält eine Vielzahl von Verschär­fungen und Beein­träch­ti­gungen für die Erdgas- und Erdöl­pro­duktion. Diese reichen von Verbots­zonen über tech­nische Standards bis hin zu Umwelt­schutz­vor­schriften. Trotz dieser Belas­tungen, die sich insgesamt an der Schmerz­grenze bewegen, würde die deutsche E&P‑Industrie die Schaffung von Rechts­si­cherheit begrüßen. …

Wo sehen Sie den Anteil der deutschen Erdgas- und ‑ölför­derung am hiesigen Verbrauch, wenn Fracking dauerhaft verboten bliebe, im Jahr 2020 und 2030?
Das wird wohl nicht passieren, denn dafür gibt es keinen Grund. Auch die Gutachten der letzten Zeit haben keinen Grund dafür gefunden. Fracking ist bereits heute eine Standard-​Technologie, mit der wir in Deutschland jahr­zehn­te­lange Erfah­rungen haben. Ein Drittel unserer Produktion stammt bereits heute aus gefrackten Bohrungen.

Mir fehlt auch eine geopo­li­tische Diskussion zur Versor­gungs­si­cherheit in Deutschland und den stra­te­gi­schen Wert heimi­scher Förderung. Dies zum einen für die benö­tigten Mengen aber auch als Grundlage für die Weiter­ent­wicklung von Förder­tech­no­logien und tech­ni­schen Standards. Deutsche Inge­nieure sind weltweit gefragt, als Bohr­fach­leute und Entwickler von Tech­no­logien. Ohne die Basis der heimi­schen Produktion ist dies gefährdet. Ich denke dabei an Univer­si­täten und die weltweit einzige Bohr­meis­ter­schule in Celle, in der Spezia­listen für den inter­na­tio­nalen Einsatz ausge­bildet werden.

Und wo läge er, wenn Fracking nach 2018 erlaubt würde?

Das hängt davon ab, wie viel von dem gewal­tigen Potenzial, das die BGR in Deutschland ermittelt hat, wirt­schaftlich nutzbar ist. Als technisch nutzbar sieht sie ein so bedeu­tendes Potenzial, dass die heimische Erdgas­för­derung wieder deutlich ansteigen und für viele Jahr­zehnte die frühere Bedeutung wieder­erlangen könnte. Eine Studie aus dem vergan­genen Jahr kommt zum Ergebnis, dass in den 2030er Jahren die heimische Erdgas­för­derung den Erdgas­bedarf zu 35 Prozent decken könnte. …


Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel. Das voll­ständige Interview ist nur in der Ausgabe 02/​2016 zu lesen. Zum kosten­freien Probeabo geht es hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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