Die Energiewende im Verkehrssektor ist die schwerste. Zwar hinkt auch der Wärmemarkt total hinterher. Doch eine Spezifik macht die Mobilität besonders, eben weil sie mobil ist.
Sie braucht Kraftstoffe mit einer hohen Energiedichte (Verhältnis von Wh zu kg), die sich deswegen besonders gut transportieren lassen. Und die sind in aller Regel flüssig. Zum Vergleich: Selbst die besten Stromspeicher verfügen gerade mal ein Zwanzigstel der Energiedichte von Benzin.
Bisher wurde das Dilemma mit Biokraftstoffen gelöst. Die werden in der Regel in Deutschland aus Gerste und Zuckerrüben (Alkohol als Benzinersatz) oder Raps (Biodiesel als Diesel-Ersatz) gewonnen und bereits den konventionellen Kraftstoffen beigemischt. Poltisch ist das gewollt und gesetzlich als Biokraftstoffquote manifestiert. Mineralölkonzerne können damit die ihnen auferlegten Ziele der Treibhausgas-Minderung (THG) gut erfüllen.
Allerdings: Seit einigen Jahren sind diese Kraftstoffe als Nahrungsmittel-Konkurrenz in Ungnade gefallen, weswegen sie ab 2020 nicht mehr gefördert werden. Es braucht also einer neuen Generation von Kraftstoffen, die entweder aus Abfall- und Reststoffen nach wie vor biogen gewonnen werden oder aber der Verkehr wird komplett elektrifiziert. Doch das ist vage und weit entfernt nur sphärisch klingende Zukunftsmusik.
Effizienz im Verbrenner gleich
Dennoch wird, sollte es bei den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen bleiben, an der Elektrifizierung kein Weg vorbeiführen. Und das hängt an einem politischen Ziel, das kaum in Frage gestellt wird – der Energieeffizienz. Die soll bis 2050 im Verkehrssektor um 40 % steigen – oder der Verbrauch an Energie entsprechend sinken. Mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren ist das nicht zu erreichen, da sie im besten Falle zwar CO2-frei laufen. Aber die Effizienz bleibt die gleiche. Dem Motor ist es letztlich egal, ob ein Kraftstoff fossilen oder biogenen Ursprungs ist. Schlimmer noch – Alkohol hat sogar eine geringere Energiedichte als Benzin, ist also weniger effizient. Stehen also auch die Biokraftstoffe der 2.Generation, von den Ministerialen auch zu den fortschrittliche Kraftstoffen gezählt, zu Disposition?
Das Deutsche Biomasse Forschungs Zentrum (DBFZ) in Leipzig versuchte darauf bei einem gestrigen Fachgespräch eine Antwort zu finden. Joachim Hugo, beim Bundesverkehrsministerium für die Energiewende auf der Straße zuständig, gab nur einen vagen Ausblick. Für den Pkw- und den Nutzlastverkehr sieht er keine Zukunft mit biobasierten Kraftstoffe. Hier sei nach der derzeitigen Strategie der Bundesregierung von einer vollständigen Elektrifizierung auszugehen. Potenziale für Biokraftstoffe hingegen sieht er im Luft- und Seeverkehr, auch aufgrund der exorbitanten Steigerungsraten. So soll der Güterverkehr bis 2030 weltweit um 38 % wachsen.
Tatsächlich bietet der Markt zu Luft und See erste Anknüpfungspunkte. Bei der Lufthansa wurde bereits ein Text mit Kraftstoffen der 2. Generation absolviert. Im Seeverkehr machen immer stärkere rechtliche Vorgaben, insbesondere im Ostsee- und Nordseeraum die Verwendung von Schweröl in naher Zukunft bald unmöglich. Auch hier ist der Einsatz eines adäquaten Biokraftstoffes vorstellbar, auch wenn derzeitige Überlegungen und erste Schiffe eher auf die Verwendung von verflüssigtem Erdgas (LNG) hinauslaufen. Also eine Möglichkeit, mit der neue Biokraftstoffe überleben könnten.
Rohstoff mit Grenzen
Die die Grenzen sind schon jetzt sichtbar. Kraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen sind rein mengenmäßig allein von ihrem Rohstoff her Grenzen gesetzt. Das gilt auch für Biomass-to-Liquid-(BtL), die aus Biomasse mittels Strom und Elektrolyse hochreine und äußerst effiziente Kraftstoffe entstehen. Zum anderen sind selbst der von Hugo beschriebenen Elektrifizierung schon jetzt Grenzen gesetzt. Mittels Power to Liquid könnten ebenfalls via Elektrolyse aus Gasen flüssige Kraftstoffe entstehen. Doch nach derzeitigem Stand des EEG würden die dazu gebrauchten Windräder als Endverbraucher gelten, mit der ganzen Konsequenz wie Zahlen von EEG-Umlage und allen anderen Steuern und Abgaben, die für Strom fällig sind. Das macht die ganze Sache wirtschaftlich unsinnig. Hugo nannte statt dessen die Brennstoffzelle als eines der Hauptmittel und Oberleitungen für Busse und Lkw. Realistisch ist letzteres kaum, auch wenn es in Kalifornien bereits einige elektrifizierte Strecken für den Lkw-Verkehr gibt.
Alles bleibt vage
Letztlich bleibt die Strategie der Regierung genau so vage, wie die Energiewende im Verkehr unsicher ist. Wahrscheinlicher ist ein anderes Szenario: Am Markt werden sich verschiedene Kraftstofflösungen durchsetzen. Diese können flüssig oder gasförmig, biobasiert oder strombasiert sein. Letztlich müssen die Antriebsaggregate darauf abgestimmt sein und im Idealfall mehrerer dieser Kraftstoffe verarbeiten können. Aber auch die Fossilen bleiben dem Verkehr noch lange erhalten, wohl auch über 2050 hinaus.
Über E‑Mobilität schreibt Energieblogger-Kolege Erhard Renz hier als Sonnenflüsterer.
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