Die Auswirkungen der Terrorgruppe ISIS im Irak auf den Ölpreis werden sehr verschieden eingeschätzt.
Nach der eher pessimistischen Schätzung des BP-Chefvolkswirtes Christoph Rühl (wir berichten) erklärt der Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg im Commodity Research seine positivere Einschätzung: „Wir gehen aktuell nicht davon aus, dass es aufgrund der Kämpfe im Irak zu nennenswerten Ausfällen bei der irakischen Ölproduktion kommen wird. Denn in den betroffenen Gebieten befinden sich keine wichtigen Ölfelder oder Transportrouten. Im von den Kurden kontrollierten Nordosten des Irak könnte es mittelfristig sogar zu einer Normalisierung der Öllieferungen kommen, nachdem kürzlich eine neue Pipeline-Verbindung in Betrieb genommen wurde.“ Die relevanten Förderstätten liegen im derzeit noch nicht betroffenen Süden des Landes und auch die Raffinerien im Norden werden von irakischer Seite stark verteidigt. Weinbergs Einschätzung wird von der aktuellen Entwicklung der Ölpreise gestützt. Insbesondere die für den europäischen Markt prägende Nordseesorte Brent gibt aktuell deutlich nach.
Dennoch sieht Weinberg auch, dass durch die Förderausfälle im Irak die bisherigen Prognosen angepasst werden müssen, denn der Irak, als sechstgrößter Ölproduzent der Welt und an zweiter Stelle unter den OPEC-Ländern, übt einen gewissen Einfluss auf den Weltmarkt aus. Die IEA prognostiziert einen weniger starken Anstieg der irakischen Ölproduktion als angenommen. Die Terminkurve verlagert sich dadurch entsprechend nach oben. Trotzdem wird der Irak zum Ende des aktuellen Jahrzehnts immer noch den Großteil der gesamten Ölförderzuwächse bestimmen. Dann wird der Markt nach aktuellen Schätzungen mit der schwächeren Dynamik des US-amerikanischen Schieferölbooms konfrontiert sein. Trotz dieser Einflüsse folgert Weinberg: „Falls es – wie wir erwarten – zu keinen nennenswerten Störungen der irakischen Ölproduktion kommt, sollte der Brentölpreis den Großteil seines jüngsten Anstiegs korrigieren und in den kommenden Wochen in die angestammte Handelsspanne zwischen 105 und 112 USD je Barrel zurückkehren.“
Sollte es doch zu stärkeren Lieferbeeinträchtigungen der irakischen Öllieferungen kommen, rechnet Weinberg mit einer Erhöhung der saudi-arabischen Liefermengen, die die Nachfrage decken können. Dann würde der Preis, für die Dauer der Lieferausfälle, wohl mindestens 120 US-Dollar pro Barrel betragen. Ohne diese Störungen und mit den jetzigen Entwicklungen liegt die Prognose des Ölpreises zum Ende des Jahrzehnts bei unter 100 US-Dollar pro Barrel. Der Heizölpreis ist fest an den Rohölpreis gekoppelt und würde der entsprechenden Preisentwicklung folgen.
Hier kann man die Analyse online lesen.
Autor: Maren Schiel
Geschrieben für Bund der Energieverbraucher.
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