Interview mit Stefan Krümpelmann, Editor, European Natural Gas
BSP: Wie sieht Ihre Prognose für die Entwicklung des Erdgaspreises in diesem Jahr aus?
Krümpelmann: Schon vor Ausbruch des Coronavirus gab es viele Anzeichen, dass die niedrigen Gaspreise auf den Großhandelsmärkten Bestand haben würden, da ein Abflauen der europäischen LNG-Importe auf kurze Sicht nicht zu erwarten war. Ein „Rebalancing” von LNG-Angebot und Nachfrage war auch da schon kaum vor Ende nächsten Jahres, womöglich deutlich später, zu erwarten. Diese Aussichten haben sich mit der raschen Verbreitung des Corona-Virus und den wirtschaftlichen Konsequenzen nochmal erheblich verschärft. Die OECD prognostizierte kürzlich, dass die Ausbreitung das weltweite Wirtschaftswachstum dieses Jahr halbieren könnte. Dies spricht dafür, dass Preise deutlich niedriger bleiben könnten als in den meisten vorherigen Jahren.
Welche Faktoren sind derzeit ausschlaggebend?
Zum einen die enorme Zunahme an LNG-Lieferungen nach Europa, ungefähr seit Beginn des Winters 2018/19, auch flankiert durch die starke Zunahme globaler Exportkapazitäten. Des Weiteren waren sowohl der letzte Winter als auch der jetzige ausgesprochen mild, was zu schwacher Nachfrage in Deutschland und anderswo in Europa geführt hat. Die Speicherfüllstände waren schon zu Beginn dieses Winters auf Rekordhöhe.
Wird US-LNG jemals preislich mit Pipelinegas aus Russland oder Norwegen konkurrieren können?
Grundsätzlich wird US-LNG auch künftig preislich nicht mit Pipelinegas aus Russland oder Norwegen konkurrieren können, wenn man davon ausgeht, dass Kosten, etwa für Verflüssigung und Transport, in vollem Umfang wieder eingeholt werden sollen. Allerdings sind viele Lieferanten durchaus bereit, ihr US-LNG mit Verlusten zu verkaufen, wie es in den vergangenen Monaten angesichts der vorherrschenden niedrigen Preise der Fall war. Ein Verkauf mit Verlusten ist in vielen Fällen immer noch profitabler als die vertraglich vereinbarten Mengen gar nicht abzunehmen. Zudem übt es dennoch Druck auf Pipelineexporteure aus und schränkt deren Handlungsspielraum bei der Preisgestaltung ein.
Wann wird aus Ihrer Sicht Nord Stream II fertig?
Ein Start gegen Ende dieses Jahres oder zu Beginn 2021 scheint realistisch. Es bleibt aber schwierig zu beurteilen, da auch von russischer Seite unterschiedliche Aussagen getätigt werden. Es ist wichtig zu bedenken, dass es selbst nach Fertigstellung der Pipeline noch eine Weile dauern kann, bis erstes Gas in Deutschland ankommt. …
Gekürzt. Geschrieben für Brennstoffspiegel. Der vollständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 08/2020 zu lesen. Zum kostenfreien Probeabo geht es hier.
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