Vollautomatische Verschattungen (links) und vorgehängte Fassadenteile an Balkonen mildern die Hitzeeinstrahlung. Foto: Urbansky

Clever kühlen

von | 29. Juni 2017

Stahl und Beton, Synonyme für modernes Bauen, sind leider auch sehr gute Hitze­trans­por­teure oder ‑speicher. Sie heizen Gebäude stark auf, so dass drinnen gekühlt werden muss. Denn niemand hat Lust, bei Tempe­ra­turen von jenseits der 35 °C zu arbeiten, zu lesen oder zu schlafen. 

Und die können ohne Kühlung locker erreicht werden. Doch in beiden Mate­rialien – und etwas Technik – liegt auch die Lösung des Hitzeproblems.

Zunächst einmal eine Zahl: 15 Prozent des gesamten deutschen Strom­be­darfs – und der liegt bei der kaum vorstell­baren Summe von über 600 Tera­watt­stunden (TWh), geht für Kühl­pro­zesse drauf. 15 Prozent sind 90 TWh oder 90.000.000.000 (in Worten 90 Milli­arden) kWh. Zum Vergleich: ein normaler Haushalt mit 4 Personen verbraucht maximal rund 4.000 kWh.

Eine Menge Holz. Oder Strom. Dafür, dass es uns im Sommer nicht zu heiß wird. Oder Nahrungs­mittel nicht verderben. Früher haben die Gebäude die Hitze durch ihre Bauweise, meist mit Ziegel oder Lehm, außen vor gehalten. Heute braucht es dafür Technik. Gebräuchlich sind Kompres­si­ons­käl­te­ma­schinen. Die verdichten mittels elek­tri­schem Motor ein Medium und nutzen die dabei entste­hende Verdamp­fungs­wärme beim Wechsel des Aggre­gat­zu­standes von flüssig zu gasförmig. Bekannt ist das Prinzip vom Kühl­schrank her. Reise­lus­tigen ist diese Art der Kühlung auch aus südlichen Gefilden bekannt, etwa im Mittel­meerraum. Dort findet man sie auf jeder Etage, außen ange­bracht und einen Höllenlärm verursachend.

Kompression teuer

Doch das Prinzip, das schon den Kühl­schrank zum Strom­ver­braucher Nr. 1 im Haushalt macht, ist nicht nur strom­in­tensiv und damit teuer. Es ist auch inef­fi­zient. Und es geht eben deutlich effi­zi­enter. Bei der Alter­native kommt sogar das gleiche Prinzip zur Anwendung – nämlich bei der Wärme­pumpe. Zwar wurden die einst erfunden, um umwelt­freundlich im Winter in hoch gedämmten Häusern ausrei­chend Wärme zu produ­zieren. Aber sie können das Wärme­pro­duk­ti­ons­prinzip einfach umkehren und Kälte erzeugen.

Das ist sehr effizient. Denn sie nutzt die Umge­bungs­tem­pe­ratur um das vierfache besser als eine Kompres­si­ons­käl­te­ma­schine, da sie – jeden­falls in der für diese Lösung zu empfeh­lenden Variante mit Erdwärme oder Wasser – eben nicht heiße Luft herun­ter­kühlen muss, sondern einfach die immer kühle Umge­bungs­tem­pe­ratur von Erdreich oder Grund­wasser nutzt.

Zauberwort Beton­kern­ak­ti­vierung

Die Kälte wird dann via Flächen­heizung am Fußboden oder an der Decke abgegeben. Und hier kommen wir wieder zum Beton. Denn in diesen Beton für die Zwischen­decken werden Schlangen einge­lassen, durch die entweder gekühltes oder erwärmtes Wasser strömt. Einige Planer setzen auf getrennte Kreis­läufe. Technisch ist es aber durchaus möglich, Wärme und Kühle über den gleichen Kreislauf abzugeben. Das ganze nennt sich Beton­kern­ak­ti­vierung. Alle Leitungen und Kompo­nenten müssen dabei gut isoliert sind, da ihre Tempe­ra­turen beim Kühl­prozess unter den Taupunkt fallen und Feuch­tigkeit über­tragen werden könnte.


Gekürzt. Geschrieben für das Online-​Magazin wohn­WER­KEN der Schlü­ter­schen Verlags­ge­sell­schaft. Der kom­plette Beitrag ist hier ab Seite 156 zu lesen.

Über neue Tech­no­logien für die Ener­gie­wende berich­tet Energieblogger-​Kollege Björn Katz hier auf sei­nem Blog Strom­aus­kunft.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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