Was für eine Frage! Dennoch: Das Ja, das folgen müsste, will einem nicht so recht über die Lippen gehen. Zwar sind die Einsparungen im Wärmebereich unbestritten.
Erst gestern belegte das Abschlusssymposium des Projektes ProShape eindrucksvoll, dass hier über 20 % Energie locker einzusparen sind. Doch im Strombereich ist dies kaum möglich. Und das hat mehrere Gründe.
Der wichtigste: Soll das traute Heim smart werden, bedarf es vernetzter Geräte. Davon abgesehen, dass ein smarter Kühlschrank das Doppelte seines weniger intelligenten Bruders kostet, müssen die Geräte rundum die Uhr stanby sein. Die Standby-Verbräuche würden sich allein durch diesen smarten Standby-Strom vervierfachen.
Doch wie sieht es mit der Ersparnis bei den Stromkosten aus, wenn schon bei der elektrischen Arbeit keine möglich sind? Das ginge – aber vorerst nur in der Theorie. Denn ein intelligenter Kühlschrank könnte dann laufen, wenn der Strom billig ist. Doch das ist er in Detuschland so gut wie nie. Spezielle Nachtstromtarife, die früher jedes Stadtwerk allein schon wegen der vielen Nachtspeicheröfen bot, gibt es nicht mehr, ebenso wie die Nachtspeicheröfen.
Politik denkt zentral, nicht smart
Bliebe noch der Eigenverbrauch selbst erzeugten Stroms, der durch Smart Home äußerst effizient zu gestalten ist. Hat man die Investition in eine PV-Anlage oder ein BHKW und einen Stromspeicher gestemmt, kann man den dort erzeugten Strom einspeisen (lohnt sich bei einem BHKW noch) oder selbst verbrauchen (lohnt sich bei einer PV-Anlage wegen miserabler Vergütung).
Dumm nur, dass man nach derzeitiger Rechtslage als Endverbraucher gilt und die gesamte Abgabenlast, die ein normaler Stromkunde hat, ebenfalls schultern muss. „Die Politik hat kein Interesse, dass lokal erzeugte Energie auch vor Ort verbraucht wird“, beklagte beim ProShape-Smposium Ingrid Vogler vom Wohnungswirtschaftsverband GdW genau diesen Umstand, auch wenn Signale aus dem Bundeswirtschaftsministerium hier zumindest eine Abmidlerung versprechen.
Rechtsrahmen von Digitalisierung überholt
So gesehen kann Smart Home im Strombereich weder Kosten sparen noch Strommengen. Damit dies gelingt, braucht es eines grundsätzlich geänderten rechtlichen Rahmens. Vogler meint, dass die Digitalisierung den Rechtsrahmen überholt habe. Ein kleiner Treppenwitz dabei ist, das ProShape, bei dem immerhin die Verbrauchsdaten von 224 Wohnungen erhoben wurden, rechtlich in einer Grauzone stattfand. Erst dass kürzlich beschlossene Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende hob es auf einen legalen Boden. Doch selbst der ist wacklig. Aber dazu später mehr an dieser Stelle.
Mit dem Smart home befasst sich auch Energieblogger-Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Stromauskunft.
Sehr guter Beitrag! Das mit dem Standby-Strom hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm – es ist ein weiteres Argument gegen den smarten Irrsinn, welcher derzeit keine Entlastung bringt, sondern nur weitere Belastungen. Bis dass das Smartmeter im privaten Bereich auch wirklich etwas unterm Strich bringt (außer zusätzlicher Datenerhebung, die keiner wirklich möchte), werden wohl noch etliche Sonnenaufgänge vergehen.
Weise gesprochen, Herr Neumann, so ist es. Vor diesem Hintergrund macht der Smart Meter Rollout überhaupt keinen Sinn, zumal dort eigentlich eine veraltete Zählertechnik implementiert wird.