Möglicher Quell für Elektrosmog: der Eurostecker. Foto: SomnusDe / Wikimedia / gemeinfrei

Elek­trosmog – Uner­kannte Sünder und Schutzmaßnahmen

von | 6. August 2019

Das Mün­che­ner IGT – Insti­tut für Gebäu­de­tech­no­lo­gie gibt monat­lich Tipps heraus, mit denen Mietern, Ver­wal­tern und TGA-Ver­ant­wort­li­chen die Steue­rung der Haus­tech­nik leicht gemacht werden soll. Im Juli nun befas­sten sich die For­scher mit Elek­trosmog und wie er vermieden werden kann.

Zum Thema „E‑Smog“ exis­tieren extrem unter­schied­liche Ansichten. Die einen tun dies als esote­ri­schen Unsinn ab – die anderen sind ausge­sprochen besorgt aber verdäch­tigen die falschen Verursacher.

Wer mit konkreten Mess­ge­räten nachmisst, wird fest­stellen, dass das The-​ma nicht ignoriert werden sollte und die echten „Sünder“ oft ganz andere wie vermutet sind. Mit diesem Wissen lässt sich die tatsächlich vorhandene Gefährdung auf Orga­nismen iden­ti­fi­zieren und reduzieren.

Gefährdung wird unterschätzt

Elek­trische und magne­tische Felder haben negative Auswir­kungen auf Orga­nismen! Konkrete Auswer­tungen, ab welcher Inten­sität diese Felder den Menschen nach­teilig beein­flussen oder gar nach­haltig schädigen, werden immer wieder kontrovers disku­tiert. Dass solche Auswir­kungen auf Orga­nismen entstehen, lässt sich aber sehr einfach nach­weisen. Zum einen verur­sacht eine zu hohe Belastung mit entspre­chenden Feldern oft unmit­telbare Auswir­kungen (Schlaf­stö­rungen, redu­zierte Rege­ne­ration, Stress-​Symptome) und stehen ganz intensiv in Verdacht, die frühere Bildung von soge­nannten „Alters­krank­heiten“ wie Demenz, Parkinson oder gar Tumore etc. zu fördern.
Dabei kann man die Inten­sität von Feldern mit Mess­ge­räten messen – erste prag­ma­tische aber brauchbare Mess­geräte sind bereits für wenigen hundert Euro erhältlich.

Dabei sollte der Fokus auf Bereiche in Haus oder Büro gelegt werden, wo man sich länger aufhält. Bett- und Arbeits­platz sind also besonders inter­essant während der Flur oder der Lagerraum vernach­lässigt werden kann.

Achtung bei elek­tri­schen Geräten mit „Euro-​Stecker“

Die wahren Sünder sind andere, als übli­cher­weise vermutet. Besondes auffällig sind alle elek­tri­schen Verbraucher bzw. Netzteile mit 2‑poligem „Euro-​Stecker“, auch oft als „Flach­stecker“ bezeichnet. Im Vergleich zum Schuko-​Stecker ist dieser nicht mit der Erdungs­klammer der Steckdose verbunden. Der Erdungs­an­schluss ist dabei nicht nur für eine Ableitung im Falle von Gehäu­se­span­nungen („Gehäu­se­schluss“) erfor­derlich, sondern hilft auch, im Gerät befind­liche Abschir­mungen zu erden. An Eurostecker-​Netzteilen misst man meist ein elek­tri­sches Feld von 300500V/m (bei poten­zi­al­freier Messung). Wenn solch ein Netzteil zum Laden des Handys in der Nähe vom Bett ist, wird dies eine zusätz­liche Belastung von 1530V/m am Liege­platz zur Folge haben.
Dabei zum Vergleich: Gemäß der Tabelle der SBM gilt für diese Art der Messung: alles über 1,5V/m ist „stark auffällig“ und alles über 10V/​m „extrem auffällig“. Dabei ist es egal, ob am Netzteil ein Handy etc. ange­steckt ist oder nicht, denn für das elek­trische Feld ist allein die Existenz der Spannung entscheidend.

Auch steck­do­sen­be­triebene Radio­wecker verfügen übli­cher­weise über einen Euro-​Stecker. Da im Inneren des Radio­we­ckers ein Netzteil ist, emit­tieren solche Radio­wecker ebenso ein „extrem auffäl-​liges“ elek­tri­sches Feld.

Ähnliches gilt für LED-​Lichterketten. Tipp für den Schlaf­platz ist es also, solche Netzteile und Ver-​braucher so weit wie möglich zu verbannen oder zumindest „eine ausge­streckte Armlänge entfernt“ zu posi­tio­nieren. Jeder cm Entfernung hilft deutlich! Bei Baubio­logen ist die Opti­mierung des Schlaf-​platzes die Priorität Nr. 1. Wenn man dort eine unauf­fällige Belastung erreicht, hat man das Problem auf einen Schlag für ein Drittel des Tages gelöst!

