Prozesswärmekessel einer Fernwärmeanlage. Foto: BDH

Fernwärme: Einfach nur teuer

von | 24. Februar 2016

Fernwärme könnte so schön sein: Die ohne Zweifel effektive Produktion von Wärme und Strom, Auskopplung ersterer in Wärme­netze und Versorgung von vielen Wohnungen und anderen Abnehmern in Ballungs­ge­bieten mit hoher Anschluss­dichte. Dieses Modell sollte sich eigentlich für alle rechnen. Tut es aber nicht. 

Denn: Die Fernwärme sind seit Jahren im Vergleich mit anderen Brenn­stoff­trägern eigentlich nicht wett­be­werbs­fähig, weil viel zu teuer. Und das hat einen einfachen Grund: Das Monopol. Und in dem lebt es sich bekanntlich wohl.

Anders als bei anderen leitungs­ge­bun­denen Energien wie Strom und Gas kann es hier kein Legal Unbundling geben, also die Trennung von Wärme­er­zeuger und Wärmenetz. Pro forma existiert dies zwar meist. Aber in aller Regel gibt es sowieso immer nur einen Wärme­pro­du­zenten je Netz. Und das ist in aller Regel das jeweilige Stadtwerk. Eventuell wird Wärme von nahe­lie­genden Dampf­erzeugern zugekauft, so wie in Leipzig vom Kraftwerk Lippendorf. Doch die Preis­ge­staltung für die Endkunden verbleibt auch hier bei den Stadtwerken.

Kartell­wächter sind heiß

Dieses Praxis geriet bereits in den Blick der Kartell­wächter. Gegen sieben leitete das Bundes­kar­tellamt Verfahren ein. 2016 werden daraufhin die ersten Fern­wär­me­ver­sorger ihre Preise senken. In Thüringen und Mecklenburg-​Vorpommern haben einige Versorger ihre Tarife bereits auf Druck der Landes­kar­tell­be­hörden angepasst.

Doch das reicht Verbrau­cher­schützern nicht. In einem heute veröf­fent­lichten Posi­ti­ons­papier der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­verband (vzbv), der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Bundes­verband Neue Ener­gie­wirt­schaft (bne) fordert unter anderem Basis­in­for­ma­tionen zum Preis, den zur Wärme­er­zeugung einge­setzten Ener­gie­trägern sowie zu Emis­sionen und Netz­ver­lusten, die zudem für Verbraucher im Internet abrufbar sein.

Lange Laufzeite, intrans­pa­rente Preise

Bemängelt werden insbesondere:

  • Lange Vertrags­lauf­zeiten von regel­mäßig 10 Jahren und Vertrags­ver­län­ge­rungen von 5 Jahren Preis­er­hö­hungen oder Ände­rungen des Preis­systems während der Vertrags­laufzeit können Verbraucher nicht durch Anbie­ter­wechsel begegnen.
  • Bei Anschluss- und Benut­zungs­zwang (betrifft etwa ein Drittel aller Fernwärme-​Kunden) können Verbraucher oft selbst am Ende der Vertrags­laufzeit nicht auf ein anderes Heiz­system umsteigen.
  • Preis­kon­trolle durch eine Preis­re­gu­lierung oder eine Endpreis­ge­neh­migung findet nicht statt.
    Entwicklung hin zu immer höheren Grundpreisanteilen.
  • Ein solches Preis­system steht zudem im Wider­spruch zu Ener­gie­ef­fi­zi­enz­an­reizen und zur Ener­gie­wende, denn Fernwärme basiert wesentlich auf fossilen Rohstoffen wie Kohle und Gas.

Wie aller­dings eine Reform der Fernwärme-​Gesetzgebung aussehen könnte, das bleibt offen. Denn an der Versorger-​Struktur wird sich nichts ändern. Hier hilft nur eine stärkere Über­wa­chung, etwa durch die Spezia­listen der Bundes­netz­agentur. Darauf hob schon eine Studie des Bundes­mi­nis­te­riums der Justiz und für Verbrau­cher­schutz vom April letzten Jahres ab. Diese empfahl zudem, feste Vorgaben für die Preis­ge­staltung zu machen.


Wie eine effi­ziente Einbindung in ein Nahwärme- und Kältenetz eines ganzen Univer­si­täts­kli­nikums aussehen kann, beschreiben meine Energieblogger-​Kollegen von umspannen​.de hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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