Soll auch grüne Wärme aus Holzresten transportieren: Hamburger Fernwärmenetz. Foto: Bengt Lange / Vattenfall

Vom Sinn und Unsinn grüner Fernwärme

von | 3. September 2015

Gibt es in Deutschland schon grüne Fernwärme? Ja, sagt Vattenfall, und speist in das Hamburger Fern­wär­menetz seiner Tochter VWH Dampf aus einer eigenen Altholz­ver­bren­nungs­anlage ein – auch wenn deren Umwelt­freund­lichkeit von Baubeginn etwa seitens des BUND schon umstritten war. Umwelt­be­wusste Verbraucher nehmen dafür einen Aufschlag von 33 %, bezogen auf den Netto-​Arbeitspreis, in Kauf.

Praktisch ist dies für Vattenfall auch. Kann der Konzern doch so in inner­städ­ti­schen Bauge­bieten, die zu einem hohen Anteil mit rege­ne­ra­tiven Energien versorgt werden, gleich eine Leitung legen und versorgen – so geschehen in Mitte Altona. Doch das ruft Protest auf den Plan. Die Fraktion der Linken fragt deswegen die Bundes­re­gierung an. In ihrer Anfrage heißt es:

Im diesem Projekt sollen durch bilan­zielle Zuordnung der „Fernwärme Natur Mix“ Forde­rungen des einschlä­gigen städ­te­bau­lichen Vertrags und des geltenden Bebau­ungs­plans Altona-​Nord 26 erfüllt werden, nach denen mindestens die Hälfte der gelie­ferten Fernwärme aus erneu­er­baren Ener­gie­quellen erzeugt werden soll. Die in der Altholz­ver­bren­nungs­anlage erzeugte Wärme wird aller­dings durch die VWH bereits seit 2012 voll­ständig in das allge­meine Fern­wär­menetz der VWH einge­speist. Eine Erhöhung der Produktion von Fernwärme aus erneu­er­baren Energien für die Wärme­ver­sorgung der „Mitte Altona“ ist nicht vorgesehen.

Die Linke nun fürchtet gestützt auf ein Gutachten, dass es sich beim Verkauf dieser grünen Wärme um eine Vermarktung der „grünen Eigen­schaft“ von erneu­er­barer Fernwärme handelt und dabei ein Verstoß gegen das Doppel­ver­mark­tungs­verbot in Artikel 15 der EU-​Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneu­er­baren Quellen und daneben auch gegen § 5 des Gesetzes gegen den unlau­teren Wett­bewerb (UWG) vorläge. 

Sie fragt die Bundes­re­gierung, ob sie einen Herkunfts­nachweis für diesen Wärme­be­reich beab­sichtige und ob die Bundes­re­gierung ebenso einen Verstoß gegen das Doppel­ver­mark­tungs­gebot sieht und ob sie dieses auch verbieten wolle. Und, auf den Punkt: 

Steht es nach Auffassung der Bundes­re­gierung im Einklang mit wett­be­werbs­recht­lichen Rege­lungen zum Schutz von Verbrau­chern, wenn die „grüne Eigen­schaft“ von Wärme aus einem bestehenden Altholz-​Heizkraftwerk einzelnen Wärme­kunden in der „Mitte Altona“ zuge­rechnet würde, diese „grüne Eigen­schaft“ jedoch gleich­zeitig als mindernder Faktor in den Primär­ener­gie­faktor der Vattenfall-​Fernwärme gemäß der Ener­gie­ein­spar­ver­ordnung (EnEv) eingehen könnte?

Auf gut Deutsch: Wer spart nun mit der Bioen­ergie wirklich Energie und Emis­sionen ein: Der Verbraucher, der dafür einen höheren Preis zahlt, oder der Erzeuger, der damit einen höheren Preis erzielt? So gesehen ist das Geschäft mit der Grünen Fernwärme tatsächlich nur eines: Ein Geschäft.

Vorschaubild: Soll auch grüne Wärme aus Holz­resten trans­por­tieren: Hamburger Fern­wär­menetz. Foto: Bengt Lange /​Vattenfall

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...

„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...