Ähnliches gilt am Arbeits­platz – auch dort sind alle Netzteile mit Euro-​Stecker extrem auffällig. Bei Notebooks wirkt das (meist metal­lische) Gehäuse verstärkend. Notebooks werden neuer­dings gerne mit Eurostecker-​Netzteilen ausge­liefert. Messungen an unter­schied­lichen Notebooks, deren Netztei-​le mit Euro-​Stecker ausge­stattet sind, haben bisher immer mehr als 1.000V/m (!!!) ergeben!

Notebooks mit Schukostecker-​Netzteilen ergeben Messwerte im Bereich von 50V/​m bis 150V/​m! Diese Messwerte ergeben sich direkt am Notebook. Sofern man das Notebook nicht auf den Schoß, sondern auf einen Tisch posi­tio­niert, reduziert sich die Belastung für den mensch­lichen Körper um jeweils ca. 90%.
Tipp für den Arbeits­platz ist es trotzdem, nur geerdete Verbraucher zu nutzen. Notebook-​Netzteile sollten über einen Schuko-​Stecker verfügen oder über ein USB-​Erdungskabel nach­träglich geerdet werden. Zum Laden des Handys empfiehlt es sich, das USB-​Ladekabel in eine USB-​Buchse des PC’s zu stecken und dafür auf das Eurostecker-​Handynetzteil zu verzichten.

High­lights der Sünder im HF-Bereich

Im HF-​Bereich (Hoch­fre­quenz) wird die Inten­sität der Strahlung als „Leis­tungs­fluss­dichte“ in μW/​m² gemessen. Gemäß der Tabelle der SBM ist ein Sender ab 100μW/​m² „stark auffällig“. Der erste besondere Sünder in diesem Umfeld ist der WLAN-​Access-​Point. Erst im Abstand von ca. 5m wird der eben erwähnte Richtwert meist erreicht – somit sollte man auf 5m Mindest­ab­stand achten!
Der andere erschre­ckende Sünder ist das Bluetooth Headset. Dort wird erst im Abstand von 10cm der oben erwähnte Richtwert erreicht. Direkt am Headset können meist > 2.000μW/m² gemessen werden!
Ähnliches gilt für Mobil­te­lefone. Solange ein Abstand von > 10cm einge­halten wird, sind die Messwerte nicht richtig erschre­ckend. Wer aber Messungen mit 5cm Abstand oder näher erlebt hat, wird sein Handy nicht mehr mit einge­schal­teter Mobilfunk‑, WLAN- oder NFC-​Verbindung in die vordere Hosen­tasche stecken!

Einen ganz beson­deren Sünder gibt es noch: das Babyphone. Da dies kein alltäg­liches Gerät für Jedermann ist, wird hier nicht näher darauf einge­gangen. Nur so viel: Baby­phones mit Eurostecker-​Netzteilen und DECT als Über­tra­gungs­pro­tokoll erreichen erst im Abstand von ca. 5m (!) verträg­liche Messwerte. Da hilft auch kein „Testsieger“-Zertifikat der Stiftung Warentest, da bei deren Tests das Thema E‑Smog bisher nicht berück­sichtigt wurde.

Über die Zeit­schrift „Ökotest“ wurden vor wenigen Jahren auch Baby­phones getestet und E‑Smog war eines der Kriterien. Deren Test­sieger haben wir aus Interesse nach­ge­messen und dies ist bereits in einem Abstand von 1020cm nur noch „schwach auffällig“. Wenn man dies dann trotzdem in 1m Entfernung zum Baby aufstellt, ist das rasante Zell­wachstum des Babys keiner unnötigen Belastung ausgetzt.

Tipps /​Ratschläge

Der wesent­liche Tipp ist, das Thema E‑Smog ernst zu nehmen und nicht als esote­ri­schen Unsinn abzutun. Wenn man dies erkannt hat und weiß, wer die Sünder sind, ist die Behebung oder zumindest Verbes­serung einfach: Abstand halten und/​oder abschalten. Alter­nativ für eine ordent­liche Erdung sorgen (wie im Fall des Schuko-​Steckeraufsatzes bzw. USB-​Erdungskabel für Notebooks).
Zur Vertiefung sei auf eine ausge­sprochen gute Broschüre der Umwelt- und Verbrau­cher­or­ga­ni­sation „diagnose:funk“ hinge­wiesen. Dort werden viele Sach­ver­halte näher erläutert und entspre­chende Tipps zur Behebung beschrieben. Diese Broschüre steht hier zur Verfügung.

Der Tipp des Monats des IGT kann hier voll­stän­dig gelesen werden.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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